Die Kirche ermutigt die Priester, auch ohne Gläubige Messen zu feiern

23. März 2020 in Kommentar


Die Priester zu ermutigen, dem heiligen Messopfers zu entsagen, ob mit oder ohne Gemeinde, ist Ausdruck eines schwachen Glaubens und lauer Liebe - Gastbeitrag von Peter Kwasniewski


Rom (kath.net)
In einem Artikel mit dem Titel „Privatmessen passen nicht zum heutigen Verständnis von Eucharistie“ (erstmals veröffentlicht auf katholischde) donnern drei müde alte „Liturgen“ aus Bonn, Erfurt und Münster von ihren akademischen „Kathedras“ gegen die Zelebration von Messen ohne die Anwesenheit von Gläubigen.

Diese Wissenschaftler haben nichts Besseres zu tun, als zu versuchen, das zu bewahren, was sie als „Siege“ aus der nachkonziliaren Zeit empfinden, in der die Messe, statt als gnadenspendende Erneuerung des Opfers von Kalvaria gesehen zu werden, als ein horizontales gesellschaftliches Ereignis neu interpretiert wurde, das sich nicht besonders von einer protestantischen Versammlung unterscheidet. Der inhärente Wert des täglichen Darbringens des wohlgefälligen Opfers durch den Priester zu seinem eigenen geistlichen Nutzen und zum Nutzen der gesamten Kirche wurde zugunsten von Konzelebrationen heruntergespielt; oft verfielen die Priester in die Gewohnheit, die Messe nur dann zu lesen, wenn sie öffentlich angekündigt war.

Diese reduzierende Vorstellung von der Messe war niemals die Meinung der heiligen katholischen Kirche, und sie ist es auch heute nicht.
Als solche Fehler erstmals nach dem Konzil auftraten, verurteilte Papst Paul VI. sie in seiner Enzyklika Mysterium Fidei von 1965 entschieden. Er stellte fest: „Es ist beispielsweise nicht erlaubt, die sogenannte Messe ,,in Gemeinschaft“ so herauszustellen, daß den privat zelebrierten Messen Abbruch getan wird.“ (Nr. 11) Später in dem Dokument kommentiert er „den öffentlichen und sozialen Charakter jeder einzelnen Messe“:
Jede Messe nämlich, auch wenn sie privat vom Priester zelebriert wird, ist dennoch nicht privat, sondern ein Handeln Christi und der Kirche; die Kirche lernt ja im Opfer, das sie darbringt, sich selbst als ein universales Opfer darzubringen, und sie wendet die einzige und unendlich erlösende Kraft des Kreuzesopfers der ganzen Welt zum Heile zu. Denn jede Messe, die zelebriert wird, wird nicht nur für das Heil einiger, sondern auch für das Heil der ganzen Welt dargebracht. Daraus folgt: Wenn der Feier der Messe die häufige und tätige Teilnahme der Gläubigen gewissermaßen wesensgemäß höchst angemessen ist, ist doch eine Messe nicht zu tadeln, sondern vielmehr gutzuheißen, die nach den Vorschriften der Kirche und den rechtmäßigen Traditionen aus gerechtem Grund vom Priester privat gehalten wird, auch wenn nur ein Ministrant dient und antwortet; aus ihr kommt nämlich kein geringes, sondern ein sehr großes Maß besonderer Gnaden zum Heil sowohl des Priesters selbst als auch des gläubigen Volkes, der gesamten Kirche und der ganzen Welt. Dieses Maß an Gnaden wird durch den Kommunionempfang allein nicht erlangt. (Nr. 33)

Die Ablehnung der Messe ohne Gemeinde ist nicht mehr und nicht weniger als eine Ablehnung des dogmatisch definierten katholischen Verständnisses der Messe, bei der es nicht um diese oder jene Gruppe von Menschen geht, die zufällig anwesend sind, sondern darum, unsere Welt und alle Gläubigen durch Jesus Christus zum Vater zurückzubringen. Es ist offensichtlich gut, wenn Gläubige anwesend sind, um an diesem Opfer teilzunehmen – es ist gut für sie –, aber das Opfer bleibt objektiv real und wirksam, unabhängig davon, ob tausend, zwanzig oder keine Vertreter der Gemeinde persönlich anwesend sind.

Vergessen wir etwa auch, dass die Messe in der Gegenwart der heiligen Engel und in Gemeinschaft mit den Heiligen der triumphierenden Kirche, die in der Liturgie und besonders im Eucharistischen Hochgebet so oft geehrt werden, dargebracht wird? Selbst ein Priester „allein“ in einer Kapelle ist niemals allein; er ist immer in der Gesellschaft der Auserwählten Gottes und „kämpft nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut, sondern gegen Mächte und Gewalten, gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die bösen Geister in den himmlischen Bereichen“ (vgl. Eph 6,12). Natürlich hängt diese kosmische Perspektive – welche die von Sacrosanctum Concilium nicht weniger als die der gesamten katholischen Tradition ist – von einem lebendigen Glauben an das ab, was das menschliche Auge nicht sehen kann.

Die deutschen Progressivisten scheinen alles auf das Sichtbare zu reduzieren und verraten damit einen Mangel an Glauben an das unsichtbare Reich, das nicht weniger, sondern weitaus realer ist als die physische Welt um uns herum.

