Schweiz: Strenge Schutzmaßnahmen für öffentliche Messfeiern

29. April 2020 in Schweiz


Anlässlich der #Corona-Pandemie erlässt die Schweizer Bischofskonferenz ein Rahmen-Schutzkonzept zur Durchführung öffentlicher Gottesdienste


Freiburg i.Ü. (kath.net) Der Bundesrat hat am 16. April 2020 seinen Plan zu einer schrittweisen Lockerung der Massnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus (COVID-19) in drei Etappen (27. April/11. Mai/8. Juni) bekanntgegeben.

Ab dem 27. April 2020 sind nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. l COVID-19-Verordnung 2, Änderung vom 16. April 2020, der Zugang zu Einrichtungen für Beerdigungen im Familienkreis und ihre Durchführung wieder erlaubt, sofern diese Einrichtungen und die Veranstaltungen über ein Schutzkonzept nach Art. 6a dieser Verordnung verfügen:
Die Betreiber dieser Einrichtungen und die Organisatoren dieser Veranstaltungen müssen durch die Erarbeitung und Umsetzung eines Schutzkonzepts gewährleisten, dass das Übertragungsrisiko für die Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmer sowie die in der Einrichtung oder an der Veranstaltung tätigen Personen minimiert wird (Art. 6a Abs. 1).

Das Schutzkonzept muss den gesundheits- und arbeitsrechtlichen Vorgaben des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) entsprechen (Art. 6a Abs. 2).
Entsprechend dem bundesrätlichen Plan zur schrittweisen Lockerung sind für die Öffentlichkeit zugängliche Gottesdienste erst zu einem späteren, vom Bundesrat noch festzulegenden Zeitpunkt möglich.

Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) als Zusammenschluss der Bischöfe und Territorialäbte der Römisch-Katholischen Kirche in der Schweiz erlässt hiermit – unter Beachtung der Vorgaben des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und zur Reduktion der Übertragungswahrscheinlichkeit des Coronavirus (COVID 19) auf ein Minimum – zuhanden ihrer Diözesen und Territorialabteien folgendes Rahmen-Schutzkonzept mit typisierten Zielvorgaben, welche den einzelnen Diözesen und Territorialabteien für ihre einzelnen Schutzkonzepte eine Orientierung geben und von ihnen in Zusammenarbeit mit den zuständigen kantonalen Behörden an ihre konkreten Verhältnisse anzupassen sind.

Sie versteht die Hoffnung vieler Gläubigen und trägt diese auch selbst mit, bald wieder öffentliche Gottesdienste feiern zu können. Die Schutzmassnahmen sind allerdings nötig und sinnvoll, um in verantwortungsvoller Weise schrittweise das kirchliche und spirituelle Leben in unserem Land wieder zu normalisieren. Die Einschränkungen entsprechen einer recht verstandenen Selbst- und Nächstenliebe. Sicherlich wird es noch eine Weile dauern bis zu einem vollen kirchlichen und religiösen Leben. Dabei sind die öffentlichen Gottesdienste nur ein Teil davon, was das Christsein ausmacht. Auch die vielen familiären und nachbarschaftlichen Formen des Glaubenslebens, das Gebet und die gottesdienstliche Feier zu Hause gehören dazu.

(A) Schutzkonzept für kirchliche Begräbnisfeiern im Familienkreis (gültig ab 27. April 2020)
Der Tod eines Menschen ist nicht nur für die Angehörigen Anlass zur Trauer, er ist immer auch ein soziales Ereignis. Er berührt die ganze Gemeinschaft gemäss dem Wort des Apostels Paulus: „Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit“ (1 Kor 12,26). Die Sorge um die Toten und die Hinterbliebenen gehört zu den wichtigen Aufgaben jeder Gemeinschaft.
a) Es ist erlaubt, im Familienkreis Abschied zu nehmen. Wer zum Familienkreis gehört, entscheidet die Trauerfamilie.
b) Die Vorgaben des Bundesrates und die Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) betreffend Hygiene und Abstand sind strikte einzuhalten.
c) Die Begräbnisfeiern (Erd- und Feuerbestattungen) werden so einfach wie möglich gehalten und mit so wenigen Personen wie möglich gefeiert. Was die Gesamtzahl der Teilnehmenden anbetrifft, ist – bei grösseren Familien – einzig die Wahl der Örtlichkeit ein begrenzender Faktor, zumal die Vorgaben betreffend Abstand und Hygiene einzuhalten sind. Zwingend gilt dies zwischen der Trauerfamilie und den sie begleitenden Personen (Pfarrer, Sakristan, Bestatter, …). Die für die Räumlichkeiten verantwortlichen Personen teilen vorgängig der Trauerfamilie die Maximalzahl an Teilnehmenden mit.
d) Im Falle einer am Coronavirus (COVID-19) verstorbenen Person sind die Vorgaben der staatlichen Behörden zu befolgen.
e) Die Beerdigungsfeiern werden wenn möglich im Freien (am Grab) mit einer Station als Wortgottesdienst durchgeführt. Lassen sich jedoch die Abstands- und Hygieneregeln nicht einhalten oder sprechen andere Gründe für eine Feier im Gotteshaus, kann die Beerdigungsfeier unter Einhaltung des Schutzkonzeptes für öffentliche Gottesdienste auch in der Kirche stattfinden. Es ist auch möglich, den Angehörigen eine Heilige Messe im Gedenken an die Verstorbenen für später in Aussicht zu stellen.

