Hl. Josef, Bräutigam der Gottesmutter Maria

19. März 2020 in Spirituelles


„Manche Christen, die sich nicht gerne als unaufgeklärt und vorwissenschaftlich abstempeln lassen wollen, deuten die Geburt Jesu aus der Jungfrau Maria als Mythos oder bloßes Symbol.“ Predigt von Gerhard Kardinal Müller


Vatikan (kath.net/pl) kath.net dankt dem emeritierten Präfekt der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Kardinal Müller, für die freundliche Erlaubnis, die Predigt zu veröffentlichen, die für den Josefstag für das Patrozinium des belgischen Kollegs in Rom vorgesehen gewesen war, wegen der Corona-Pandemie aber nicht gehalten werden konnte.

Die katholische Kirche verehrt heute auf der ganzen Welt den Hl. Josef, den Pflege-Vater unseres Herrn Jesus Christus und der Bräutigam der Gottesmutter Maria. Die Evangelisten Matthäus und Lukas erzählen von ihm an der entscheidenden Stelle der Heilsgeschichte, nämlich der Menschwerdung Gottes und der Geburt Jesu Christi. Beim Gedächtnis der Heiligen im Eucharistischen Hochgebet gedenken wir seiner nach Maria und mit allen Heiligen.

Der Christ trifft also in seinem Gottesverhältnis sowohl in der Heiligen Schrift, dem Wort Gottes an uns, als auch in der Liturgie, d.h. unserer Verherrlichung Gottes durch Christus, auf die Person und Sendung des hl Josef. Wir sehen ebenso seine bedeutende Rolle in der allgemeinen Heilsgeschichte wie wir ihn auch als Vorbild und Beispiel in unserer persönlichen Glaubensgeschichte verehren.

Keine Person nach der Jungfrau Maria steht Jesus, dem Sohn Gottes und Retter der ganzen Welt, familiär so nahe wie der hl. Josef. Er stammt aus dem königlichen Geschlecht Davids. Er ist verlobt mit Maria, die Jesus aber durch das Wirken des Hl. Geistes empfing. Und obwohl Jesus nicht leiblich der Sohn Josefs ist, wird er es doch menschlich durch die Annahme an Kindes Statt. Und so heißt Jesus "der Sohn Josefs" (Lk, 3, 23: 4, 22; Joh 1, 45; 6, 42). Er wird von den Menschen als dieser konkrete historische Mensch identifiziert, der "geboren wurde von einer Frau" (Gal 4,4) und der am Kreuz starb.

Mit den Augen des Glaubens erkennen wir Jesus aber als den nun in die Welt gekommenen Messias aus dem Geschlechte Davids. Im Blick auf ihn ist Gottes Verheißung Wirklichkeit geworden, die der Prophet Natan dem König David gegeben hatte, wenn er sagt: "Ich will für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein. Das Haus und seine Königtum sollen auf ewig bestehen bleiben." (2 Sam 7, 14.16). Gott erwählt sich nicht aus den Menschen einen aus, den er zum Messias macht, so dass der Messias nur der adoptierte Sohn Gottes wäre. Aber Jesus ist nicht in uneigentlichem Sinne der Sohn Gottes, wie es die Häresie des Adoptianismus wollte, sondern in einem wesentlichen Sinn, wie es die katholische Kirche glaubt. Jesus geht seiner menschlichen Natur nach mit Leib und Seele aus dem Leib seiner Mutter Maria hervor durch das einzigartige Schöpferwirken des Heiligen Geistes. Aber die Person, das metaphysische Subjekt, welches das Menschsein Jesu trägt und ihn zu diesem konkreten Menschen macht, ist die Person des Sohnes Gottes, der in der trinitarischen Einheit mit dem Vater und dem Heiligen Geist der einzige und wahre Gott ist. Jesus hat also seiner göttlichen und menschlichen Natur nach nur einen Vater. Als zwölfjähriger Junge spricht er im Tempel die Worte, in denen er das Geheimnis seiner Person selbst offenbarte: "Wusstet ihr nicht, dass ich im Hause meines Vaters sein muss?" (Lk 2, 49).

Die sogenannten "Kindheitsgeschichten" bei Matthäus und Lukas sind also alles andere als fromme Phantasien oder gar mythologische Einkleidungen einer vagen religiösen und moralischen Bedeutung Jesu. Die Evangelisten bezeugen vielmehr die Selbstoffenbarung Gottes in Jesus von Nazareth: angefangen bei seinem ewigen und zeitlichen Ursprung in Gott bis zu seiner Verkündigung des Reiches Gottes und der endgültigen Verwirklichung des Neuen Bundes in Kreuz und Auferstehung. Christi Haus auf Erden, die Kirche, und sein Königtum, das sich bei seiner Wiederkunft erfüllt, haben für immer Bestand. In dem Namen Jesus, den Josef und Maria -auf des Engels Geheiß- dem "neugeborenen König der Juden" (Mt 2, 2) geben, ist alles Heil beschlossen. Das Evangelium ist die große Freude für alle Menschen im neuen Volk Gottes: "Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr." (Lk 2, 11).

Was können wir Christen lernen von "Josef, dem Mann Marias, von der Jesus geboren wurde, der der Christus - der Messias- genannt wird" ( Mt 1, 16)?

