Die Eucharistie, das „Rendezvous der Liebe“

27. März 2020 in Spirituelles


Liebeserklärung an die Eucharistie: ungewöhnliche Worte des Pariser Erzbischofs Aupetit am dritten Fastensonntag, er spricht über die von vielen Gläubigen zur Zeit schmerzlich vermisste Eucharistie. Von Juliana Bauer


Paris (kath.net) Es war die erste Predigt von Mgr Aupetit in einer infolge der Corona-Epidemie nahezu leeren Kirche Saint-Germain l’Auxerrois. Aber wohl doch vor vielen Menschen, zahlreich vor KTO TV versammelt. Die Hl. Messe hinter „verschlossener Tür“, in indirektem Kontakt mit seinen Gläubigen und „in besonderer Gemeinschaft mit den Kranken, den Pflegern und den eingeschlossenen Familien“ zu feiern, stellte den Erzbischof von Paris sichtbar vor eine menschlich-emotionale Herausforderung, aber auch vor eine Herausforderung außergewöhnlicher spiritueller Art. In seiner Homilie wie auch in seinen Begrüßungsworten gelang es ihm dennoch, seine Mitfeiernden unmittelbar zu berühren und, wie eine Kommentarschreiberin es ausdrückt, sie zu trösten.

„Christus hat mir das Volk von Paris anvertraut …sagte Erzbischof Michel Aupetit zu Beginn der Messe, „ich muss auf es Acht haben wie der gute Hirte, der seine fragile Herde auf seine Schultern nimmt …“ … Er spricht von der Wüste dieser Fastenzeit, der Wüste hinsichtlich der Eucharistie – einen Themenpunkt, den er nochmals in der Predigt aufnimmt –, der Wüste, in der sich viele Menschen jetzt befinden, und weist uns darauf hin, auf die Mitmenschen, die isoliert sind, Acht zu haben … Es sei die Stunde der Nächstenliebe…

Er dankte allen, die in ganz Frankreich diese Messe mitfeierten, für die Hilfe, die sie anderen zukommen lassen.

Er erinnerte weiterhin an „unsere verfolgten christlichen Brüder und Schwestern“ und daran, wie lange sie oft auf die Eucharistie verzichten müssten…

Der Erzbischof legte den Gläubigen in seiner Predigt – wie immer theologisch einfühlsam und faszinierend lebensnah – den Evangelientext des Sonntags aus (Joh.4,5-42). Die schönsten Auszüge sind im Folgenden zusammengefasst:

„Im heutigen Text geht es um die Frage des Durstes“. Bevor Michel Aupetit zu Jesus überleitet, macht er ein paar Zeitschritte zurück, sinnigerweise zur Wüstenwanderung der Hebräer, die „in der Wüste Durst … verspüren.“ Doch würden sie sich gerade dadurch zu Gott hinwenden, ohne den sie in Lebensgefahr seien. „Auch Jesus hat Durst,“ führt er dann aus, „er fühlt einen natürlichen Durst, es zeigt ihn als wahren Menschen.“ Es zeige ihn als einen, der unser Menschsein angenommen, der alles Menschliche auf sich genommen hat wie die Ermüdung auf dem langen Weg. „Er war unterwegs nach Samaria, es war Mittag und sehr heiß. Und er hat Durst.“

Der Blick des Erzbischofs wandert jetzt ein paar Augenblicke voraus. „Es gibt noch einen anderen Moment, in dem er Durst hatte. Es war kurz vor seinem Tod am Kreuz, als er sagte: Ich habe Durst. Und wir begreifen, dass er nach der Folter, die er erlitten hatte, Flüssigkeit brauchte.

Aber ist das wirklich alles?“ fragt Mgr Aupetit. „Warum hat Christus akzeptiert, durstig zu sein, er, der Sohn Gottes? Um uns zu trinken zu geben. Und er zitiert Jesu Worte, die dieser an die Samariterin richtet, der er wenig später am Brunnen begegnet: ‚Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken! dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.‘

Wir wissen aus Erfahrung, dass es eine unverbrüchliche Verbindung zwischen Wasser und Leben gibt. Ohne Wasser trocknen alle Lebewesen aus und sterben, die Pflanzen, die Tiere, die Menschen. Wasser hält uns am Leben.

