Die Pest und das Virus

13. März 2020 in Kommentar


Ihr Bischöfe und Hirten unseres Landes, ihr erfüllt Eure Aufgabe nicht, wenn Ihr den Gläubigen in einer so schwierigen Zeit die hl. Kommunion und das hl. Messopfer verweigert! - Ein Gastkommentar von Eva-Maria Hobiger


Linz (kath.net)
Es war im Jahr 1576 als Mailand von einer großen Pestepidemie heimgesucht wurde, die schon seit Jahrzehnten auf dem europäischen Kontinent wütete und der bis zu zwei Drittel der Bevölkerung der Metropolen zum Opfer gefallen waren. Mailands Bewohner lebten in Angst und Schrecken, die Adeligen hatten längst sichere Regionen aufgesucht, die Armen blieben ihrem Schicksal überlassen, kein Haus blieb von Todesfällen verschont.

Aber die Menschen waren nicht verlassen: in ihrer Mitte stand ein Mann auf und stellte sich der Herausforderung seiner Zeit. Es war Kardinal Carl Borromäus. Er richtete ein Spital im Erzbischöflichen Palais ein und stand den vielen Kranken, die dort aufgenommen wurden, persönlich bei. Das städtische Sanitätswesen brach zusammen, aber Carl Borromäus übernahm selbst die Leitung der Gesundheitsverwaltung der pestverseuchten Stadt.

Im Oktober wurde die Lage in der Stadt immer dramatischer, Tausende waren der Erkrankung unter furchtbaren Qualen erlegen und es gab kein Haus mehr, das verschont geblieben wäre. Dem Kardinal stand klar vor Augen, dass der Seuche kein menschliches Mittel entgegenzusetzen wäre, so setzte er ein anderes, sehr beredtes Zeichen.

An der Spitze seiner Priester trat er aus dem Dom, gekleidet in ein einfaches Büßergewand, barfuß mit einem Strick um den Hals. Er weihte Asche und bezeichnete sich damit selbst, dann die Priester und die anwesenden Gläubigen mit der Aufforderung: „Gedenke Mensch, dass du Staub bist und wieder zu Staub werden wirst!“ Wenn der Kardinal im Oktober einen Teil der Aschermittwochsliturgie betete, wird er kaum vorgehabt haben, die Gläubigen an ihre Sterblichkeit zu erinnern, denn dieser Gedanke war in ihren Köpfen präsent, Tag und Nacht, wo immer sie hinblickten.

Aber er wollte sie eben genau aus diesem Kreisen um sich selbst und um ihre Todesangst herausholen und ihre Gedanken in andere, in die richtigen Bahnen lenken, er gab den Menschen Orientierung und zeigte den Weg zur Heilung, die immer zuerst eine Heilung der Seele sein muss. Er nahm ein schweres Holzkreuz auf seine Schulter und ging als Büßer durch die Stadt und die Menschen folgten ihm. Er betete, predigte und spendete Tausenden die Sakramente. Und er gelobte eine Wallfahrt und ging den langen Weg singend und betend stellvertretend für seine ihm anvertrauten Menschen, ein wahrer Stellvertreter Christi, der alles, was ihm selbst zur Verfügung stand für seine Herde einsetzte und nichts und niemand konnte ihn davon abhalten! Er konnte den Menschen nicht versprechen, dass sie die Seuche überleben würden, aber er konnte ihre Einstellung zum Leben ändern, er forderte sie zur Nachfolge Christi auf in der Vereinigung mit unserem Heiland in Seinem Leiden. Er lenkte ihre Aufmerksamkeit weg vom ängstlichen Gedankenkreisen um sich selbst, hin zum wahren Sinn unseres Lebens: der Vollendung in Gott.

Wie arm dagegen sind wir doch heute! Zwar leben wir 444 Jahre später in der längsten Friedensepoche, die Europa jemals erlebt hat und noch nie zuvor haben breite Bevölkerungsschichten einen solchen Wohlstand erlebt, wie wir ihn erleben dürfen, aber der Hedonismus hat von der Gesellschaft Besitz ergriffen, der Tod ist aus den Gehirnen verdrängt, der Glaube ist nahezu erloschen, Sinn und Zweck des Lebens ist nur noch der Spaß. Gott hat darin keinen Platz mehr. Aber dann, vor wenigen Wochen tritt eine Bedrohung in Form eines Virus in unser Dasein und explosionsartig breitet sich Panik aus, denn plötzlich tritt die Verletzlichkeit und Endlichkeit des Lebens vor unsere Augen. Und dieser Panik erliegen selbst die Nachfolger der Apostel: Sie verweigern uns die hl. Messe, sie verweigern uns die Sakramente – und das in einer ganz besonderen Zeit des Jahres, der Fastenzeit, die die Vorbereitung auf das höchste christliche Fest ist, nämlich Ostern, das Fest der Auferstehung, das Fest der Überwindung des Todes.

