Diese „Weihe ist Hingabe des Erzbistums Berlin und seiner Menschen an Jesus und Maria“

17. August 2020 in Spirituelles


Berliner Erzbischof Koch: „Wir weihen nicht nur uns Katholiken. Wir legen Christus und seiner heiligen Mutter alle Menschen ans Herz, die hier in Berlin, in Brandenburg und in Vorpommern leben –ob sie unseren Glauben teilen oder nicht…“


Berlin (kath.net/peb) kath.net dokumentiert die Predigt des Berliner Erzbischofs Heiner Koch Predigt am 16. August 2020 zu Mariä Aufnahme in den Himmel und zur Weihe des Erzbistums in voller Länge:

Als ich vor sechs Wochen innerhalb von zwei Tagen wegen einer Herzoperation zum zweiten Mal in den Operationssaal geschoben wurde, war es für mich keine Frage, dass ich aus ihm wieder würde herauskommen. Die Frage war nur: Wohin? In diesem Augenblick habe ich ganz intensiv gespürt, wie unverfügbar im Grunde mein Leben ist und wie begrenzt die Möglichkeit meines Handelns. Ich habe mich dann sehr bewusst in die Hände der Menschen, denen ich vertraute, und vor allem in die Hände Gottes gegeben.

Auch die Coronakrise macht es deutlich: Vieles verstehen wir in seiner letzten Tiefe nicht: weder die Welt, noch uns Menschen und unsere Geschichte. Vor allem können wir den unendlichen Gott nicht erklären. Wir haben dies alles auch nicht im Griff. Ein kleiner Virus ist es, der unsere Allmachtstheorien entzaubert. Dies alles kann sehr heilsam sein für den Menschen: Demut ist oft ein viel angemessenerer Weg zu einem guten, erfüllten Leben als menschliche Hochmut und Überheblichkeit.

Auch in der Geschichte unseres Erzbistums gab es –kirchlich und gesellschaftlich –viele Unsicherheiten. Vor 90 Jahren, zur Zeit seiner Gründung, die Weltwirtschaftskrise, die die Menschen verunsicherte, und in den folgenden Jahrzehnten der Zweite Weltkrieg, die Unrechtsregime, die Teilung unseres Vaterlands, der oft mühsame Weg in die Freiheit und heute eben die Unsicherheit der Corona-Krise.

Aber auch die katholische Geschichte unserer Region vor Bestehen des Bistums Berlin war von Unsicherheiten geprägt. Die vier Gründungsbistümer Brandenburg, Havelberg, Kammin und Lebus, auf deren Tradition wir uns bis heute berufen und deren Wappen ich in meinem Bischofswappen trage, wurden aufgehoben oder zerstört. Das heißt: Formal gab es hier keine Katholiken mehr; in Brandenburg und Pommern lebte die katholische Kirche im Verborgenen. Als sich im 18. Jahrhundert katholisches Leben wieder ansiedeln durfte, ging auch das nur Schritt für Schritt. Auch damals: Unsicherheit. Die Menschen wussten, wie wenig Sicherheit sie geben konnten.

Aber gerade in diesem Wissen um die eigene Begrenztheit haben sich in diesen 90 Jahren so viele Menschen in den Dienst Christi und der Kirche für alle Menschen gestellt. Ihnen gilt heute, an diesem Jubiläumstag, unser Dank und unser Herzenswunsch: Gott möge es ihnen vergelten. Auf ihren Schultern dürfen wir heute weiterwirken für alle Menschen in Berlin, Brandenburg und Vorpommern, damit weiter gilt, was uns der Ministerpräsident von Brandenburg, Dr. Dietmar Woidke, zu unserem Jubiläum für Brandenburg geschrieben hat: „Die Katholische Kirche hat ihren festen Platz in Brandenburg. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass die Gesellschaft zusammenbleibt. Ich bin dankbar dafür, dass sich das Erzbistum Berlin für dieses Ziel einbringt.“

Allerdings führt manche Menschen die Situation der Unsicherheit auch in Fatalismus: „Was soll all unser Sorgen, es kommt doch, wie es kommen soll, das Schicksal verändern kannst Du ohnehin nicht“. Die Erfahrung unserer Begrenztheit kann aber auch zu einer großen Alternative führen, zu einem tiefen Gottvertrauen. Hinter allem in unserem Leben steht der gute Gott, in dessen Herzen wir geborgen sind, auch wenn wir ihn manchmal nicht sehen noch verstehen.

