19. September 2020 in Prolife
Ökumenischer Gottesdienst mit Erzbischof Koch - Die Frage nach dem Schutz des ungeborenen Lebens wichtige Fragen im dreißigsten Jahr nach der Wiedervereinigung - Ein Bericht vom Marsch für das Leben in Berlin von Peter Winnemöller
Berlin (kath.net)
Am heutigen Marsch für das Leben nahmen trotz der Beschränkungen durch die Coronamaßnahmen mehr als 3000 Menschen teil. Im Vorfeld wurde versucht, die Demonstration mit den Anti-Coronademonstrationen, die es jüngst in Berlin gegeben hatte, in Verbindung zu bringen. Dem erteilte die Vorsitzende des BvL eine klare Absage und betonte auch zu Beginn der Veranstaltung, dass man sich an die Maßnahmen, besonders Abstand und Masken, halten solle. Der Weg zur Kundgebung gestaltete sich schwierig, da die Polizei extrem großräumig abgesperrt hatte. Zudem sind in Berlin S-Bahnverbindungen auf Grund von Corona eingestellt worden. Die Absperrmaßnahmen hatte allerdings auch einen völlig reibungslosen Verlauf des Demonstrationszuges zum Ablauf. Störer kamen kaum oder gar nicht in die Nähe der Demonstration.
Auf der Kundgebung vor dem Marsch sprachen Johannes Singhammer, früherer Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Ulrich Parzany, der langjährige CVJM- Vorsitzende, sowie die Jugend für das Leben. Eine Mutter berichtete von Schicksal ihres sterbenskranken Kindes und der schweren, aber doch sehr richtigen und befreienden Entscheidung, das Kind auszutragen.
Nicht nur der Anfang, auch das Ende des Lebens bedarf des Schutzes. Ulrich Parzany betonte, das diesjährige Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum assistieren Suizid sei ein Dammbruch. „Als wäre das nicht schlimm genug, behauptet jetzt der Bischof der evangelischen Landeskirche von Hannover, auch theologisch müsse man einem Menschen zugestehen sich selbst zu töten und das auch in kirchlichen Einrichtungen ermöglichen. Parzany zeigte sich über diese Aussage entsetzt.
Für das musikalische Rahmenprogramm konnte der BvL die Outbreakband gewinnen. Bernarda Brunovic, bekannt aus „The Voice oder Germany“ trug ein eigens für sie geschriebenen Pro-Life- Lied vor. Wegen der recht starken Beschränkungen, die viele Menschen im Land an der Teilnahme vor Ort hinderten, übertrug der katholische Fernsehsender EWTN die Kundgebung live.
Wie in jedem Jahr schloss sich an den Demonstrationszug ein ökumenischer Gottesdienst an, dem der koptische Bischof Anba Damian und Erzbischof Heiner Koch vorstehen. Sollten. Bischof Damian kam nicht zum Brandenburger Tor durch. Erzbischof Heiner Koch kam erst mit großer Verspätung an. In seiner Predigt betonte der Erzbischof von Berlin, der regelmäßig am Marsch für das Leben teilnimmt, den Wert jedes Lebens. „Die Frage nach dem Schutz des ungeborenen Lebens und den Möglichkeiten der Manipulation des menschlichen Erbgutes, die Frage nach Freiheit und Lebensschutz[…]“, bezeichnete der Erzbischof als wichtige Fragen im dreißigsten Jahr nach der Wiedervereinigung. Koch betonte die Einzigartigkeit eines jeden Menschen und seine Würde: „Mensch, vergiss Deine Größe und Würde nie, vergiss sie nicht und fördere die Größe eines jeden Menschen in jeder seiner Lebensphasen. Mensch, Du und Dein Mitmensch, Ihr seid groß und Ihr bleibt groß über den Tod hinaus.“, schloß der Erzbischof seine Ansprache.
Mit dem Segen von Bischof Voderholzer, der hilfreich eingesprungen war und dem Schlusswort der Vorsitzenden des BvL endete der diesjährige Marsch für das Leben. Im nächsten Jahr wird man sich am 19 September in Berlin zum Marsch für das Leben versammeln, um den Kampf um den Schutz des menschlichen Lebens fortzusetzen. Schon vorher findet vom 12. Bis 14. März in Schwäbisch- Gmünd ein Lebensrechtskongress statt.
