13. August 2020 in Kommentar
Laien können dem Priester zur Seite stehen, ihn aber nicht ersetzen. Die Klerikalisierung der Laien ist keine Lösung, sondern Kern des Problems. Ein kath.net-kommentar von Bischof Marian Eleganti zur jüngsten Instruktion der Kleruskongregation
Chur (kath.net)
Der Priester handelt “in persona Christi”.[1] So sagt es das II. Vatikanische Konzil in “Lumen gentium” (LG 10) und in “Presbyterorum Ordinis” (PO 2)[2]. Ambrosius schreibt: „...aber in dem Augenblick, wo er sich anschickt, das verehrungswürdige Sakrament zu feiern, bedient sich der Priester nicht mehr seiner eigenen Worte, sondern er macht Gebrauch von den Worten Christi: es ist daher das Wort Christi, das dieses Sakrament hervorbringt“ (De Sacramentis IV/14: SC 25). Die Privatperson des Priesters wird in Besitz genommen von der Person Christi, an dessen Stelle er steht und dessen Stimme er ist. Daraus folgt, dass der Priester das Bild Christi ist. „Kraft des Weihesakramentes .... sind sie nach dem Bilde Christi geweiht.“ (LG 28). Das Konzil spricht in PO 2 von einem besonderen, unauslöschlichen Prägemal und in LG 10 gegenüber dem Laien von einem Unterschied dem Wesen - und nicht nur dem Grade nach. “Die kirchliche Gemeinschaft benötigt unbedingt das Priesteramt, damit in ihr Christus, Haupt und Hirte, gegenwärtig ist”[3].
Die neueste Instruktion der Kleruskongregation ist deshalb eine Verteidigung der Sakramentalität der Kirche und hat nichts mit Rückschritt und Klerikalismus zu tun. Der Vorwurf der Priesterzentriertheit geht am Wesen der Sache vorbei, denn es gibt keine lebendige Pfarrei ohne die hl. Eucharistie, und es gibt keine hl. Eucharistie ohne Priester. Die Priester üben entsprechend ihrem Anteil an der Vollmacht das Amt Christi, des Hauptes und Hirten, aus. Sie versammeln im Namen des Bischofs die Familie Gottes, die als Gemeinschaft von Brüdern nach Einheit verlangt, und führen sie durch Christus im Geist zu Gott dem Vater.: „Wir sind also Gesandte an Christi Statt, und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi Statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!“ (2 Kor 5,20); „Als Diener Christi soll man uns betrachten und als Verwalter von Geheimnissen Gottes.“ (1 Kor 4,1).
Papst Johannes Paul II. betonte im Jahre 2001 in einer Ansprache an die Kleruskongregation, dass es für die Pfarrei von grundlegender Bedeutung ist, einen Priester als eigenen Hirten zu haben .[4] Die Bezeichnung «Hirte» bleibt dem Priester vorbehalten, weil die Weihe dafür die unerlässliche und unumgängliche Voraussetzung bildet. Gewiss können ihm Gläubige (Charismen) als Mitarbeiter zur Seite stehen, aber sie können ihn als Hirten nicht ersetzen, weil sie, wie Johannes Paul II. an dieser Stelle ausführt, das Weiheamt nicht empfangen haben.[5] Es geht also um die Vergegenwärtigung Christi, des guten Hirten. Die Kirche baut sich um den Bischof herum auf, die Pfarrei um den Priester, die miteinander in einer engen Communio stehen, wie schon Ignatius von Antiochien in seinen Abschiedsbriefen unermüdlich betont hat.
