Die Unordnung in der Gesellschaft

22. Februar 2020 in Jugend


Die Jugendkolumne von kath.net - Diese Woche ein Beitrag von Victoria Samp


Linz (kath.net)
„Die Unordnung der Gesellschaft kommt von der Unordnung in der Familie“ – dieses Zitat der hl. Angela Merici finde ich sehr wahr! Warum?

Die Familie ist der erste Ort, an dem wir von jüngsten Jahren an nicht nur laufen und sprechen lernen, sondern auch lieben. Wir lernen, Kompromisse einzugehen, Verantwortung zu übernehmen, zu teilen, nachzugeben, dankbar zu sein, Hilfe anzunehmen und Hilfestellung zu geben. Wir lernen den Umgang mit älteren Generationen, aber auch mit Gleichaltrigen. Alles also Dinge, die für das Leben in der Gesellschaft unentbehrlich sind.
Familien leben heute aber immer mehr auseinander, nicht nur im physischen, sondern auch im „psychischen“ Sinne.

Aus unterschiedlichen Gründen ziehen junge Menschen früh von ihren Eltern weg und meistens ist es nicht nur in das Nachbardorf oder in die Nachbarschaft, sondern wirklich weit weg, sodass sie sich nur noch von Zeit zu Zeit mit ihren Eltern oder anderen Familienmitgliedern sehen. Und oft passiert dies schon zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kinder noch nicht wirklich erwachsen sind, wo sie noch sehr sensibel für Einflüsse ihrer Umgebung sind, noch keinen eigenen Charakter gebildet haben und ihr Schicksal oft davon abhängt, in was für ein Umfeld sie am neuen Ort geraten. Die heutige Kultur drängt dann die jungen Menschen dazu, in die Welt der Erwachsenen einzutauchen und auszuprobieren, was nicht in ihr Alter gehört.

Generationenübergreifende Treffen finden eher selten statt, dabei könnten wir jungen von den Eltern so viel lernen. Lieber möchten wir aber selbst die Welt erkunden.

Aber es sind nicht nur die Entscheidungen der jungen Generation. Auch Scheidungen oder Verhaltensweisen der älteren Generationen führen dazu, dass Familienstrukturen zerstört werden, die die Natur für uns und für eine gute Entwicklung vorgesehen hat.

Vater und Mutter, zwei so unterschiedlich geschaffene Wesen, sind von der Natur dazu berufen, gemeinsam eine Familie zu bilden. Kinder müssen eben von diesen beiden ElternTEILen erzogen werden. Mütter und Väter sind „nur“ ElternTEILE. Erst gemeinsam bilden sie die ganze Elternschaft. Und erst in der gemeinsamen Erziehung können die Kinder sich am besten entwickeln, erfahren, wie eine normale Familie funktioniert und solch eine auch in der Zukunft selber bilden.

Und selbst, wenn wir eine normale Familie sehen, in der alles in Ordnung zu sein scheint, was passiert dann eigentlich genau hinter den Kulissen? Verbringen wir nicht zunehmend viel Zeit mit Medien aller Art? Es sind nicht nur die Smartphones, die dafür sorgen, dass wir weniger mit unserem direkten Gegenüber zu tun haben als mit einem Bekannten dritten Grades am anderen Ufer des Weltmeeres. Es ist auch das Fernsehen, Spiele, das Radio, ja, selbst Bücher können uns manchmal von der Realität und vom anderen Menschen ablenken. Im gesunden Grad tut es uns allen sicherlich gut, aber wo die Leidenschaften und Hobbies die familiären Prioritäten übertreffen, wo die Fiktion vor die Realität gestellt wird, dort wird es problematisch. Ein bewusster Umgang mit den Medien kann dagegen auch sehr positiv auf unsere Familienbindung wirken – gemeinsam lesen und sich über das Buch unterhalten, Gesellschaftsspiele am gemeinsamen Tisch – wunderbare Ideen für einen gelungenen Familienabend. Leider aber werden die Medien immer mehr auf die Individualität und Unabhängigkeit des Einzelnen ausgerichtet.

Wie also sollen wir eine gute Ordnung in der Gesellschaft herstellen, wenn die Grundlagen dafür immer mehr verloren gehen? Es mag vielleicht etwas kontrovers klingen, aber ich denke, dass Ordnung in der Familie einen größeren Einfluss auf das Wohl der Gesellschaft haben kann als politische Maßnahmen. Wenn wir die Welt verbessern wollen, tun wir doch das, was möglich ist, zuerst, nämlich sorgen im engsten Umfeld für gute Werte. Dass die Gesellschaft moralisch zerstört ist, ist eine Tatsache, die wir nicht verhindern, indem wir immer nur davon sprechen und uns darüber empören, wenn dieser Empörung nicht konkrete Taten folgen. Eine wunderbare Weisheit von dem hl. Franz von Assisi lautet: „Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche und plötzlich schaffst Du das Unmögliche!“. Die kleinste uns umgebende Gesellschaft ordentlich zu formen ist dabei nicht nur das Mögliche, sondern das Notwendige.


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