Jesus aber spricht von lebendigem Wasser. Doch was ist das, dieses lebendige Wasser? Es ist das fließende Wasser, das, welches mit der Quelle verbunden ist. Wenn der Fluss fließt, wird sein Wasser immer wieder erneuert, weil es ständig aus der Quelle gespeist wird. Das stehende Wasser hingegen ist totes Wasser, das Sümpfe bildet.

Das mit der Quelle verbundene lebendige Wasser führt zu der Gewissheit, dass sich dieses Wasser, wenn wir es trinken, niemals erschöpft. So groß unser Durst auch ist, es ist unmöglich, die Quelle auszuschöpfen. Wenn ihr dagegen eure Flasche Mineralwasser aufgebraucht habt,“ meint der Erzbischof lächelnd, „gibt es kein Wasser mehr.“ Dann macht er seinen Zuhörern klar, dass Jesus uns zur wahren Quelle führt, dass die Quelle unseres Lebens Gott ist. „Wenn ihr euch von der Quelle abschneidet, werdet ihr nur totes Wasser trinken und ihr werdet kein Leben haben, kein ewiges Leben. Dies ist es, was Jesus offenbart, als er mit dieser Frau (der Samariterin) spricht, er verheißt ihr lebendiges Wasser, dass es sie nicht mehr dürstet, Wasser, das ihr ewiges Leben gibt.“ In diesem Zusammenhang sieht Michel Aupetit ein anderes Wort Jesu, von dem Johannes berichtet: ‚Ich bin gekommen, damit die Menschen Leben haben, Leben in Fülle‘ (Joh. 10,10).

„Christus,“ so der Erzbischof weiter, „hat Durst, vor allem aber nach unserer Liebe. Das ist der Sinn … seines Kommens. Und sein lebendiges Wasser ist die Liebe aus dem Herzen Gottes, das unser Verlangen, unseren Durst stillen wird, unseren Durst, wie es die Psalmen ausdrücken: ‚Meine Seele dürstet nach Gott, dem lebendigen Gott‘ (Ps 42,3). Die Frage, die sich für jeden von uns stellt, ist diese: Wonach geht unser Verlangen, wonach dürsten wir…?

Prinz Siddharta, besser bekannt unter dem Namen Buddha, bekräftigt in seiner Rede vor Benares, dass dieser Durst, dieses Verlangen (tanhâ) die Ursache menschlichen Leidens sei. Der Durst nach sinnlichen Vergnügungen, nach unserem Dasein, der Durst nach Macht, danach, ewig auf dieser Erde zu leben. Welches ist unser Durst?

Durch Christus verstehen wir jedoch, dass Durst und Verlangen nicht die Quelle des Leidens sind, auch wenn sie Frustration verursachen, wenn sie nicht befriedigt werden können. Christus aber kam, um diesen Durst, dieses Verlangen zu stillen. Es genügt, die wunderbare Pädagogik Jesu mit dieser Samariterin zu betrachten … … und diese Pädagogik Jesu ist auch heute noch die gleiche, von eben dieser Feinfühligkeit …“ Erzbischof Aupetit stellt das bei einem Treffen mit Katechumenen fest „… dieser Behutsamkeit, wie Jesus die Frau anspricht: ich brauche dich, ich habe Durst, gib mir zu trinken… …

… Und in der Unterhaltung klärt sich etwas. Aus der Frage nach etwas Materiellem heraus entwickelt sich die Frage nach dem Spirituellen. Und Christus legt nach und nach das Leben der Frau vor ihr offen. Er hält ihr aber nicht ihr Leben vor, er sagt nicht, du hast gesündigt, du hast Schlechtes getan, nein, er sagt ihr nur, ich habe Durst, ich brauche dich, ich brauche deine Liebe…

Welchen außergewöhnlichen katechumenalen Weg realisiert Christus mit dieser Frau, der mich immer wieder erstaunt. Diese Zartheit, die auch heute mit Christus begegnet. Ich sehe das, wenn ich die Briefe der Katechumenen lese. Jeder Weg ist besonders, den Christus aber immer mit dieser Behutsamkeit begleitet. Um uns aufzuzeigen, was unser Leben ausmacht … die immense Freude ihn zu kennen und seine Liebe willkommen zu heißen.