“Die Beziehung zur Kirche gehört eben zu der einzigartigen Beziehung des Priesters zu Christus, und zwar in dem Sinn, dass die sakramentale Vergegenwärtigung Christi die Beziehung des Priesters zur Kirche begründet und beseelt” (Pastores dabo vobis 16). Die kirchliche Gemeinschaft braucht das Priesteramt, damit in ihr Christus als Hoherpriester, Haupt, Hirte, Lehrer und Bräutigam gegenwärtig bleibt. Ohne Christi Gegenwart, welche der Priester in seiner Person und durch die Feier der hl. Eucharistie vermittelt, wäre die Pfarrei nach Johannes Paul II. keine vollständige kirchliche Gemeinschaft. Diese grundlegende Beziehung, die der Priester zu Christus hat (weil er seine sakramentale Vergegenwärtigung ist) macht das besondere Profil und Wesen des Priesters aus. Es Sein Priestertum unterscheidet sich deshalb ontologisch und nicht nur dem Grade nach vom allgemeinen Priestertum der Gläubigen. Es darf deshalb auch nicht rein funktional verstanden werden (Funktionen sind beliebig delegier- und übertragbar; nicht aber das Priestertum). Das heisst: Es ist Sakrament: Realsymbol und Wirklichkeit.
Schon Johannes Paul II. warnte vor dem gefährlichen Irrtum, den durch Priestermangel verursachten Schwierigkeiten nachzugeben und so zu tun, als müsse man sich auf eine Zukunft ohne Priester einstellen. Der Priester ist definitiv kein Auslaufmodell, sondern konstitutiv für den sakramentalen Charakter der Kirche, mit anderen Worten: für die Gegenwart Christi in der Kirche. Der Priester ist unersetzbar. Der Protestantismus hat mit dieser apostolischen Tradition gebrochen und damit 1500 Jahre kirchliche Glaubensüberzeugung und sakramentale Glaubenspraxis im Osten und im Westen aufgegeben. Hüten wir uns, heute, diesen katastrophalen Schritt nachzuvollziehen, weder regional noch universal!
Auch wenn der Priester individuell von anderen nichtgeweihten Gläubigen in vielen Dingen (Intelligenz; Redegewandtheit; Führungsqualitäten; persönliche Ausstrahlung etc.) übertroffen werden kann, bleibt davon doch unbeschadet, dass er und nur er die sakramentale Vergegenwärtigung Christi, des Hauptes und Hirten sein kann. Das zeigt sich vor allem in der Feier der Hl. Eucharistie, aber nicht nur. Daraus folgt die Einheit seiner Ämter, nämlich zu leiten, zu lehren und zu heiligen. Es muss alles vermieden werden, was diese Einheit untergräbt oder fragmentiert und vom Priestertum nur noch einen sakramentalen Torso übriglässt.
Das Konzil wollte explizit die Einheit der Tria Munera. Diese muss in den Seelsorgemodellen gewahrt bleiben. Wer davon abrückt, steht nicht mehr auf dem Boden des Zweiten Vatikanischen Konzils trotz gegenteiliger Behauptung. Der Priester ist der eigentliche Spender der hl. Eucharistie. Er ist aber nicht nur Diener des Kultes, sondern in der Eucharistiefeier und über sie hinaus, wie gesagt, auch Hirte und Lehrer (Prophet). Er hat deshalb in der Leitung der Pfarrei bzw. Grosspfarrei (Seelsorgeverband bzw. -einheit) letzte und oberste Leitungskompetenz (Hirten- und Lehramt) und übt diese in Abhängigkeit von seinem Bischof aus. Als Hirte darf er «sein Gesicht nicht verlieren» (vgl. «Ich kenne die meinen und die meinen kennen Mich». Joh 10,14), indem an seine Stelle ein Abstraktum tritt, ein Seelsorgeteam, das die Herde weidet ohne den Priester als letztverantwortlichen guten Hirten in seiner Mitte sichtbar zu machen oder zu akzeptieren.
