Was ist wirklich noch von Bedeutung in den liebenden Armen Gottes?

10. Juni 2020 in Jugend


Ich bin geliebt. Gott liebt mich. Er liebt mich ohne Erwartungen, ohne Bedingungen, ohne Gegenleistung. Seine Liebe hüllt mich ein und ist der Stöpsel für alle offenen Enden meines Lebens - Die Jugendkolumne von kath.net von Lucia Kirchgasser


Salzburg (kath.net)

Entspannen ist wirklich eine Kunst. Mir fällt das total schwer. Es ist tatsächlich leichter für mich, immer wieder über meine Grenze zu gehen, anstatt einfach mal zu denken „was solls?!“ und loszulassen.

Aufgaben, Aufgaben, Aufgaben… Du musst, du sollst, du brauchst…

Ich bin komplett verspannt, mein Tinitus pfeift und ich schaff es einfach nicht, runterzufahren.

Wenn dann noch jemand kommt und ich auch nur im Entferntesten das Gefühl habe „oje… der braucht jetzt etwas von mir“, werde ich innerlich panisch und äußerlich sehr abweisend und distanziert. Der Witz ist, die Angst vor noch mehr Stress macht mir noch mehr Stress.

Ich kann anscheinend nur Frieden finden, wenn ich Dinge abgeschlossen und erledigt habe.

Das Blöde ist nur, wann ist man denn jemals wirklich mit allem fertig?!

Das wird nie passieren.

Also entweder brennt bei mir bald die Sicherung durch oder ich lerne endlich, dem Leben mit mehr Gelassenheit zu begegnen.

Wie schlimm ist es tatsächlich, ungebügelte Wäsche im Schrank zu haben? Darf man unausgepackte Umzugskartons einfach noch eine Weile stehen lassen? Brauche ich sofort eine Lösung, wie man einem autobahngrauen Sofa Wärme und Gemütlichkeit einhaucht? Wird das Kloster in sich zusammenfallen, wenn ich mal eine Woche Urlaub nehme?

Ich glaube, es könnte mir ganz gut tun, mein Leben mal neu zu bewerten und für mich festzulegen, was wirklich wichtig ist. Momentan steht Arbeit (ob privat oder beruflich) ganz oben bei mir. Zum einen auch, weil ich es liebe, anzupacken und zu handeln, aber auch weil in meinem Kopf ein großes „DU MUSST.“ steht.

In Wahrheit gibt es sehr wenige Dinge, die ich wirklich MUSS. Sterben zum Beispiel. So vieles ist nur eine Frage meines Willens. Ich muss den Bus nicht noch erwischen, ich will den Bus noch erwischen. Das ist ein Unterschied. Ich habe es in der Hand, ob ich mir den Stress mache oder nicht. Ich hab es in der Hand, wie ich mein Leben gestalte.

Ich frage mich, was mache ich eigentlich nur, um andere oder mich selbst nicht zu enttäuschen oder um irgendwas zu beweisen oder um anerkannt und respektiert zu werden. Was mache ich nicht alles, um mir selbst Wert zu geben und mir Liebe „zu verdienen“?

„Wenn nicht der HERR das Haus baut, mühen sich umsonst, die daran bauen. Wenn nicht der HERR die Stadt behütet, wacht umsonst, der sie behütet. Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und euch spät erst niedersetzt, um das Brot der Mühsal zu essen; was recht ist, gibt der HERR denen, die er liebt, im Schlaf.“ (Psalm 127,2)

Ich weiß, dass Gott mich liebt, aber ich weiß auch, dass er nicht nachts vom Himmel herabfährt und mein Bad putzt oder meine Wohnung fertig einräumt.

Nein, Gott erledigt nicht meine Arbeit für mich. Aber Gott gibt mir das, was mein Leben wirklich füllt. Er gibt mir das, worauf alle mein Streben und Mühen im Letzten hinausläuft.

Ich bin geliebt. Gott liebt mich.  Er liebt mich ohne Erwartungen, ohne Bedingungen, ohne Gegenleistung. Seine Liebe hüllt mich ein und ist der Stöpsel für alle offenen Enden meines Lebens.

Ich glaube, Gott genießt es, wenn wir schlafen, weil wir dann nichts mehr tun, außer zu empfangen.

Was ist wirklich noch von Bedeutung in den liebenden Armen Gottes?

Also lege ich mich heute einfach hin, wie Jesus im Boot in Mitten des tosenden Sturms und ruhe in der Liebe Gottes, die alles zum Schweigen bringt.


© 2020 www.kath.net