Jeden Tag das Leben verlieren

15. Juli 2020 in Jugend


Der Satz „Wer aber das Leben um Meinetwillen verliert, wird es gewinnen“ (Mt 10, 39) ist ein schönes Zitat für das Morgengebet, eine Erinnerung an das, was das Ziel unseres Lebens und jeden neu begonnenen Tages ist - Jugendkolumne von Viktoria Samp


Linz (kath.net)

„Wer aber das Leben um Meinetwillen verliert, wird es gewinnen“ (Mt 10, 39), so lautete am Montag ein Zitat aus dem Tagesevangelium. Dieser Satz ist ein wunderschönes Versprechen für alle Märtyrer. Aber ich denke, wir können ihn auch auf unser alltägliches Leben beziehen.

 

Ich denke an diesen Satz im Zusammenhang mit Opfern, die man im Alltag macht. Einem anderen Menschen seine Zeit schenken, um ihm in schwerer Arbeit zu helfen oder in der Trauer zu trösten, einsamen Menschen Wegbegleiter sein, Zeit vor dem Allerheiligsten oder im Gebet zu verbringen – für all das brauchen wir Zeit, in der wir auf andere Dinge verzichten müssen, um uns ganz dem Anderen oder Gott zu widmen. Für einen Ungläubigen mag vor allem die Zeit, die wir mit Gott verbringen, versäumte Lebenszeit sein, in der wir weder produktiv sind, noch irgendetwas tun, was wir im weltlichen Sinne als die Fülle des Lebens bezeichnen würden. 

 

In einer Welt, in der immer wieder anklingt, dass das Leben nach den Geboten Gottes nicht mehr modern, sondern langweilig und altmodisch ist, in der Katholiken aufgrund ihres Katechismus, der Lehre von den Sünden und des Beichtsakramentes als Spaßbremsen gelten und das Evangelium gerne den eigenen Launen und Bequemlichkeiten angepasst wird, gewinnt das oben genannte Zitat an hoffnungserfüllender Bedeutung. Erst das Leben, dass voll und ganz auf Gott ausgerichtet ist, ist das wahre Leben, um das es zu kämpfen gilt. An anderer Stelle im Neuen Testament hören wir das Versprechen: „nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch“ (Joh 14, 27).

 

Tiefes Vertrauen darauf, dass Gott es gut mit uns meint, kann uns die Kraft geben, jeden Tag aufs Neue bereit zu sein, sein Leben „hinzugeben“ für Gott, auf das Weltliche zu verzichten, um dem Himmlischen näher zu kommen. Es geht nicht darum, komplett weltfremd zu leben und nur in höheren Sphären zu schweben, sondern darum, bewusst mit Gott durch den Tag zu schreiten, dort Grenzen zu setzen, wo uns ein Vergehen gegen Gottes Recht droht, Kontakte zu vermeiden, die schlechten Einfluss auf uns haben, Gelegenheiten zu sündigen Taten zu vermeiden usw., auch wenn das alles so verlockend scheint. Ja, es heißt sogar, sich dort zu Wort zu melden, wo wir Unrecht sehen und wir uns „Feinde“ machen können, dort Hilfebedürftigen unsere Hand anzubieten, wo wir normalerweise andere Pläne gehabt hätten, dort unseren Glauben zum Ausdruck zu bringen, wo uns vielleicht Spott droht. Ein Leben für den Anderen und ein Leben für Gott kann uns erst die volle Fülle des Lebens geben. Ein Leben für uns selbst und der Wille, zwanghaft all das zu tun, was uns die Welt an Freude und Spaß verspricht, kann schnell in der Abgrund der Eigensucht führen und uns der Liebe berauben, die doch nur dann wirklich glücklich macht, wenn sie auf den Anderen ausgerichtet ist.

 

Der Satz „Wer aber das Leben um Meinetwillen verliert, wird es gewinnen“ (Mt 10, 39) ist ein schönes Zitat für das Morgengebet, eine Erinnerung an das, was das Ziel unseres Lebens und jeden neu begonnenen Tages ist.


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