Daraus folgt: Aufgrund des sakramentalen Charakters der Kirche gibt es kein ungeweihtes Leitungsamt. Schon das Konzil von Trient wollte die Einheit von Leitung und Weihe. Das Zweite Vatikanische Konzil hatte mit dem Begriff der «actuosa participatio» nicht die Klerikalisierung der Laien vor Augen und auch keinen Aktivismus durch sie im Chorraum. Die genuine Aufgabe der Laien ist vielmehr, in allen Bereichen der Gesellschaft prophetisch am Werk zu sein als Sauerteig, Salz der Erde und Licht der Welt. Dort liegt auch ihre eigentliche christliche Berufung (kategoriale Mitarbeit in der Seelsorge).
Leider muss man sagen, dass seit dem Konzil gegen diese ekklesiologischen Grundwahrheiten, die mit dem Priestertum und der sakramentalen Struktur der Kirche verbunden sind, weltweit massenhaft verstossen wurde. Anstatt dass sich die Laien auf Grund ihrer Taufe in alle gesellschaftlichen Bereiche mit prophetischer Ausstrahlung und eigenen Kompetenzen einbringen, wurden sie klerikalisiert und mit priesterlichen Leitungsaufgaben betraut. Der Priester wurde sogar an vielen Orten zu ihrem sog. «priesterlichen Mitarbeiter» herabgestuft, dort nämlich, wo Laien vollumfänglich die Gemeindeleitung übernommen haben, unter ihnen auch Frauen. Die sogenannten (Laien-) Gemeindeleiter, die es als Gegenmodell zum Priester gar nicht geben dürfte, haben den Priester zum Teil verdrängt oder marginalisiert. Sie hindern ihn zum Teil sogar an der Ausübung seiner genuin priesterlichen Aufgaben wie die Feier der Hl. Eucharistie an Sonn- und Feiertagen. Sie möchten selbst vor die Gemeinde hintreten, predigen und die hl. Kommunion austeilen. Dies geschieht bei uns zum Teil auch dort, wo Priester zur Verfügung stehen. Das heisst: Laien machen dasselbe aufgrund einer Missio (eine kirchliche Beauftragung durch den Bischof), was die Priester und Diakone nur aufgrund ihrer Weihe tun (dürfen): zum Beispiel die Verkündigung des Evangeliums und die Predigt. Das ist subversiv gegenüber der sakramentalen Struktur der Kirche und unterminiert sie de facto. Der Priester wird vielerorts nur noch als Mitarbeiter und Spender der Sakramente geduldet. Die Planspiele, den Priester auf die Spendung der Hl. Eucharistie und der Beichte zu reduzieren, die in unseren Breitengraden zum Teil bereits umgesetzt worden sind, sind für das Priestertum, für die Sakramentalität der Kirche als universalem Heilssakrament und für Priesterberufungen fatal. Man muss ihnen mit aller Kraft entgegentreten, denn sie sind durch die apostolische Tradition in West und Ost in keiner Weise gedeckt.
[1] Für die folgenden meine Ausführungen übernehme ich die theologischen Überlegungen von Papst Johannes Paul II. wie er sie 2001 in einer Ansprache bei der Vollversammlung der Kleruskongregation vorgetragen hat: Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung der Kongregation für den Klerus (23. November 2001): AAS 94 (2002), S. 214-215.
[2] : SC 33; LG 12 u. 28; PO 2 u. 12.
[3] Für meine Ausführungen übernehme ich die theologischen Überlegungen von Papst Johannes Paul II. wie er sie 2001 in einer Ansprache bei der Vollversammlung der Kleruskongregation vorgetragen hat Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung der Kongregation für den Klerus (23. November 2001): AAS 94 (2002), S. 214-215.
[4] Vgl. Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung der Kongregation für den Klerus (23. November 2001): AAS 94 (2002), S. 214-215.
[5] Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung der Kongregation für den Klerus (23. November 2001): AAS 94 (2002), S. 214-215.Vgl. Instruktion der Kongregation für den Klerus „Der Priester, Hirte und Leiter der Pfarrgemeinde“ vom 4. August 2002.
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