Kardinal Hollerich: Corona-Pandemie hat Säkularisierung Europas beschleunigt

12. September 2020 in Weltkirche


‚Kulturkatholiken’ würden nicht in die Messe zurückkommen, nachdem öffentliche Gottesdienste wieder erlaubt sind. Die Kirche müsse die Entwicklung in Demut annehmen und mit missionarischen Strukturen darauf antworten.


Rom (kath.net/CNA/jg)

Die Säkularisierung Europas ist durch die Covid-19-Pandemie um zehn Jahre vorangetrieben worden. Zu dieser Einschätzung kam Kardinal Jean-Claude Hollerich, der Erzbischof von Luxemburg, in einem Interview mit L’Osservatore Romano am 2. September.

 

Der Kardinal rechnet mit einem Rückgang der Gottesdienstbesuche nach der Pandemie. Auf die Frage, ob die Kirche Europas gestärkt oder geschwächt aus der Krise hervorgehen werde, antwortete er ausgehend von Beobachtungen in Luxemburg, dass die Zahl der Teilnehmer an den Sonntagsmessen weiter zurückgehen werde. Die „Kulturkatholiken“ hätten während der Einstellung öffentlicher Gottesdienste festgestellt, dass sie sehr gut ohne die heilige Messe auskommen könnten und würden nicht mehr zurückkehren.

 

Er sei sich ziemlich sicher, dass sogar die Zahl der Erstkommunionen und die Teilnehmer an Kinderkatechesen weniger werden. Er wolle sich aber nicht beklagen, denn dieser Prozess hätte auch ohne Pandemie stattgefunden, hätte aber vielleicht zehn Jahre länger gedauert, sagte Kardinal Hollerich.

 

Die Kirche Europas müsse diese Entwicklung mit Demut annehmen, betonte Hollerich, der auch Vorsitzender der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union (COMECE) ist. Sie müsse sich besser organisieren, um christlicher zu werden. Sonst könnte die christlich geprägte Kultur nicht länger bestehen, sie habe keine Lebenskraft mehr. Die Kirche müsse verstehen, was auf dem Spiel stehe, warnte er und schlug vor, mit neuen missionarischen Strukturen auf die Situation zu antworten.

 

Auch das säkulare Europa sei bereit, christliche Ideen anzunehmen, sagte Hollerich und nannte die Enzyklika „Laudato si’“ von Papst Franziskus als Beispiel. Das säkulare Europa zeige sich manchmal in christlichen Kleidern. Doch dürfe man sich nicht täuschen lassen. Das seien nur Kleider. Hier sei nicht das Christentum oder das Evangelium am Werk, „es ist nur ein Karneval“, sagte Hollerich wörtlich.

 

 

© Foto: Armin Schwibach

 


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