Kirchen wegen Pandemie geschlossen – Washington 1918

22. März 2020 in Chronik


Die ‚Spanische Grippe’ veranlasste im Herbst 1918 die Behörden, die Kirchen zu schließen um eine Ausbreitung der Krankheit einzudämmen. In der Bundeshauptstadt Washington waren die Kirchen vier Wochen lang zu.


Washington D.C. (kath.net/jg)
Während der „Spanischen Grippe“, die am Ende des Ersten Weltkrieges ausbrach, wurden in vielen Teilen der USA die Kirchen geschlossen, damit die Gläubigen einander nicht infizieren. Die University of Michigan hat auf einer Internetseite die Spanische Grippe in den USA dokumentiert. (Siehe Link am Ende des Artikels) Beispielhaft sind hier die Ereignisse in der Bundeshauptstadt Washington D.C. herausgegriffen.

Bald nach Ausbruch der „Spanischen Grippe“ wurden Anfang Oktober 1918 die Kirchen geschlossen. Bereits Ende August waren die ersten Fälle von den Zeitungen berichtet worden. Zunächst gingen die Behörden davon aus, dass sich das Problem auf das Militär beschränken würde. Dort waren die ersten Erkrankungen aufgetreten. Ende September gab es die erste offizielle Warnung vor der Grippe, aber niemand rechnete mit einer Epidemie. In den nächsten Tagen stieg die Zahl der Erkrankungen jedoch so stark an, dass die Behörden entschieden, mit 3. Oktober alle Kirchen, Theater und Kinos zu schließen. Tags zuvor waren alle Schulen geschlossen worden.

Einige christliche Gemeinschaften wollten daraufhin ihre Gottesdienste ins Freie verlegen, was zunächst noch möglich aber nach wenigen Tagen von den Behörden ebenfalls untersagt wurde. Die christlichen Gemeinden hielten sich an die Vorgaben. Die Zahl der Erkrankungen nahm weiter deutlich zu. Nach etwa drei Wochen kritisierten sie jedoch, dass die Kirchen immer noch geschlossen blieben, nachdem die Grippewelle abgeflaut war. In einem Gastkommentar in der Zeitung The Star am 25. Oktober argumentierte der Autor, dass durch entsprechende Regeln die Gefahr einer Überfüllung der Kirchengebäude und damit einhergehender weiterer Infektionen auf ein Minimum reduziert werden könne. Das Verbot öffentlicher Gottesdienste sei eine Einschränkung der Religionsfreiheit, die nur dann zu rechtfertigen sei, wenn sie absolut unvermeidbar sei. Die Kirchen hätten darüber hinaus einen beruhigenden und stärkenden Einfluss auf die Menschen. Sie würden daher den Kampf gegen die Grippe unterstützen, wenn sie wieder geöffnet würden und Gottesdienste feiern könnten.

Viele Vertreter christlicher Gemeinschaften appellierten an die Behörden. Diese waren jedoch der Ansicht, dass es für eine Rücknahme der Verbote noch zu früh sei. Die Zahl der Grippekranken ging weiter zurück, sodass am 29. Oktober verlautbart wurde, dass die Kirchen mit 31. Oktober wieder geöffnet werden könnten.

Anfang Dezember 1918 kam es zu einer zweiten, schwächeren Infektionswelle. Während dieser wurden die Kirchen nicht mehr geschlossen. Insgesamt erkrankten von Oktober 1918 bis Februar 1919 mehr als 33.000 Einwohner von Washington D.C. an der „Spanischen Grippe“, fast 3.000 davon starben.


Link zur Influenza-Enzyklopädie der Universität von Michigan (englisch):

Influenza Encyclopedia


Foto: Symbolbild



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