3. August 2020 in Kommentar
Die Gegenwart der Theologie an deutschen Universitäten ist so sterbend und so sterbenslangweilig, wie die deutsche Kirche in ihrer Gesamtheit - Der Montagskick von Peter Winnemöller
Linz (kath.net)
Es erscheint wie ein Zustandsbericht der akademischen Theologie, wenn die Erfurter Dogmatikerin Theologin Julia Knop behauptet, die Kirche müsse einen „Mentalitätswandel“ durchlaufen, selbst wenn dieser „eine ganze Generation lang“ dauern könne. Wir erinnern uns: Kirche = Christus – und nun den Satz in Gedanken wiederholen. Die Professorin spielt mit ihrer Aussage natürlich auf die angeblichen „Dauerbrenner“ wie Geschlechtergerechtigkeit, Amt oder Zölibat an. Diese sollten „offen diskutiert und adäquate Reaktionen gesucht werden“. Den alten Antworten unterstellt die Dogmatikerin, seien Mitverursacher von Missbrauch in allen Abstufungen. Die Theologin nimmt derzeit virtuell an den Salzburger Hochschulwochen teil.
Die Postulate der Theologin zielen natürlich durchgehend auf die in der katholischen Kirche unmögliche Weihe von Frauen zu Priestern ab. Dabei fordert sie auch, das Weiheamt zu „erden“ und der menschlichen Gesellschaft rechenschaftspflichtig zu machen. Seltsamerweise scheint niemandem aufzufallen, dass dies nichts anderes als eine protestantische Landeskirche ist, die dem Souverän, d.h. in demokratischen Zeiten dem Volk, verantwortlich ist. Wie viele andere Theologen wird ein solches Amtsverständnis auch von der Erfurter Dogmatikerin als Fortschritt angesehen.
Es handelt sich dabei um nicht weniger als einen Generalangriff auf die Sakramentalität der Kirche. Nicht mehr der Dienst, das von Gott geschenkte Heilsmittel zu sein, steht im Vordergrund. Das Kirchenbild der Theologin zeigt lediglich eine diesseitige, auf Selbst- und Weltverwirklichung ausgerichtete Gemeinschaft, die keine Kirche im Vollsinn mehr ist. Sowohl die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen als auch die Erlösungstat Gottes, die von niemand anderem als der Kirche dem Menschen zu teil werden kann, wird damit geleugnet. Die Kirche ist das Ursakrament und damit ist alles Handeln der Kirche seinem Wesen nach sakramental. Auch das Amt der Kirche ist ein Sakrament und damit der Verfügungsgewalt des Menschen entzogen. Alles nichtsakramentale Handeln der Kirche, was beileibe nicht unwichtig ist, fließt aus der Sakramentalität und mündet in ihr. Die Katechese, die eine hauptamtliche Angestellte der Kirche leistet, fließt aus der Taufberufung, folgt dem Auftrag der geweihten Amtsträger und führt den Menschen in die sakramentalen Vollzüge der Kirche (z.B. Kommunion und Firmung) hinein.
Das Amt, wie es Knop beschreibt, ist dagegen ein rein weltlicher Dienst, der keinerlei Weihe mehr benötigt. Was die Erfurter Theologin als Fortschritt bezeichnet, ist längst existent und in den verschiedenen protestantischen Denominationen auf je unterschiedliche Weise verwirklicht. Eine Realisierung der Pläne, die in dieser Weise keineswegs allein von Julia Knop vertreten werden, sondern unter akademischen Theologen in Deutschland auf eine breite Akzeptanz stoßen, würde nicht etwa die Kirche reformieren, sondern nur eine oder mehrere weitere protestantische Denomination(en) gründen.
