Die Milde des guten Hirten

3. Mai 2020 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Für die Priester und Ärzte, die in der Pandemie ihr Leben verloren haben. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Die Erde ist voll von der Huld des Herrn. Durch das Wort des Herrn wurden die Himmel geschaffen. Halleluja“ – „Amen, amen, ich sage euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe“: Papst Franziskus – vierter Sonntag der Osterzeit, Sonntag des Guten Hirten, fünfzigste Messe in Live-Streaming über Fernsehen und Internet aus der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ in der (noch immer) messelosen Zeit.

In der Einleitung richtete Franziskus seine Gedanken an die Priester und Ärzte:

„Drei Wochen nach der Auferstehung des Herrn feiert die Kirche heute, am vierten Ostersonntag, den Sonntag des Guten Hirten, Jesus, den Guten Hirten. Das lässt mich an so viele Hirten in der Welt denken, die ihr Leben für die Gläubigen geben, auch in dieser Pandemie sind viele, mehr als 100 hier in Italien verstorben. Ich denke auch an andere Hirten, die sich um das Wohl der Menschen kümmern, an die Ärzte. Wir sprechen von den Ärzten, von dem, was sie tun, aber wir müssen uns darum kümmern, dass allein in Italien 154 Ärzte verstorben sind, in einem Akt des Dienstes. Möge das Beispiel dieser Hirten, Priester und Ärzte-Hirten uns helfen, uns um Gottes treues heiliges Volk zu kümmern.

In seiner Predigt kommentierte der Papst den ersten Brief des Petrus (1 Petr 2,20b-25), in dem der Apostel sagt: „Durch seine Wunden seid ihr geheilt. Denn ihr hattet euch verirrt wie Schafe, jetzt aber habt ihr euch hingewandt zum Hirten und Hüter eurer Seelen“.

Das heutige Evangelium (Joh 10,1-10) spreche dann von der Tür, durch die man zu den Schafen eintritt. In der Geschichte der Kirche habe es viele falsche Hirten gegeben, „die die Herde ausnutzten, die Geld und Karriere wollten“. Doch die Herde kenne sie und suche Gott. Der gute Hirte höre der Herde zu, er führe die Herde, er kümmere sich um sie, und die Herde wisse zwischen den Hirten zu unterscheiden. Die Herde vertraue dem guten Hirten, Jesus:

„Der erste Brief des Apostels Petrus, den wir gehört haben, ist ein Abschnitt der Gelassenheit. Er spricht von Jesus. Er sagt: ‚Er hat unsere Sünden mit seinem eigenen Leib auf das Holz des Kreuzes getragen, damit wir tot sind für die Sünden und leben für die Gerechtigkeit. Durch seine Wunden seid ihr geheilt. Denn ihr hattet euch verirrt wie Schafe, jetzt aber habt ihr euch hingewandt zum Hirten und Hüter eurer Seelen’.

Jesus ist der Hirte – so sieht ihn Petrus –, der kommt, um zu retten, um die umherziehenden Schafe zu retten: das waren wir. Und in Psalm 23, den wir nach dieser Lesung lasen, wiederholten wir: ‚Der Herr ist mein Hirt, nicht wird mir fehlen’. Die Gegenwart des Herrn als Hirte, als Hirt der Herde. Und Jesus stellt sich im Kapitel 10 des Johannesevangeliums, das wir lasen, als der Hirte dar. In der Tat, nicht nur als der Hirte, sondern als die ‚Tür’, durch die man zu den Schafen geht. All diejenigen, die kamen und nicht durch diese Tür gingen, waren Diebe oder Räuber oder wollten die Herde ausnutzen: die falschen Hirten. Und in der Geschichte der Kirche hat es viele von ihnen gegeben, die die Herde ausbeuteten. Sie waren nicht an der Herde interessiert, sondern nur daran, Karriere zu machen oder Politik zu betreiben oder Geld zu verdienen. Aber die Herde kannte sie, sie kannte sie immer und suchte Gott auf ihren Wegen.

Doch wenn da ein guter Hirt ist, ist da nur die Herde, die weitergeht. Der gute Hirt hört der Herde zu, er führt die Herde, er sorgt sich um die Herde. Und die Herde weiß zwischen den Hirten zu unterscheiden, sie irrt nicht: die Herde vertraut dem guten Hirten, sie vertraut Jesus. Nur der Hirte, der aussieht wie Jesus, schenkt der Herde Vertrauen, denn er ist die Tür. Der Stil Jesu muss der Stil des Hirten sein, einen anderen gibt es nicht.

Aber auch Jesus, der gute Hirte, wie Petrus in der ersten Lesung sagt: ‚denn auch Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt. Er hat keine Sünde begangen und in seinem Mund war keine Falschheit. Als er geschmäht wurde, schmähte er nicht; als er litt, drohte er nicht, sondern überließ seine Sache dem gerechten Richter’. Eines der Zeichen des guten Hirten ist die Sanftmut, es ist die Sanftmut.

Der gute Hirte ist sanftmütig. Ein Hirte, der nicht sanftmütig ist, ist kein guter Hirte. Er hat etwas verborgen, denn Sanftmut zeigt sich, wie sie ist, ohne sich zu verteidigen. Im Gegenteil, der Hirte ist zärtlich, er hat diese Zärtlichkeit der Nähe, er kennt die Schafe eines nach dem anderen beim Namen und kümmert sich um jedes einzelne, als wäre es das einzige, bis zu dem Punkt, dass er, wenn sie nach einem Arbeitstag müde nach Hause kommen, merkt, dass ihm eines fehlt, ein anderes Mal zur Arbeit geht, um es zu suchen, und... er nimmt es mit, er trägt es auf seinen Schultern. Das ist der gute Hirte, das ist Jesus, das ist der, der uns auf dem Weg des Lebens begleitet, uns alle. Und diese Vorstellung vom Hirten, und diese Vorstellung von der Herde und den Schafen, ist eine österliche Vorstellung.

Die Kirche singt in der ersten Woche der Osterzeit diesen schönen Hymnus für die Neugetauften: ‚Das sind die neugeborenen Lämmer’, den Hymnus, den wir zu Beginn der Messe gehört haben. Es ist eine Idee von Gemeinschaft, von Zärtlichkeit, von Güte, von Sanftmut. Es ist die Kirche, die Jesus will, und er ist der Hüter dieser Kirche.

Dieser Sonntag ist ein schöner Sonntag, es ist ein Sonntag des Friedens, es ist ein Sonntag der Zärtlichkeit, der Sanftmut, denn unser Hirt kümmert sich um uns. ‚Der Herr ist mein Hirt. Nichts wird mir fehlen’“.

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