9. Mai 2020 in Weltkirche
Der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation kritisierte eine verbürgerlichte, säkularisierte Kirche, deren Hirten die Gesundheit und nicht das Reich Gottes an die erste Stelle setze.
Rom (kath.net/lifesitenews/jg)
Gerhard Ludwig Kardinal Müller, der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, hat in einem Interview mit La Nuova Bussola Quotidiana das Verbot öffentlicher Messen in vielen Diözesen kritisiert. (Siehe Link am Ende des Artikels) Die Kirche sei keine Erfüllungsgehilfin des Staates, kein Bischof habe das Recht, die Eucharistie den Menschen auf diese Weise vorzuenthalten.
Es sei eine Sache, Vorsichtsmaßnahmen durchzuführen, um Infektionen zu verhindern. Etwas anderes sei es aber, die öffentliche Teilnahme an der Liturgie ganz zu verbieten. Unser oberster Hirte ist Jesus Christus, nicht (Italiens Ministerpräsident, Anm. d. Red.) Giuseppe Conte oder ein anderes Staatsoberhaupt, sagte Müller wörtlich.
Das öffentliche Gebet sei deshalb wichtig, weil damit zum Ausdruck gebracht werde, dass alles von Gott abhänge. Als endliche Geschöpfe wüssten die Menschen nicht genau, was Gott direkt wirken werde und was von uns abhänge. Hier komme das Gebet ins Spiel, unsere Bitte an Gott, die Herausforderungen des Lebens zu bewältigen und dabei die transzendentale Dimension nicht aus den Augen zu verlieren. Die Kirche habe die Aufgabe, den Gläubigen die Bedeutung des Leidens entsprechend dem Evangelium zu erläutern. Ein Verbot öffentlicher Liturgien weise in die andere Richtung.
Über Internet oder Fernsehen übertragene Messen seien kein vollwertiger Ersatz für die Mitfeier der Messe, betonte Kardinal Müller. Gott habe uns als Wesen mit Leib und Seele geschaffen. Der Sohn Gottes habe selbst Fleisch angenommen. Die körperliche Präsenz bei der Messe sei daher für uns notwendig. Gott braucht die Sakramente nicht, wir brauchen sie, sagte Kardinal Müller wörtlich.
Er hob die besondere Bedeutung der Eucharistie hervor, die das zentrale Sakrament der Kirche sei. Sie sei nicht eine von vielen Formen der Liturgie, sondern alle Formen der Liturgie haben in der Eucharistie ihre Existenzgrundlage, sagte Müller.
Eine verbürgerlichte, säkularisierte Kirche sei es, welche die Gesundheit an die erste Stelle rücke. Die Botschaft Jesu laute hingegen, zuerst das Reich Gottes zu suchen. Die Corona-Krise habe gezeigt, dass viele Hirten weltlich denken würden und sich als Vertreter eines sozialen religiösen Systems sehen würden und nicht als Hirten einer Kirche in enger Gemeinschaft mit Gott und den Menschen, kritisierte der Kardinal.
Gleichzeitig wandte er sich gegen jede Form des Fideismus, der Schutz vor Krankheiten nur aus dem Glauben erhofft und die Medizin für überflüssig halte. Das Vertrauen auf Gott sei kein Gegensatz zur Wertschätzung der Medizin. Die Medizin ersetze aber den Glauben und das Gebet nicht. Daher sei darauf zu achten, das Ansteckungsrisiko zu reduzieren.
Link zum Interview mit Kardinal Müller (englisch):
No Bishop has the right to prohibit public masses
© Foto Kardinal Müller: Michael Hesemann
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