Die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop vertritt hier nicht etwa exotische Haltungen oder Ansichten. In der akademischen Theologie, wie sie an deutschen Universitäten gelehrt wird, sind solche Ideenwelten der Normalfall. Sie befindet sich in guter Gesellschaft und gibt weitestgehend konsensfähige Haltungen deutscher Theologen wieder. Ähnliche Beiträge findet man auch von anderen Wissenschaftlern der Theologie an deutschen Universitäten. In der Frage des Frauenpriestertums ist „Ordinatio sacerdotalis“ im Kreise deutschsprachiger Theologen so gut wie gar nicht mehr satisfaktionsfähig. Das ist eines von vielen Dogmen, die von akademischen Theologen weder geglaubt noch gelehrt werden. Der Lehrbestand der Kirche wird in unterschiedlichem Maße von akademischen Theologen bestritten. Die Göttlichkeit des Erlösers (des Was, bitte? Sorry!) ist keinesfalls so unbedingt Konsens. Die Existenz Gottes wird zuweilen als reine Metapher aufgefasst. Bittgebete werden auch schon mal als magischer Aberglaube abgetan. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Damit wäre der Zustand der Theologie schon umfassend beschrieben.
Nun sollte man sich hüten, eine Schar akademischer Theologen zu fordern, die nur den KKK nachbeten. Das wäre nicht nur scholare Langeweile, das würde die theologische Forschung zum Sterben bringen. Die Theologie muss sich im Lichte der Tradition und des Evangeliums mit den Fragen dieser Zeit auseinandersetzen und dazu braucht es auch mal eine steile These. Es braucht Theologen, die in der säkularen Gesellschaft breit diskutierte Bücher schreiben. Wann gab es das zuletzt? Es braucht auch den Theologen, der seinem Bischof mal herausfordert. Das bedeutet aber auch, dass der Theologe versteht, dass er im Namen und Auftrag seines Bischofs lehrt und es braucht den Bischof, der das einfordert.
Die Gegenwart der Theologie an deutschen Universitäten ist so sterbend und so sterbenslangweilig, wie die deutsche Kirche in ihrer Gesamtheit. Seit fünfzig Jahren werden dieselben zum Teil lange schon lehramtlich entschiedenen Fragen neu und neu und neu … in Dauerschleife wiederholt. Welcher Student will eigentlich einen Professor hören, der sich nur an den immerselben alten Kamellen abarbeitet. Priestertum der Frau und Zölibat haben jetzt mal bitte akademische Pause. Vielleicht für fünfhundert Jahre oder so.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der sich der Grundkonsens auflöst. Vieles von dem alten Grundkonsens ruhte auf den Lehren der Kirche. In ganz Europa und Nordamerika setzen sich zunehmend nationalistische, liberalistische und sozialistische Irrtümer in Scharen durch, auf die die Kirche keine Antwort geben kann. Schon lange nicht mehr geben kann, weil die Theologie versagt hat! Wir leben in einer hochmoralischen Zeit, die unsagbar dogmenschwangere Klima-, Viren- und andere Religionen hervorgebracht hat. Die Exkommunikation von Klima- und Virenleugnern ist grausamer als kirchliche Strafen es je sein konnten. Selbst in der katholischen Kirche darf man heute auf den Sonntagskirchgang verzichten, doch wehe man betritt eine Kirche ohne Maske. Hier geraten Verhältnisse in eine fatale Unordnung, werden durcheinander geworfen und keiner ordnet sie ein.
Es gibt Löcher und Lücken in der Logik und es fehlt jegliche theologische Einordnung im Licht des Evangeliums und(!) der kirchlichen Tradition. Die Theologie versagt auf ganzer Linie, weil sie damit beschäftigt ist, die Lehre zu dekonstruieren, statt sie authentisch in unsere Zeit zu übersetzen. Wenn es mal eine sinnvolle Bischofssynode in Rom geben soll, dann bitte mal eine, die sich mit dem Zustand der Theologie unserer Tage beschäftigt. Vorher schließen wir die Bischöfe sechs Wochen in eine Klausur ein und zwingen sie die Werke der Theologen zu lesen, denen sie selber das nihil obstat erteilt oder nicht entzogen haben. Die Kirche ist reformbedürftig. Da bin ich mir sogar mit Frau Knop einig. Diese nötige Reform wird allerdings große Ähnlichkeit mit dem Geschehen in Trient zwischen 1545 bis 1563 haben müssen.
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