Fatalismus und Gottvertrauen: Beides sind Entscheidungen des Glaubens, vor denen jeder Mensch steht. Am heutigen 15. August feiern wir Katholiken das Fest Mariä Himmelfahrt. Wir feiern, dass das Leben mehr ist, als das, was wir in unserer Begrenztheit wahrnehmen und gestalten können: Unsere Heimat ist im Himmel, lesen wir in der Bibel (Phil 3,20). Wir sind und bleiben, auch in der Zukunft, geborgen in den guten Händen Gottes, lautet die frohe Botschaft dieses Tages. Maria hat die Wahrheit dieser Glaubensaussage erfahren, weil sie sich mutig und mit all ihren Fragen und Unsicherheiten auf diesen Gott verlassen hat.

Wir weihen in diesem Gottesdienst unser Erzbistum den Herzen Jesu und Mariens. Das ist ein Ausdruck unseres Glaubens, dass es einen guten Gott gibt, der für jeden Menschen in seiner konkreten Situation ein Herz hat und zu ihm steht in Glück und Leid, in Hoffnung und Schuld, in Not und Tod. Wir stehen damit in einer Tradition unseres Bistums: Schon der erste Berliner Bischof, Christian Schreiber, hatte den Wunsch, das Bistum dem Herzen Jesu zu weihen. Umgesetzt hat diesen Wunsch sein Nachfolger Nikolaus Bares, der am1934 die Weihe beim Märkischen Katholikentag in Hoppegarten vollzog. Konrad Kardinal Preysing hat diese Weihe 1944 und 1948 zweimal erneut.

Sich-Weihen bedeutet ja auf der einen Seite, mit dem heiligen Papst Johannes Paul II. gesprochen, „ein Sich-Schenken und Sich-Verpflichten gegenüber Jesus Christus, dem König der verlorenen Söhne“, und gegenüber seiner Mutter. Die Weihe ist Hingabe des Erzbistums Berlin und seiner Menschen an Jesus und Maria.

Sie ist zugleich Antwort und Nachvollzug der längst vorausgegangenen Hingabe Jesu und seiner Mutter an uns und unser Erzbistum. Erst gibt sich Gott uns, in seiner Liebe geben wir uns dann einander und den Menschen an unserer Seite in unserer Gesellschaft. Schließlich schließt Sich-Weihen die Bereitschaft ein, durch diese wechselseitige Hingabe die Welt und ihre Geschichte zu gestalten und zu prägen. Christus und seine Mutter verbinden und vereinigen sich mit uns und wir mit ihnen für die ganze Welt. Die Kirche darf nicht zum Selbstzweck werden, der sich nur um sich selbst sorgt. Wir sind heute und in Zukunft Kirche für alle Menschen und die ganze Gesellschaft.

Das bedeutet für uns: Wir weihen nicht nur uns Katholiken. Wir legen Christus und seiner heiligen Mutter alle Menschen ans Herz, die hier in Berlin, in Brandenburg und in Vorpommern leben –ob sie unseren Glauben teilen oder nicht, in welcher Lebenssituation auch immer sie stehen, worauf immer sie auch bauen und hoffen. Wir empfehlen Gott „alle Menschen und die ganze Schöpfung“, wie wir gleich im Weihegebetbeten werden. Wir sind von Gott behütet! Amen.

Foto zur Weihe des Erzbistums Berlin an die Herzen Jesu und Mariens (c) Erzbistum Berlin

Siehe auch auf kathtube die pdf-Datei: Gebetsbildchen zur Weihe des Erzbistums Berlin an die heiligsten Herzen Jesu und Mariens


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