Ihr Bischöfe und Hirten unseres Landes! Wenn der Staat Verordnungen erlässt, mit denen er meint, die Seuche einzudämmen, so erfüllt er damit seine Aufgabe. Aber die Kirche und Ihr, die Ihr die Vorsteher der Gemeinde seid, erfüllt Eure Aufgabe nicht, wenn Ihr den Gläubigen in einer so schwierigen Zeit, in der sie wegen ihrer Angst umso mehr dieser Hilfe und dieses Trostes bedürfen, die hl. Kommunion und das hl. Messopfer verweigert. Dazu habt Ihr nicht das Recht! Wir Katholiken glauben, dass es der heilige Leib Christi ist, der uns in der Kommunion begegnet.

Glaubt Ihr wirklich, dass der Leib Christi uns Schaden zufügen kann? Habt Ihr noch nie erlebt, wie viel Kraft eine hl. Messe geben kann, wie viel Kraft und Stärke die hl. Kommunion? Wie könnt Ihr auch nur daran denken, den Menschen diese Gnadenmittel vorzuenthalten, gerade dann, wenn sie diese am nötigsten brauchen? Wie oft habt Ihr schon das Evangelium verkündigt, in dem Jesus uns sagt, dass sogar die Haare auf unserem Kopf gezählt sind? Kann uns denn irgendetwas zustoßen, das nicht von unserem Herrn zugelassen ist?

Traut Ihr Gott so wenig zu, traut Ihr uns nicht so viel Mündigkeit zu, selbst entscheiden zu können, ob wir die hl. Messe besuchen oder nicht? Ob wir dieses Risiko tragen wollen oder nicht? In unseren Kirchen sitzen die Menschen nicht mehr so dicht gedrängt, so dass das Risiko unerträglich hoch wäre.

Könnte es nicht sein, dass uns unser Herr wichtiger ist als unser Leben? Die hl. Messe ist keine „Veranstaltung“, auch keine „Versammlung“, sie ist die Erneuerung und Vergegenwärtigung des Kreuzesopfer Christi, dessen eine kranke Gesellschaft so dringend braucht, mehr denn je. Und nein, ein Online-Gottesdienst kann die Präsenz bei einer hl. Messe nicht ersetzen!

Was oder wen fürchtet Ihr? Fürchtet Ihr den Staat oder die Presse, die über Euch herfallen könnte? Niemand verlangt von Euch, gleich dem Hl. Carl Borromäus barfuß im Büßergewand durch die Stadt zu gehen, aber: Was kann Euch im allerschlimmsten Fall passieren? Gefängnis? Dann wäret Ihr in guter Gesellschaft: Paulus schrieb viele seiner Briefe im Gefängnis und er duldete noch viel mehr für seinen göttlichen Auftrag, wie er uns im 2. Korintherbrief mitteilt.

Orientiert Euch bitte an Ihm, orientiert Euch am Hl. Carl Borromäus und unsere Jugend hätte wieder Vorbilder, die es wert sind, Vorbilder genannt zu werden. Der Glaube könnte wieder aufblühen! Welche Chance wird hier doch vertan! So aber werdet Ihr im nächsten Januar betrübt die weiter steigenden Austrittszahlen verkünden. Wen kann denn das noch wundern? Aber am meisten quält mich die Frage: Wie könnt Ihr vor Eurem Gewissen verantworten, den Menschen ausgerechnet in dieser Situation die Gnadenmittel vorzuenthalten und sie den Kräften des Bösen zu überlassen? Darüber wird kein Segen liegen und ich fürchte, wir werden genau aus diesem Grund mehr Opfer zu beklagen haben. Aber in einem Land, in dem uns die Nachfolger der Apostel die hl. Messe und die hl. Sakramente verweigern, ist das Leben ohnehin nicht mehr lebenswert.


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