Dieses Schutzkonzept gilt ab dem 27. April 2020.


(B) Schutzkonzept für öffentliche Gottesdienste (gültig ab dem vom Bundesrat zugelassenen Zeitpunkt)
Gottesdienste geben den gläubigen Menschen geistlichen Halt und Orientierung unter den schwierigen Lebensbedingungen der gegenwärtigen Krise. Angesichts der ersten Lockerungsmassnahmen in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens befürwortet die Schweizer Bischofskonferenz auch die Lockerung des Verbotes von öffentlichen Gottesdiensten, gerade auch in Anbetracht der von der Verfassung gewährleisteten individuellen und kollektiven Religionsfreiheit. Die katholische Kirche weiss sich selbstverständlich an die geltenden staatlichen Vorgaben gebunden, insbesondere die Vorschriften betreffend Hygiene und physische Distanz.

1. Vor dem Gottesdienst
a) Die Kontaktstellen sind zu säubern und zu desinfizieren, ebenso allenfalls vorhandene sanitarische Anlagen.
b) Die Weihwasserbecken bleiben bis auf Weiteres leer.
c) An gut sichtbaren Stellen im Aussen- und Innenbereich der Kirche sind Plakate mit den Abstands- und Hygieneregeln des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) anzubringen.
d) Die Eingangstüren sind klar erkennbar zu kennzeichnen und andere Türen mit einer gut sichtbaren Markierung abzusperren. Gleichwohl müssen alle Türen aus feuerpolizeilichen Gründen jederzeit von innen und aussen geöffnet werden können.
e) Der Zugang zur Empore wird abgesperrt; sie ist nur für den Organisten/die Organistin und – falls die räumlichen Möglichkeiten es zulassen – für einen oder einige wenige Instrumentalisten/Instrumentalistinnen betretbar.
f) Die Gläubigen werden mit Wegweisern zu den klar gekennzeichneten, offenstehenden Eingangstüren gelenkt (Betätigen der Türgriffe vermeiden). Dabei sind die staatlich angeordneten Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten. Von der Pfarrei beauftragte Personen kontrollieren dies.
g) Die Gläubigen reinigen sich beim Eingang zum Gotteshaus die Hände mit einem viruziden Desinfektionsmittel. – Von der Pfarrei beauftragte Personen stellen Spender mit einer genügenden Menge an Desinfektionsmittel bereit und sorgen für die lückenlose Handdesinfektion.
h) Der Zugang zum Gotteshaus ist auf maximal einen Drittel seiner ordentlichen Besucherkapazität begrenzt. In jedem Fall ist den einzelnen Gläubigen ein Raum von mindestens 4 m2 zuzuteilen. Die Einhaltung der notwendigen Abstände wird mit geeigneten Massnahmen sichergestellt (etwa: Sperrung jeder zweiten Sitzreihe; Entfernung von Stühlen; farbige Markierung der Plätze, …).
i) Um zu vermeiden, dass bei gut besuchten Gottesdiensten Gläubige vor dem Gotteshaus abgewiesen werden müssen, werden Anmeldeverfahren mit Platzreservationen empfohlen. Sollten Gläubige keinen Einlass erhalten, so wird ihnen geraten, auf einen anderen Gottesdienst auszuweichen (Gottesdienst an einem anderen Ort oder zu einer anderen Zeit, allenfalls während der Woche).

