USA: Gegen Ex-Kardinal McCarrick werden neue ungeheuerliche Vorwürfe erhoben

23. Juli 2020 in Aktuelles


Ließ sich der damalige Erzbischof von Washington in seinem unrühmlich gekanntgewordenen „Strandhaus“ auch Jungen ab 11 Jahre gezielt für sexuellen Missbrauch von Priestern zuführen? Von Petra Lorleberg


Washington DC. (kath.net/pl) Für seinen Mandanten erhebt ein Rechtsanwalt neue Klage gegen den wegen sexuellem Missbrauch in den Laienstand zurückversetzten Ex-Kardinal Theodore McCarrick. Sein Mandant sei im Alter von 11 Jahren von einem Priester gezielt dem Erzbischof zugeführt worden, dieser habe den Jungen im von der Diözese bezahlten Strandhaus getroffen. Das berichtet der „Catholic News Service“. In der Klage werden mindestens 7 weitere Kinder im Sinne des Strafrechts genannt, die dieses Schicksal teilten. Die Klage wird in diesem Zusammenhang auch gegen weitere katholische Einrichtungen erhoben, darunter die Diözese Metuchen, die Erzdiözesen Newark, New Jersey sowie Essex Catholic Boys High School, die 2003 geschlossen wurde. Die Klage liegt in der Hand des Rechtsanwalts Jeff Anderson von Jeff Anderson & Associates aus St. Paul, Minnesota.

 

In der Klage wird behauptet, dass der damals Elfjährige, der jetzige Klageführer, 1978 von einem Priester in einer Gemeinde in New Jersey sexuell missbraucht wurde, dieser Missbrauch dann zunächst durch einen anderen Geistlichen an der katholischen High School, die er besuchte, und schließlich 1982 mit McCarrick fortgesetzt wurde. Der Junge sei aufgefordert wurde, mit McCarrick zu sprechen, weil es seiner Familie schwer fiel, die Schulgebühren zu bezahlen.

 

Es war eine Gruppe von Jungen, die in dem Strandhaus übernachteten, das inzwischen aus Schilderungen von Priesteramtskandidaten aus der Diözese McCarricks äußerst unrühmliche Bekanntheit erlangt hat. Gemäß Schilderung des Rechtsanwalts sei den Jungen gesagt worden, wo sie schlafen sollten, und „in der Nacht schlich sich McCarrick mit Hilfe anderer in das Bett dieses Kindes und verübte kriminelle sexuelle Übergriffe an ihn und flüsterte ihm dabei zu: ‚Es ist in Ordnung.‘“

 

Rechtsanwalt Anderson spricht von „McCarricks schmutzigem Kinderring im Strandhaus“. Dann dankte er seinem Klienten, dessen Name aus persönlichen Gründen geschützt wird. Anderson sagte: „Bevor er zu uns kam, litt er in Stille, Geheimhaltung und Scham für das, was Kardinal McCarrick ihm angetan hatte.“

 

Der „Catholic News Service“ schließt den Artikel mit der klaren Erinnerung daran, dass die US-amerikanischen Katholiken weiterhin vergeblich auf die Aufklärung und Offenlegung der Vertuschungsvorgänge rund um McCarrick warten. Der Missbrauchsbeauftragte des Vatikans hat bereits November vergangenen Jahres nach einem Treffen mit dem vatikanischen Staatssekretär Pietro Parolin gesagt: „Wir haben Kardinal Parolin von der Kurienleitung klar gemacht, dass die Priester und das Volk unseres Landes darauf warten sind, die Erklärung des Heiligen Stuhls für diese tragische Situation zu erhalten, wie er [McCarrick] Erzbischof und Kardinal werden konnte. Wer wusste was und wann? Das lange Warten hat zu großer Frustration seitens der Bischöfe und unseres Kirchenvolkes geführt und in der Tat zu einer sehr harten und sogar zynischen Interpretation der eigenartigen Stille.“

 

Hintergrund: McCarrick war ein in der Weltkirche einflussreicher und geschätzter Kardinal gewesen, noch in der Zeit von Papst Franziskus konnte er beispielsweise als Sondergesandter in China agieren. 2019 wurde er wegen sexuellem Missbrauch und Verstößen gegen die Keuschheit im Zusammenhang mit dem Spenden des Bußsakraments aus dem Klerikerstand entlassen und laisiert. Bereits unter Papst Benedikt XVI. wurden ihm Sanktionen auferlegt, an die er sich aber nicht wirklich gehalten hatte. Der Ex-Kardinal hat bisher kein Schuldgeständnis abgelegt, sondern behauptet weiter seine Unschuld. Die Vorgänge um den Skandal haben die US-Kirche in eine tornado-ähnliche Krise gestürzt, die bis heute in keiner Weise beendet ist. Nicht zuletzt warten die US-Katholiken dringend auf die Veröffentlichung der Vertuschungsvorgänge rund um McCarrick. Erwartet wird, dass noch mehr Bischöfe und Priester im Strudel der Vorwürfe ihr Amt verlieren werden. US-Behörden ermitteln. Die entsprechende Erklärung des Vatikans ist noch immer nicht veröffentlicht, was auch die US-Bischofskonferenz bereits öffentlich kritisiert hat. Falls der Vatikan allerdings vorhat, diese Krise durch „Aussitzen“ durchzustehen, d.h., durch Schweigen und durch die Hoffnung, dass nach dem Tod des vor zwei Wochen 90 Jahre alt gewordenen McCarrick das Thema zur Ruhe käme, könnte es durchaus sein, dass die einflussreichen und sehr verärgerten katholischen Laien in den USA dies zu verhindern wissen.
 

kath.net-Artikel zum Thema "Ex-Kardinal McCarrick"


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