Hartl: „Was Einheit unter Christen bedeutet“

12. August 2020 in Kommentar


Augsburger Theologe Johannes Hartl gibt hilfreiche Wegweiser für die ökumenische Begegnung. Kommentar von Petra Lorleberg


 Augsburg (kath.net/pl) „Einheit unter Christen“ bedeute nicht, in allem übereinzustimmen oder „die eigene konfessionelle Prägung verleugnen“. Daran erinnert der Augsburger Theologe und Gebetshausleiter Johannes Hartl, auf seinem Facebookauftritt. Keineswegs sollte „so tun als seien theologische Unterschiede egal“, auch müssten nicht alle „so werden wie ich“.

 Einheit unter Christen bedeute vielmehr: „gemeinsame Mitte ist Liebe zu Jesus und Hl. Schrift“. Dabei solle man die „eigene Prägung“ und den eigenen „Standpunkt selbstbewusst vertreten“, man solle „ins Gespräch kommen“, all „das gemeinsam tun, was man gemeinsam tun kann“, man solle „sich anfreunden, sich lieben und Joh 17,21 leben“. Den erwähnten Bibelvers zitiert Hartl gleich mit: „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.“

Damit Ökumene kein lebloser Papiertiger bleibt, fragt Hartl ausdrücklich: „Wer ist dabei?“

 Hartl, der sowohl bei katholischen wie auch bei evangelischen Christen unterschiedlicher Prägungen ein gefragter Konferenzredner und geistlicher Lehrer ist, wendet sich damit gegen verschiedene Versionen des Umgangs mit dem Problem der Aussplitterung der Christenheit in unterschiedliche Konfessionen. Weder schließt er jeweils andere Konfessionen davon aus, als mündige und verantwortungsbewusste Christen vollständig ernstgenommen zu werden, noch vertritt er eine „Eintopf-Ökumene“, die alle konfessionellen Zutaten unterschiedslos ineinander rührt. Für eine Reduktion des Christentums auf den kleinsten gemeinsamen Nenner (etwa in Fragen der Moral, wo die EKD-Kirchen bsp. sogar zu Kompromissen in Fragen des Lebensschutzes bereits sind) kann man ihn ebenfalls nicht gewinnen.

 Der Augsburger Theologe selbst lehnt trotz aller ökumenischen Offenheit Interzelebration und Interkommunion ab, dies begründet er eigens in dem Buch „Katholisch als Fremdsprache“. Dort schreibt er u.a.: „Die katholische Kirche kann nicht auf der einen Seite überzeugt sein, dass nur der geweihte Priester der Eucharistie gültig vorstehen kann, und zugleich dieses Kriterium bei anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften vernachlässigen. Denn es gibt nur die eine, von Christus selbst eingesetzte Eucharistie. Dies ist der Grund, weshalb die Interzelebration, bei der ein katholischer (geweihter) Priester zusammen mit einem nichtkatholischen (nichtgeweihten) Pfarrer gemeinsam die Eucharistie feiert, nicht erlaubt ist“. Auch die „volle Mitfeier der Eucharistie (das heißt mit Kommunionempfang)“ sei „nicht in das persönliche Belieben gestellt“, die katholische Kirche nehme „das Zeugnis der frühen Kirche ernst, nach welcher Glaubensgemeinschaft, Kirchengemeinschaft und Eucharistiegemeinschaft nicht voneinander getrennt werden können“ und „keine Möglichkeit einer offenen Kommunion (Interkommunion)“ sehe, bei der „alle Gläubigen aus den verschiedenen Kirchen gemeinsam die Heilige Kommunion empfangen können“. Übrigens wird auch auf den großen „MEHR“-Konferenzen des Gebetshauses Augsburg keine Interkommunion praktiziert.

 Hartl zitierte in seinem Buch dann aus der Ökumene-Enzyklika „Ut unum sint“ des verstorbenen Papstes Johannes Paul II. aus dem Jahr 1995. Johannes Paul II. schrieb dort, dass es ihm „ein Grund zur Freude“ sei, dass die katholischen Priester in bestimmten Einzelfällen die Sakramente der Eucharistie, der Busse und der Krankensalbung anderen Christen spenden können, die zwar noch nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber sehnlich den Empfang der Sakramente wünschen, von sich aus darum bitten und den Glauben bezeugen, den die katholische Kirche in diesen Sakramenten bekennt“. Zu diesem Glauben gehöre auch das „Amen“ am Ende des Hochgebetes, „das heißt: ein grundsätzliches Ja zum Papst, zum Bischof, zum Gebet für die Verstorbenen, zu Maria und zu Heiligen“.

 Vielleicht sollte man auch für die ökumenische Begegnung überlegen, ob der bekannte Satz des jüdischen Philosophen Martin Bubers vielleicht auch ein Stück weit in die ökumenische Begegnung hineingenommen werden kann: „Der Mensch wird erst am Du zum Ich.“ Denn die liebende und freundschaftliche Begegnung zwischen jesusgläubigen Christen unterschiedlicher Konfessionen lässt Stärken und versehentliche Einseitigkeiten der eigenen konfessionellen Heimat deutlicher hervortreten und lädt ein zur Arbeit an sich selbst. Wozu Hartls Buch, das die Genese verschiedener Denkwege und Traditionen in der Begegnung zwischen katholischen und evangelischen Christen näher erklärt, sehr hilfreich sein kann.
 

kath.net-Buchtipp:

Katholisch als Fremdsprache
Einander verstehen ? Gemeinsam vorwärts gehen

Von Johannes Hartl; Leo Tanner
Hardcover, 158 Seiten, 2015 Weg Verlag
ISBN 978-3-909085-95-8

Preis Österreich: 14.90 Euro


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