Heaven is waiting!

17. Jänner 2020 in Kommentar


Fühlst du dich manchmal wie Sisyphos? Die Story, die Gott mit dir schreibt, hat ein Ende. Und sie ist gut! BeneDicta am Freitag von Petra Knapp-Biermeier.


Linz (kath.net) Mahagonirot sind sie jetzt, ihre Haare. Sie hat Veränderung gebraucht, sagt sie, presst die Lippen zusammen, lächelt. Ihre Augen fliegen jetzt weiter, erzählen mir diese never ending story, wo sich seit vielen Jahren nie was ändert, seitdem wir uns kennen. Da ist immer der gleiche Mann, der sympathisch und erfolgreich aber abwesend ist, weil er so viel arbeitet.

Und da ist die Kinderlast, die sie weitgehend alleine trägt, sich abschleppt, mit all den Zahnspangen-, Lern- und Kindergruppenterminen. Und regelmäßig regt sich dann was in ihr, bricht aus, rebelliert. Jetzt sind es gerade die Haare, damals war es der Yoga-Kurs, später der zweite Nebenjob und immer die regelmäßigen Wellnessurlaube.

Wieso hält eigentlich nie was? Warum wirken unsere Lebensoptimierungsmethoden immer nur vorübergehend? Ihre Augen flattern noch durch die klirrende Winterluft, bleiben dann irgendwo hängen, fast erfroren. Es ist einer dieser schneelosen, öden Jännernachmittage. Das Unausgesprochene lastet schwer zwischen uns.

Ja, es ist so schmerzhaft, permanent seine Verletzungen zu kaschieren, sich abzukämpfen wie Sisyphus, der endlich mit diesem verdammten Felsblock am Gipfel angelangt ist, da entgleitet er ihm schon wieder, und sein wahnsinniger, halb irrer Blick hängt an der Bewegung, die er schon tausend Mal jetzt gesehen hat, und die ihn, Sisyphus, das ganze Leben kostet: das langsame und immer schneller werdende Poltern, das ihn verhöhnt und dem er gleich schreiend nachtrotten wird, brüllend und dann ganz still. Abgetötet wird das Leben des armen, gefangenen Sisyphus, mit jedem sinnlosen Aufstieg mehr.

Vor drei Wochen war ich auf der MEHR-Konferenz, und ein Satz ist mir nachhaltig hängen geblieben. Die Therapeutin Friedegard Warkentin erzählte davon, wie sie sich in einer Jugendgruppe von einem jungen Mann gestört fühlte, der regelmäßig zu spät kam. „Der macht mir jeden Abend kaputt“, war ihre innere Reaktion. Sie habe schließlich begriffen, dass Jesus sie herausfordere und bitte, diesen jungen Mann zu lieben. „Mach ein bisschen Platz für ihn, dann liebe ich ihn durch dich!“

Die Geschichte könnte man überhören. Sie wirkt so schlicht. So banal. Aber für mich stecken da zwei Dinge drin, die so wahr sind. Erstens: Jesus will uns auffüllen mit Liebe, damit wir andere lieben können. Also nicht jene, die wir ohnehin mögen, wo es uns leicht fällt. Nein: Jene, die uns nerven, die in uns Stress, Angst oder Zorn auslösen. Dies ist aus eigener Kraft unmöglich und wir brauchen das, was wir aus uns nicht haben: die Liebe Jesu.

Zweitens: Voraussetzung dafür ist, dass wir Jesus unsere Wunden hinhalten. Wer anderen helfen will, sich jedoch nicht seinen eigenen Verletzungen stelle und Jesus um Heilung bitte, der scheitere irgendwann, das ist die Erfahrung Warkentins. „Du trägst vieles heimlich mit dir rum“, sagt die Therapeutin. Aber: „Die ungeheilten Wunden sind Zielscheiben des Feindes, sind Trigger, wo er seine Pfeile hinein setzt.“ Wenn dich Kleinigkeiten immer wieder aus der Spur bringen, dann sei das ein Merkmal dafür, dass da etwas Unheiles ist. Eine gute Frage, um sich selber auf die Spur zu kommen, sei: „Wenn du unter Druck kommst, was kommt da raus aus dir?“

Dass Gott uns zuerst liebt, vor aller Leistung, vor irgendetwas, das wir ihm dafür zurückgeben - das anzunehmen, ist eine echte Herausforderung. „Belong – believe – behave“ In diesen Schritten entwickelt sich unser Glaube, erinnerte Patrick Knittelfelder, Leiter der „Home Mission Base“ in Salzburg, vor längerem an einem „Sunday Morning“. Viele von uns haben dieses Muster tief drinnen, dass es umgekehrt ist: Erst wenn man sich richtig „benimmt“, alle Vorschriften befolgt und glaubt, was es halt zu glauben gibt, gehört man dazu.

Aber Gott sieht es genau umgekehrt: Er ist nicht an deiner Moral interessiert und ob du gerade alles aus eigener Kraft hinkriegst. Er will dich einfach lieb haben, so wie du bist. So wie du jetzt bist. Ertragen wir das eigentlich? Diesen Gedanken, dass Gott uns liebt, so wie wir jetzt gerade sind? Kommt da nicht gleich ungläubiges Kopfschütteln und der Gedanke „Also ein bisschen bessern muss ich mich schon…“ Kommt da nicht Scham und Angst vor den Leichen in deinem Keller?

Es ist so wahr und kann nicht oft genug ausgesprochen werden: Gott liebt dich bedingungslos. Er kann nicht anders. Und nur diese Liebe wird dein Leben in die einzigartige Spur bringen, die Gott sich für dich ausgedacht hat. Nur diese Liebe wird deine Verletzungen ans Licht holen und heilen. Nur in dieser Liebe kannst du dich zurücklehnen, mit oder ohne neuem Haarschnitt, mit oder ohne Wellnessurlaub.

Wenn der Hunger deines Herzens gestillt ist, dann ist alles andere eine wunderbare Draufgabe. In der Story, die Gott mit dir schreiben will, da ist bedingungslose Liebe, da ist Zugehörigkeit, da ist Heilung, da ist Entwicklung, Abenteuer und ein Platz, der von dir eingenommen werden will. Da rollen Steine nicht zurück, sondern werden platziert. Da wird aufgebaut, da wird Land gewonnen. Deine Geschichte hat ein definitives Ende in der besten aller Welten. Heaven ist waiting!


© 2020 www.kath.net