Wie ich in einem Artikel im New Liturgical Movement ausführlicher beschrieben habe, finden wir sowohl im gegenwärtigen Codex des Kirchenrechts als auch im nachkonziliaren Lehramt Ermutigung für die persönliche Darbringung des Messopfers durch den Priester. In seiner Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (2003) lehrt Johannes Paul II. Folgendes:
Wenn die Eucharistie Mitte und Höhepunkt des Lebens der Kirche ist, so ist sie es in gleicher Weise für das priesterliche Dienstamt. Mit einem dankbaren Herzen gegenüber unserem Herrn Jesus Christus unterstreiche ich deshalb von neuem, daß die Eucharistie „der wesentliche und zentrale Seinsgrund für das Sakrament des Priestertums ist, das ja im Augenblick der Einsetzung der Eucharistie und zusammen mit ihr gestiftet worden ist“. … Man versteht so, wie wichtig es für sein geistliches Leben und darüber hinaus für das Wohl der Kirche und der Welt ist, daß der Priester die Empfehlung des Konzils, täglich die Eucharistie zu feiern, in die Tat umsetzt. Denn „sie ist auch dann, wenn keine Gläubigen dabei sein können, ein Akt Christi und der Kirche“. (II. Vatikanisches Konzil, Presbyterorum Ordinis, 13) Auf diese Weise kann der Priester jede zerstreuende Spannung in seinem Tagesablauf überwinden, weil er im eucharistischen Opfer, der wahren Mitte seines Lebens und Dienens, die notwendige geistliche Energie findet, um sich den verschiedenen seelsorglichen Aufgaben zu stellen.
So werden seine Tage wahrhaft eucharistisch. (Nr. 31)

Benedikt XVI. stimmt in seinem nachsynodalen apostolischen Schreiben Sacramentum Caritatis (2007) zu: Die eucharistische Form des christlichen Lebens offenbart sich zweifellos in besonderer Weise im priesterlichen Lebensstand. Die priesterliche Spiritualität ist von ihrem inneren Wesen her eucharistisch. … Ein intensives geistliches Leben wird ihm erlauben, tiefer in Gemeinschaft mit dem Herrn zu treten, und ihm helfen, sich von der Liebe Gottes in Besitz nehmen zu lassen, so daß er in jeder, auch schwierigen und dunklen Lage ihr Zeuge wird.

Gemeinsam mit den Synodenvätern empfehle ich den Priestern deshalb „die tägliche Feier der heiligen Messe, auch wenn keine Gläubigen teilnehmen“ (Propositio 38). Diese Empfehlung steht zunächst in Einklang mit dem objektiv unendlichen Wert jeder Eucharistiefeier und hat überdies seinen Beweggrund in ihrer einzigartigen geistlichen Wirkkraft, denn wenn die heilige Messe mit Aufmerksamkeit und Glauben erlebt wird, ist sie formend im tiefsten Sinn des Wortes, da sie die Gleichgestaltung mit Christus fördert und den Priester in seiner Berufung stärkt. (Nr. 80)

Die Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch, welche die Zelebration in der „Ordentlichen Form“ regelt, enthält Rubriken für die Darbringung der heiligen Messe, wenn nur ein Ministrant daran teilnimmt (Nr. 252-272), und für die Darbringung der heiligen Messe ohne Teilnahme eines Ministranten (Nr. 254). Auch die Rubriken, die die Zelebration in der „Außerordentlichen Form“ regeln, sehen eine solche Situation vor. Eine solche konsequente Regelung über viele Jahrhunderte, vor und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und bis in die Gegenwart, ergäbe keinen Sinn, wenn dieser Fall nicht als eine notwendige und lobenswerte Praxis in bestimmten Situationen vorweggenommen wäre. Es ist offensichtlich weder ein Missbrauch noch eine „veraltete Idee“, pace unseren Bonner Professoren.

Das Gebet unseres Ewigen Hohepriesters ist das heiligste und mächtigste aller Gebete, und die Messe ist Sein Heilsgebet, Seine süßduftende Opfergabe, die durch die Hände des geweihten Dieners zum Wohle der Lebenden und der Toten und für die Heiligung des Priesters selbst dargebracht wird. Wenn der Priester nicht heilig ist – wenn er nicht beharrlich die Gleichförmigkeit mit Christus, dem Hohepriester, anstrebt –, wird sein Dienst zunehmend leer, oberflächlich und fruchtlos sein. Das ist für das Volk Gottes nicht von Nutzen.

In Zeiten von Gefahr und Schwierigkeiten brauchen die Gläubigen und ihre Priester die Gnade Gottes noch mehr, um sie zu unterstützen und zu stärken. Der Kirche ein so großes Gut wie eine einzige heilige Messe vorzuenthalten oder die Priester dazu zu ermutigen, sich selbst an irgendeinem Tag dieser Gnade zu berauben, würde nicht so sehr eine aufgeklärte Haltung widerspiegeln, als vielmehr einen schwachen Glauben, eine Abkehr vom Übernatürlichen, eine laue Liebe, ein Setzen der Hoffnung auf diese Welt und ihre „Lösungen“. Was auch immer ihre Vorzüge sein mögen, so sind weltliche Lösungen nicht die letztgültigen, und sie können uns nicht die göttliche Hilfe bringen, die wir benötigen.

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