Wir lassen uns von der Größe seines Glaubens überraschen. Der Glaubende weiß, dass er sein Verhältnis zu Gott niemals unter die Kontrolle eines menschlichen Verstandes bringen kann. Wir können Gott nicht berechnen mit unserer begrenzten Logik und messen an der -an die Sinnenwelt gebundenen- Vorstellungskraft.

Manche Christen, die sich nicht gerne als unaufgeklärt und vorwissenschaftlich abstempeln lassen wollen, deuten die Geburt Jesu aus der Jungfrau Maria als Mythos oder bloßes Symbol. In der Tat kann dieses Mysterium des göttliches Wirkens nicht aus den Kräften und Gesetzen der materiellen Natur abgeleitet werden. Sie bedenken aber nicht, dass der Glaube sich auf Gott richtet: den Schöpfer der Welt und aller ihrer Wirkweisen und Strukturen. Der Urheber der Natur ist ihren internen Gesetzen nicht unterworfen. Er hat vielmehr die aktive Möglichkeit, die Grenzen des menschlich Erwartbaren und Berechenbaren zu überwinden. Das Wort, das bei Gott war und das Gott ist, nimmt unser sterbliches Fleisch und Blut an. Gott selbst bewirkt, dass er als Mensch geboren wird, leidet und stirbt. Und Gott allein ist es, "der das, was nicht, ist ins Dasein ruft und der die Toten lebendig macht." (Röm 4, 17.). Das ist Gottes "Evangelium von seinem Sohn, der dem Fleisch nach geboren ist als Nachkomme Davids, der dem Geist der Heiligkeit nach eingesetzt ist als Sohn Gottes in Macht seit der Auferstehung von den Toten" (Röm 1, 3f.).

In diesem Glauben an die Macht Gott, die niemals willkürlich handelt, sondern die sich uns nach der höheren Logik der geschichtlichen Verwirklichung unseres Heils offenbart, hat der hl. Josef seine Bestimmung angenommen und treu seinen Auftrag erfüllt. Er war mit Maria verlobt. Gemeint ist, dass die Ehe mit ihr schon geschlossen, aber noch nicht leiblich vollzogen war. Er war damit der Mann Marias, so dass Jesus in diesen heiligen Bund der Ehe hineingeboren werden konnte. Josef war gegenüber Jesus in seinem menschlichen Wachsen und Reifen ein echter Vater. Er bildete für Jesus einen sicheren Halt im geistigen und emotionalen Gefüge seiner menschlichen Persönlichkeit. Und der hl. Josef war auch für Jesus als Mensch ein Vorbild im unendlichen und bedingungslosen Vertrauen auf Gott, den Schöpfer, den Gott des Bundes und der Verheißung des Heils.

Als Mensch konnte Jesus sündigen -sagt uns der Verfasser des Hebräerbriefes-, weil er der Hohepriester ist, der mit uns fühlen kann und "der in allem versucht worden ist" (Hebr 4,15). Aber warum hat er nicht gesündigt? Gewiss weil seine menschliche Natur von der Person des ewigen Sohnes des Vaters getragen ist, aber auch weil sein menschliches Bewusstsein und sein menschlicher Wille väterlich und mütterlich von seine menschlichen Eltern geformt worden ist.

In dem Moment, als dem hl. Josef die übernatürliche Empfängnis des Kindes im Leib seiner Frau noch nicht geoffenbart worden war, beschließt er, sie in aller Stille zu verlassen. Er vertraut ihr, noch ohne zu verstehen. Und er kommt zu dieser noblen Haltung des Glaubenden, der seine Sache dem Herrn allein überlässt und der sich nicht mit Gewalt selbst Recht verschafft. Deshalb heißt es: "Ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte." (Mt 1, 19). Es ist nicht nur eine bürgerliche Anständigkeit, die sich vornehm zurückhält, weil man keinen Skandal provozieren will und das öffentliche Geschwätz scheut.

Josef ist gerecht im großen biblischen Sine der Glaubensgerechtigkeit. So wie Abraham ohne alle Absicherung in menschlicher Logik bereit war, den Sohn der Verheißung -so wie es der damaligen Praxis der heidnischen Götterverehrung entsprach-, zu opfern, so war auch Josef bereit, die Dunkelheit des Glaubens zu durchschreiten allein im Vertrauen auf Gott. Und im Vertrauen auf Gott erkennen die Gerechten die Treue Gottes, der alles gut macht. "Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alles zum Besten gereicht." (Röm 8, 28).

Der hl. Josef lehrt uns mit seinem Beispiel und Vorbild, was es heißt "gegen alle Hoffnung voll Hoffnung zu glauben". Und "darum wurde der Glaube ihm als Gerechtigkeit angerechnet." (Röm 4, 22). Im Glauben überwand er alle Frucht vor dem, was die Menschen sagen und denken. Und weil er im Vertrauen auf Gott Maria und als Kind, das sie vom Heiligen Geist erwartete, zu sich aufnahm und mit ihnen zusammen die Heilige Familie gründete, glauben auch wir an Jesus, der uns alle und "sein Volk von seinen Sünden erlösen wird." (Mt 1, 21).

Heiliger Josef, du Patron der Kranken und Sterbenden, bitte mit Maria, deiner Braut, für uns jetzt und in der Stunde Todes. Amen.

Archivfoto Kardinal Müller




Foto (c) Markus Gehling/kath.net

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