Großerzbischof Schewtschuk: Krieg in Ostukraine geht weiter

1. Juni 2020 in Chronik


Oberhaupt der Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche mahnt mehr europäische Solidarität für Ukraine ein: "Sie können nicht schweigen, wenn jemand in der Nachbarschaft die Weltkarte verändert, denn morgen könnte Ihnen dasselbe passieren!"


Kiew/Wien  (kath.net/KAP) Nur weil man im Westen nichts mehr über den Krieg in der Ostukraine hört, bedeutet das noch lange nicht, dass er aufgehört hat. "Jeden Tag erhalten wir traurige Nachrichten, dass jemand getötet wurde, und das ist eine echte Tragödie für uns": Das hat Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, Oberhaupt der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche, betont. In einem Kathpress vorliegenden Interview mit dem deutschen Hilfswerk Renovabis kritisierte Schewtschuk die "Verletzung grundlegender Menschenrechte der ukrainischen Bürger auf der Krim und in den weiterhin besetzten Gebieten im Donbass". Der ukrainische Staat sei ein Garant für den Frieden in Europa und in diesem Sinne "verteidigt das ukrainische Militär den Frieden in der Ukraine und in Europa, koste es, was es wolle".

 

Ohne Russland namentlich zu erwähnen forderte der Großerzbischof, dass "Aggressoren" durch eine "feste Haltung und gemeinsame Aktionen gestoppt" werden müssten. Und in Richtung der Europäischen Union sagte er: "Sie können nicht schweigen, wenn jemand in der Nachbarschaft die Weltkarte verändert, denn morgen könnte Ihnen dasselbe passieren!" Derzeit sehe es so aus, als ob sich die EU von ihren Gründungsprinzipien, nämlich Einheit und Solidarität, entfernt habe. Aber, so Schewtschuk: "Ich bin mir sicher, dass dies nicht von Dauer sein und das Fundament der Europäischen Union wieder aufgebaut werden wird." Die Ukraine stehe für Frieden, Zusammenarbeit und Solidarität. Das Land habe während der sogenannten "Revolution der Würde" 2013/14 eine klare Entscheidung für eine Zukunft in Europa getroffen.

 

"Und diese Entscheidung wurde nicht nur durch politische Erklärungen und offizielle Dokumente bestätigt, sondern auch durch das Blutvergießen der Menschen auf dem Majdan", sagte der Kiewer Großerzbischof. Und er fügte hinzu: "Ganz gleich, wie die Politiker handeln, ich denke, das ukrainische Volk wird die Entscheidung für Europa mit aller Kraft verteidigen." Und durch die Unterstützung einer unabhängigen und souveränen Ukraine hoffe auch die Ukrainische griechisch-katholische Kirche, zu echter Versöhnung und Friedensbildung beizutragen. "Wir sitzen alle im selben Boot" Wie das Kirchenoberhaupt weiter ausführte, habe die Ukraine akut mit drei Problemen zu kämpfen: "der weltweit grassierenden Coronavirus-Pandemie, der Wirtschaftskrise, die unser Land als Ganzes hart treffen wird, und der Entwicklung einer Wirtschaft, die auf die internationale Unterstützung für die Ostukraine angewiesen ist". Corona zeige deutlich, "dass globale Herausforderungen kollektives Handeln erfordern".

 

Die Krise sei eine Prüfung für die gesamte Menschheit und offenbare die Verflechtungen der Welt. Schewtschuk: "Wir sitzen alle im selben Boot. Die gegenwärtige Krise erschüttert die Grundfesten unserer Gesellschaften und macht die Verwundbarkeit der schwächsten Länder, darunter natürlich auch der Ukraine, deutlich." Noch bis Pfingsten laufen in Deutschland die "Renovabis-Solidaritätswochen" für die Hilfe in Osteuropa. Sie stehen heuer unter dem Leitwort "Selig, die Frieden stiften". Beispielland ist die Ukraine. Großerzbischof Schewtschuk hätte dieser Tage an der Aktion teilzunehmen sollen. Sein Deutschland-Besuch musste aber coronabedingt abgesagt werden.

 

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