Heute erleben wir eine sehr schmerzvolle Prüfung, liebe Brüder und Schwestern… Letztes Jahr haben wir während der Fastenzeit unsere Kathedrale verloren. Ich sagte aber denen, die mich fragten, ernsthaft, dass die Kathedrale weniger wichtig ist, als das kleine Stück Brot, das sie in ihrem Innern enthielt und das der Kaplan der Feuerwehr unter Einsatz seines Lebens rettete…“ (In einer früheren Predigt sprach M. Aupetit vom „Leib Jesu“, den der Kaplan rettete). „Auch heute,“ fuhr der Erzbischof fort, „ setzt der Teufel kontinuierlich seine Phantasie ein, uns vom Leib Christi zu entfernen, aber es gelingt ihm nicht … da Jesu Leib uns jeden Tag verbindet … auch wenn wir nicht reell an der Eucharistie teilnehmen können…dieses Fasten lässt uns jedoch realisieren, wie wichtig die Eucharistie ist, die Quelle und der Höhepunkt des christlichen Lebens …“, die Eucharistie, zu der wir zwar kämen – nun macht ihr Erzbischof Aupetit eine Liebeserklärung –, zu „diesem Rendezvous der Liebe, auch wenn unser Herz vielleicht nicht mehr genügend entflammt ist… …“ Dann setzt er wieder den konkreten Bezug zum Evangelium: „…Es ist gegenwärtig der Moment der Dürre, der uns dürsten lässt, Durst nach dem, der zu uns kommt, der uns das Leben schenkt, Durst nach dieser unvergleichlichen Begegnung der Liebe … … Jeden Tag schenkt sich uns Christus, leidet Christus für das Heil der Welt und auch das priesterliche Volk der Getauften, das hier ist, … das zuhört … leidet mit für die Erlösung… …
… …
Was wir zur Zeit erleben, dass wir … durch die uns aufgezwungenen Umstände … nicht zur Messe kommen können, liebe Brüder und Schwester, die ihr zuhört …lässt ein Mangel in unserem Herzen zurück… Einen, der in uns unseren Durst größer werden lässt … Es ist ein schmerzhafter Moment für jeden von uns, auch für mich… Möge er den Wunsch in uns verstärken, dem Herrn zu begegnen und diesem Rendezvous der Liebe treuer zu werden.“

Aus: Homélie de Mgr Michel Aupetit – Messe à St. Germain l’Auxerrois, Dimanche 15 mars 2020 – Homélies - Diocèse de Paris und insbesondere KTOTV (Télévision Catholique), Messe du 15 mars 2020. Übersetzung: Dr. Juliana Bauer für kath.net

Nachbemerkung: Mehr als bislang 28.500 Aufrufe des Gottesdienstvideos vom Dritten Fastensonntag sowie über 37.000 Aufrufe des Videos vom Vierten Fastensonntag am ersten Abend zeugen von großem Interesse und wohl von noch größerem Bedürfnis an den übertragenen Messfeiern aus Saint-Germain l’Auxerrois mit Erzbischof Aupetit. Inzwischen stiegen die Aufrufe des vergangenen Sonntags auf nahezu 44.100, täglich kommen rund 2.000 Aufrufe hinzu. - Dennoch hinterfrage ich persönlich einige Richtlinien dieser „Hygienediktatur“ (Weihbischof Schneider), denen sich die Gläubigen beugen müssen, denen sich die Bischöfe beugen.


Archivfoto (c) Erzbistum Paris

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