2. Während des Gottesdienstes
a) Die Gläubigen nehmen an den gekennzeichneten Orten Platz. Ihre Plätze sind gegenüber den Plätzen der vorderen oder hinteren freien Reihe versetzt. – Von der Pfarrei beauftragte Personen überwachen die Einhaltung dieser Ordnung. – Familien werden nicht getrennt.
b) Für den Einsatz von Chören, Vorsänger- und Instrumentalistengruppen besteht derselbe Spielraum wie für jene im weltlichen Kulturbereich. Es empfehlen sich hier Kantorengesänge (Wechsel zwischen einer Solostimme und kurzen Gemeindeversen) und Quartette. Der Gemeindegesang wird reduziert.
c) Der Vorsteher des Gottesdienstes übt sein Amt mit Messdienern/-innen aus, sofern beim Altar genügend Freiraum vorhanden ist.
d) Bei genügendem Freiraum können Lektoren/-innen zum Einsatz kommen. Sie sind entsprechend zu instruieren.
e) Das Herumreichen der Kollektenkörbchen durch die Sitzreihen ist zu unterlassen; stattdessen können die Gläubigen ihre Kollekte beim Verlassen des Gotteshauses in ein Gefäss beim Ausgang werfen.
f) Die eucharistischen Gestalten (Brot und Wein) sind auch während des Hochgebetes abzudecken (Palla). Der Vorsteher der Eucharistie desinfiziert sich zu Beginn der Gabenbereitung die Hände. Nur der Vorsteher der Eucharistie kommuniziert am Kelch. Konzelebranten kommunizieren «per intinctionem».
g) Vor der Austeilung der Kommunion desinfizieren sich die Kommunionspender die Hände. Der Dialog «Der Leib Christi» ‑ «Amen» wird vor dem Kommuniongang gemeinsam gesprochen. Die Austeilung der Kommunion erfolgt unter Beachtung der hygienischen Vorschriften. Auf dem Fussboden sind deutlich sichtbare Klebebänder anzubringen, die den vorgeschriebenen Mindestabstand von 2 Metern kennzeichnen.
h) Der Austausch des Friedensgrusses entfällt.
i) Auch für Wort-Gottes-Feiern, andere Wortgottesdienste, Tagzeitenliturgien oder Gruppenfeiern sind die Abstandsregeln einzuhalten. Symbolhandlungen mit irgendwelchen Gegenständen, die physische Kontakte bewirken, sind untersagt (insbesondere Weihwasser).
j) Während des ganzen Gottesdienstes stehen von der Pfarrei beauftragte Personen an den Eingangs- bzw. Ausgangstüren, um sie im Bedarfsfall ohne Verzug zu öffnen.
k) Taufen, Erstkommunionfeiern, Firmungen und Hochzeiten sind nur unter strikter Beachtung der Regeln betreffend Hygiene und soziale Distanz wieder möglich. Aufschiebbare Feiern werden nach Rücksprache mit den Familien wenn möglich vertagt.

3. Nach dem Gottesdienst
a) Von der Pfarrei beauftragte Personen öffnen die Ausgangstüren.
b) Die Gläubigen verlassen das Gotteshaus nach einer von der Pfarrei festgelegten Ordnung und unter Einhaltung der Abstandsregeln, und sie unterlassen vor dem Gotteshaus Gruppenansammlungen. – Eine von der Pfarrei beauftragte Person kontrolliert dies.
c) Alle Kontaktstellen sind zu säubern und zu desinfizieren, ebenso allenfalls vorhandene sanitarische Anlagen.
d) Das Gotteshaus bleibt tagsüber für den individuellen Besuch grundsätzlich geöffnet.

4. Fernbleiben vom Gottesdienst
a) Das Gebet soll vor allem zu Hause in den Familien, aber auch von Alleinstehenden gepflegt oder neu entdeckt werden.
b) Gläubige, die krank sind oder sich krank fühlen, werden aufgefordert, dem Gottesdienst fern zu bleiben. Sie können indessen die Kommunion unter Einhalten der Schutzmassnahmen durch dafür ausgebildete und beauftragte Personen zu Haus empfangen.
c) Gläubige, die während des Gottesdienstes ein Unwohlsein verspüren, haben diesen sofort zu verlassen.
d) Gläubigen, die zu den besonders gefährdeten Personen nach Art. 10b Abs. 2 und Anhang 6 COVID-19-Verordnung 2, Änderung vom 16.4.2020, angehören, wird nahegelegt, dem Gottesdienst fernzubleiben. Bei zwingendem Bedürfnis wird ihnen – unter strikter Beachtung der staatlichen Schutzmassnahmen – der Besuch von Gottesdiensten mit nur wenigen Teilnehmenden – also von Werktaggottesdiensten – angeraten.
Der Gottesdienstbesuch und der Infektionsschutz sollen gleichermassen gewährleistet werden. Darum fordert die Schweizer Bischofskonferenz alle Gläubigen auf, in Selbstverantwortung ihren Teil zur Eindämmung dieser Pandemie beizutragen.

Dieses Schutzkonzept gilt ab dem vom Bundesrat zugelassenen Zeitpunkt und gilt bis auf Weiteres.
Wo dieses Schutzkonzept nicht vollumfänglich eingehalten werden kann, sind öffentliche Gottesdienste untersagt.

Freiburg, 27. April 2020

Bischof DDr. Felix Gmür
Präsident

Dr. Erwin Tanner-Tiziani
Generalsekretär


© 2020 www.kath.net