13. September 2020 in Spirituelles
Stets hochaktuelle Worte des verstorbenen Erzbischofs Joachim Kardinal Meisner: Auszug aus einer Predigt über das Kreuz im Petersdom 2013 bei Ministrantenwallfahrt – Von Juliana Bauer
Köln-Vatikan (kath.net) Durch einen Zufall entdeckte ich in einem Video im Internet vor gut zwei Jahren eine fesselnde Predigt des verstorbenen Alterzbischofs von Köln, Joachim Kardinal Meisner. Er hielt sie bei der Ministranten-Wallfahrt 2013 in Rom und widmete darin dem Kreuz eine faszinierende Betrachtung.
Der inmitten der unzähligen Jugendlichen ebenso jugendlich wirkende Geistliche, der zum letzten Mal als amtierender Erzbischof von Köln die Ministranten seines Erzbistums begleitete, zog diese mit seiner lebendigen Überzeugungskraft und seiner ihm ureigenen Begeisterung für Christus in seinen Bann. Diese dankten es ihm mit einem überwältigenden Applaus.
„Liebe Freunde“ rief er den zahlreich im Petersdom versammelten Ministranten und Ministrantinnen zu, „ihr seid alle Kreuzesleute!“ Zuvor schlug er, in das Thema einsteigend, den Bogen vom Kreuz im Dom der Weltkirche zu den Kreuzen in den Heimatkirchen. „Ihr seid Kreuzesleute. Ihr seid getauft mit dem Kreuz, ihr seid gefirmt mit dem Zeichen des Kreuzes, … eure Eltern segnen euch mit einem Kreuz auf die Stirn. … Viele Frauen und Mädchen tragen ein Kreuz auch als Schmuck, ein Bischof trägt das Kreuz auf seiner Kleidung.“
Ja, ich sehe viele Bischöfe, die das Kreuz auf ihrer Brust tragen. Mutige Bischöfe, die nicht dem politischen Zeitgeist verfallen, haben auch unzweifelhaft das andere Kreuz Jesu zu tragen: „Wer mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich…“ Dennoch erinnere ich mich bei diesem Satz des unerschrockenen, 2017 verstorbenen Erzbischofs an ein Ereignis aus dem Jahr davor, das hohe Wellen schlug und bei vielen Christen noch nicht vergessen ist: das Versteck-„Spiel“ zweier namhafter deutscher Bischöfe auf dem Tempelberg zu Jerusalem. Wo diese ihre Kreuze und damit ihre Zugehörigkeit zu Christus vor Muslimen unter ihrer Amtsrobe verbargen, offensichtlich aus politisch gleichgeschalteter „Rücksichtnahme.“ Es ist kein Kommentar von Kardinal Meisner dazu überliefert. Seine Antwort aber ist in einem einprägsamen Satz seiner Predigt zu finden: „Wir Christen, wir sind Kreuzesleute. Und darauf können wir stolz sein.“
In einem umfassenden und eindringlichen Bild erläuterte der Erzbischof den Kindern und Jugendlichen im Folgenden das Kreuz. Sein Augenmerk galt dabei den beiden Linien: der Horizontalen, die er die „Weltlinie“ nannte und der Vertikalen, von ihm als „Gotteslinie“ bezeichnet
Der Waagerechten, der Weltlinie, schenkte er zuerst seine Betrachtung. Auf ihr sah er alle Menschen dieser Erde: die Verstorbenen, die jetzt Lebenden und die zukünftig Lebenden. Er sah die immense Last dieser Waagerechten und erkannte zugleich auch die Sackgasse der Menschen, die sich nur der Horizontalen verschreiben: „Es gibt dort keinen Aufstieg nach oben, es geht nur nach rechts oder links. Der Mensch kommt nicht über sich selbst hinaus.“ Daraus folgernd setzte er die Weltlinie mit dem „großen Minus der Welt“ gleich – eine Minuslinie, die jedoch, wie Kardinal Meisner anschaulich darlegte, von der anderen Linie, der Vertikalen, der Gotteslinie, durchkreuzt werde. Er verglich das Herabkommen Jesu auf diese Erde mit der vertikalen Linie des Kreuzes, Jesu Kommen mit der Durchkreuzung alles Irdischen, welches „aus dem Minus der Welt das große Plus machte… Und deshalb sind wir Christen alle Plustypen!“
Dem „wichtigsten Punkt“ der Horizontalen, dem Kreuzungspunkt, von wo aus der Weg nach oben führe, widmete der Erzbischof einige zusätzliche Gedanken. Er erkannte in diesem Punkt die Gegenwart Christi und zog an dieser Stelle die Verbindung zwischen dem Kreuzungspunkt und den Orten, an denen Christus für die Gläubigen gegenwärtig ist: im Tabernakel und in der Heiligen Messe. Im Zitat der Akklamation aus dem eucharistischen Hochgebet „Deinen Tod oh Herr verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir“ stellte er für „seine Messdiener“ die untrennbare Einheit von Jesu Tod und Auferstehung heraus – um dann die jungen Menschen noch einmal mit der für ihn charakteristischen Glaubensfreude wortgewaltig daran zu erinnern, dass sie „Kreuzesleute“ seien (eine Wortprägung, die er analog zu seiner vielfach gemachten Aussage formulierte, dass Christen „Auferstehungsleute“ sind): „Du kannst mit Stolz sagen: ich bin ein Kreuzesmann oder ein Kreuzesmädchen. Wir brauchen keine Minderwertigkeitskomplexe zu haben, wir haben Grund auf unsere Berufung stolz zu sein…! Wir können mit geradem Rücken und erhobenem Haupt durch die Welt gehen… Denn wir sind wer, wir sind Kreuzesfrauen und Kreuzesmänner. Wir haben Zukunft!“
Joachim Kardinal Meisner - Die Predigt bei Eröffnungsmesse der Ministrantenwallfahrt in Rom/Petersdom 2013 in voller Länge: „Liebe Freunde, ihr seid alle Kreuzesleute!“
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