kath.net dokumentiert die Predigt von Erzbischof Heiner Koch beim Marsch für das Leben - Predigt im Ökumenischen Gottesdienst am 19. September 2020, vor dem Brandenburger Tor
Am 18. März 2020 verlässt ein Konvoi von 30 Militärlastwagen die Stadt Bergamo. Weil wegen der Pandemie der städtische Friedhof überlastet ist, müssen die Verstorbenen zum Einäschern in die Nachbarregion gebracht werden. Danach wiederholten sich derartige Bilder weltweit. Unfassbar, dass im April in New York viele Verstorbene ohne Sarg und nur im Leichensack, per Gabelstapler in Kühllaster verladen wurden wie Massentransportgut. Diese Bilder lösten in vielen, die sie sahen, die Frage aus: Was ist der Mensch, was ist eigentlich seine Größe, seine Würde, was ist sein Leben? Die Frage nach dem Leben, nach dem Lebenswerten, dem Lebensrecht und dem Lebensschutz bestimmt seitdem in vielen Bereichen die persönlichen und die gesellschaftlichen Diskussionen in diesem Jahr 2020, in dem vor 30 Jahren Deutschland wiedervereint wurde: Die Frage nach dem Schutz des ungeborenen Lebens und den Möglichkeiten der Manipulation des menschlichen Erbgutes, die Frage nach Freiheit und Lebensschutz, die Frage nach der Zerstörung der menschlichen Umwelt, die Frage nach Flucht und Migration, die Frage nach dem Sinn des menschlichen Lebens in den furchtbaren Katastrophen dieses Jahres, die Frage nach Leid und Sterben und Menschenwürde.
Das Jahr 30 nach der Wiedervereinigung Deutschlands ist zu einem Jahr der Frage nach dem Leben und dem Schutz des Lebens des Menschen geworden. 107 Milliarden Menschen haben bisher auf der Erde gelebt, so sagen die Wissenschaftler. Aber jeder unter diesen Menschen ist ganz einmalig in seiner Geschichte, in seinem Körper, in seinem Geist, in seinen Eltern, in den Menschen, mit denen er zusammenlebt, im Glück, das ihm wiederfährt, in den Chancen, die ihm gegeben wurden, in seinem Leid und in seiner Krankheit. Jeder Mensch ist groß, denn jeder Mensch ist einmalig. Diese Einmaligkeit macht seine Würde aus: Du bist einmalig begabt.
Du bist aber auch einmalig beauftragt. Kein Mensch hatte vor Dir die Aufgaben, die sich in Deinem Leben Dir stellen. Mag sein, dass andere Menschen sich ähnlichen Herausforderungen ausgesetzt sehen, aber es waren höchstens ähnliche. Nur Du, Mensch, kannst sie mit Deinen Möglichkeiten und Fähigkeiten auf Deine Weise meistern. Das macht Deine Größe aus. Du bist einmalig beauftragt.
Als Christen glauben wir, dass diese Größe des Menschen in seiner Begabung und in seiner Beauftragung gründet, in der Begnadigung durch Gott: Gottes Gnade lässt Dich leben. Gottes Gnade stärkt Dich. Gottes Gnade hält Dich im Leben und im Sterben: Du bist und bleibst deshalb einmalig und groß, immer und ewig.
Deshalb kämpfen wir als Menschen und als Christen für die Würde und Größe des Menschen und für sein Lebensrecht in jedem seiner Lebensaugenblicke: Wir kämpfen für das Lebensrecht des ungeborenen Kindes genauso wie für das Lebensrecht dessen, der in den Augen der Gesellschaft gering geachtet wird. Wir kämpfen für die Lebenswürde des Migranten und Flüchtlings genauso wie für die des Kranken, des Leidenden und des Sterbenden. Deshalb schützt unser Grundgesetz jeden Menschen in all seinen Lebensphasen, auch das ungeboren Kind ausdrücklich und nachdrücklich. Auch dieses Grundgesetz ruft uns zum Schutz des Lebens in die Verantwortung.
Wenn wir Grenzen des Lebensrechtes setzen würden, dann würden wir diese auch uns selbst setzen und unsere Größe und Einmaligkeit, ja unser ganzes Leben als Mensch zerstören. Wenn wir Menschen anderen Menschen helfen zu leben, helfen wir uns zu leben. Lebensschutz des anderen ist immer auch Schutz des eigenen Lebens. Nicht nur heute rufen wir uns und allen Menschen deshalb in Erinnerung: Mensch, vergiss Deine Größe und Würde nie, vergiss sie nicht und fördere die Größe eines jeden Menschen in jeder seiner Lebensphasen. Mensch, Du und Dein Mitmensch, Ihr seid groß und Ihr bleibt groß über den Tod hinaus.
Foto: (c) Peter Winnemöller
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