12. August 2020 in Aktuelles
Bonner Philosoph kritisiert den „falschen, sehr gefährliche Gedanken des Werterelativismus beziehungsweise des Wertenihilismus, der leider auch bei uns verbreitet ist“ – Er fordert eine Rückkehr der Werte
Bonn (kath.net) Man lebe derzeit tatsächlich in „dunklen Zeiten“. Das sagt der Bonner Philosoph Markus Gabriel im Gespräch mit Liane von Billerbeck für den „Deutschlandfunk“. „Dunkle Zeiten sind Zeiten, in denen das, was wir aus moralischen – also alle Menschen betreffenden – Gründen tun beziehungsweise unterlassen sollen, durch Propaganda, Ideologie, Fake News, Halbwahrheiten und so weiter verdeckt wird. Und je mehr solche Verdeckungsstrategien wir haben, desto dunkler die Zeiten.“ Gabriel zählt zu den bekanntesten deutschen Gegenwartsphilosophen, so der „Detuschlandfunk“.
Der „moralische Horizont“ verdunkle sich derzeit. Dieser „moralische Horizont“ bestehe darin, „dass wir sehen, was wir aus teils ganz offensichtlichen Gründen tun beziehungsweise unterlassen sollen: Sehr wenige von uns schubsen zum Beispiel Menschen die U-Bahn runter. Und zu Recht sind wir empört, wenn wir hören, dass das mal wieder in München oder Berlin stattgefunden hat. Das heißt, wir tun sehr häufig das moralisch offensichtlich Gute und vermeiden das Böse.“ Allerdings sei es derzeit so, „dass das Böse derzeit spürbar“ zunehme, „weil die politische Rhetorik sich verändert und weil es gigantische Manipulationsmaschinen gibt, die uns vorgaukeln, dass es gar keine moralisch objektiv existierenden Werte gibt, dass es sozusagen nur ein kulturelles Artefakt ist, dass wir Menschen nicht so häufig die U-Bahn runterstoßen, dass man das aber im Grunde genommen auch ändern könnte.“
Doch sei dies „der falsche, sehr gefährliche Gedanke des Werterelativismus beziehungsweise des Wertenihilismus, der leider auch bei uns verbreitet ist.“ „Zu glauben, es gäbe kein objektiv existierendes Gutes und Böses“, lasse „sich nicht kohärent durchdenken“.
Gefahren für die Menschheit sieht der Philosoph in der „Selbstzerstörung der Menschheit“ durch die Klimakatastrophe und einer „unethischen Digitalisierung“, die mit einer „Selbstzerstörung der liberalen Demokratie“ einhergehe.
Gabriel sagt: „Nur wenn wir versuchen, moralische Einsicht zu praktizieren in unserem Alltag, können wir das Richtige tun.“ Er fordert, dies auch im Schulunterricht gründlich zu verankern.
Foto: Archivbild
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