27. Juli 2020 in Kommentar
"Diese Instruktion aus Rom ist leider nur wieder ein Lackmustest, wie weit der ekklesiologische PH- Wert der Kirche in Deutschland schon ins Schismatische abgerutscht ist." - Der Montagskick von Peter Winnemöller
Rom (kath.net) Der Vatikan hat ein Herz für die Presse. Wer das nicht wusste, konnte es in der vergangenen Woche erkennen, als die Kleruskongregation an einem Montag in der berüchtigten „Saure- Gurken-Zeit“ eine Instruktion veröffentlichte, die die Seiten und Portale füllte.
Donnerwetter! Da haben die Vatikanier aber für einen Skandal gesorgt. Pfarreien sollen von Pfarrern geleitet werden. Das ist in etwa so, als sollte Wurst künftig von Metzgern hergestellt werden. Horribile dictu! Dabei sind wir doch gerade dabei, die Laien zu stärken, indem wir ihnen die Last der Priester auferlegen. Jetzt soll das alles nicht mehr sein. So manches kostbare Pastoralpapier, das die Kirche in eine grandiose Zukunft führen sollte, ist jetzt Sekundärrohstoff. Kein Wunder, dass Bischöfe auf die Palme gehen. All die sauteuren Beraterstunden, die wochenlangen Sitzungen, die wunderschönen Pastoralphantasien, das ist alles nichts mehr wert.
Der gewöhnliche Laie reibt sich verwundert die Augen, was denn daran so schlimm sein soll. Es ist doch eigentlich genau das, was Otto Normalkatholik schon lange sagt. Eine Pfarrei braucht einen Pfarrer. Es gibt angesichts des Priestermangels, der bei genauerem Hinsehen gar kein numerischer Mangel ist, so viele alternative Leitungsmodell wie Pfarreien. Und es gibt ebenso viele Ideen, wie man die Anzahl der Pfarreien reduzieren kann. Da blickt schon lange keiner mehr durch.
Auch da hat der Vatikan nun ein „No!“ gesprochen. Pfarreien am grünen Tisch auflösen und zu neuen Konstellationen zusammenstellen, geht nicht so einfach. Jede Auflösung und Fusion ist einzeln und aus den örtlichen Gegebenheiten zu begründen. Die Kleruskongregation erteilt damit der Unternehmensberaterpastoral eine klare Absage. Es geht in der Kirche um das Seelenheil der Menschen, nicht um das Funktionieren eines Apparates. Subsidiarität ist nicht von Ungefähr eines der wesentlichen Prinzipien der Kirche. Wenn von unten - von der Ebene der Pfarrei(en) - der Impuls kommt, territoriale Veränderungen herbeizuführen, dann ist das zu prüfen und zu erwägen. Einfach zwei Dörfer oder Pfarreien in einer Stadt zusammenfassen ohne Rücksicht auf lokale Eigenheiten und Traditionen ist jetzt nicht mehr möglich. Und das ist gut so.
Das böse Wort Mission taucht in den Schreiben auf. Igitt! Aber angesichts der Tatsache, dass Christen in Deutschland nicht mehr die Mehrheit der Bevölkerung stellen, tut Mission gewaltig Not. Eine entchristlichte Gesellschaft bildet ein Vakuum aus, das schon jetzt von neu- und altheidnischen Heilslehren gefüllt wird. Da ist noch lange kein Ende in Sicht. Man sieht in Großstädten bald genauso oft den Thorhammer als Kettenanhänger, wie das Kreuz. Mag der eine oder andere vielleicht die Avengers im Kopf haben, so ist das Symbol des Hammers trotzdem das Symbol eines heidnischen Götzen. Harmlos ist das nicht.
Zum Glück hat die Kirche Bischöfe als Hirten, die die Verantwortung für die rechte Ordnung der Kirche tragen. Aber halt, weit gefehlt. Wer die Reaktionen der vergangenen Woche aus dem deutschen Episkopat hören musste, glaubte sich im falschen Film. Bode will weitermachen wie bisher. Mehr Gemeindereferentinnen zu PfarrerInnen. Kohlgraf fühlt sich in seiner bischöflichen Vollmacht beschränkt. Seit wann gehört es zu den bischöflichen Vollmachten, die Kirche vor Ort zu ruinieren? Kardinal Marx gar gefiel sich darin, festzustellen, dass da nicht einfach einer kommen könne und bestimmen, was geht. Unter einem Dutzend Synoden und synodalen Wegen tun wir es nicht. Das ist nur eine kleine – und bitte um Verständnis grobkörnige – Auswahl. Es lohnt kaum, sich die einzelnen Statements im Detail anzusehen, denn unterm Strich heißt es nur eines: Wir wollen Rom nicht folgen. Wir wollen mit der Dekonstruktion der Kirche so fortfahren wie bisher.
Diese Instruktion aus Rom, so wertvoll und richtig sie ist, wird in Deutschland nicht dazu führen, dass pfarrerlose Pfarreien wieder zurück in die kirchliche Ordnung geführt werden. Diese Instruktion aus Rom ist leider nur wieder ein Lackmustest, wie weit der ekklesiologische PH- Wert der Kirche in Deutschland schon ins schismatische abgerutscht ist. Wenn die Rebellion des deutschen Episkopats gegen Rom so offen und so offensiv ist, muss man leider von einem sehr fortgeschrittenen schismatischen Zustand ausgehen. Die Krise der Kirche in Deutschland bemisst sich nicht nur in den Zahlen von Austritten und nicht erfolgten Taufen. Die Krise der Kirche bemisst sich vor allem darin, dass Teile der Kirche in Deutschland sich mehr und mehr von der Einheit in der Lehre, der Liturgie und letztendlich in der Leitung verabschieden. Die Lösung der Krise besteht nur in einer radikalen Umkehr. Alles andere wird es nur schlimmer machen.
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