23. Oktober 2020 in Kommentar
Sind die Aussagen von Papst Franziskus zur Zivilehe für Homosexuelle doch etwas anders als ursprünglich medial kolportiert? - Eine Detailuntersuchung und ein Kommentar zum Dokumentarfilm "Francesco" - Von Roland Noé
Vatikan (kath.net/rn)
Sind die Aussagen von Papst Franziskus zu Zivilehe für Homosexuelle im Dokumentarfilm „Francesco“ doch etwas anders als ursprünglich medial kolportiert? Wie sich jetzt herausstellt, wurden in dem Film offensichtlich zwei Papstaussagen zum Thema "Homosexualität" zusammengeschnitten und diese als eine Aussage verkauft. Regisseur Evgeny Afineevsky erklärte diese Woche gegenüber Journalisten, dass die Passagen über die Zivilunion für Homosexuelle aus einem Interview aus dem Jahr 2019 mit der mexikanischen Journalistin Valentina Alazraki stammen. "Was wir machen müssen ist ein Gesetz des zivilen Zusammenlebens. Sie haben das Recht, gesetzlich abgesichert zu sein!", sagte Franziskus damals wörtlich im spanischen Original. In der spanischen Sprache gibt es einen Ausdruck für die Zivilehe, dieser wurde aber von Franziskus hier nicht verwendet. Franziskus sprach von „convivencia civil” und eben nicht von „union civil’ (A.d.Red. kath.net hat sich diesen Wortlaut von einer spanischen Muttersprachlerin, die sich das spanische Original angesehen hat, bestätigen lassen). Problematisch ist in dem Zusammenhang aber eine Erklärung von Erzbischof Victor Manuel Fernandez, einem Theologe, der dem Papst laut einem Bericht von „National Catholic Register“ sehr nahe steht. Dieser behauptet, dass diese Papstaussage in der Substanz her identisch mit dem Wort „Zivilunion“ zu verstehen sei.
Die Aussage über „Homosexualität und Familien“ wurde direkt mit Afineevsky gemacht, der übrigens ein bekennender Homosexueller ist. Diese Aussage an sich wenig problematisch, da Franziskus hier eben nicht vom Recht auf die Gründung einer Familie spricht, sondern von einem Recht „auf eine Familie“ spricht und diese Aussage so zu verstehen ist, dass diese nicht aus den Familien verstoßen werden können. „Sie sind Kinder Gottes und haben ein Recht auf Familie. Niemand soll verstoßen werden oder schlecht behandelt werden“, heißt es wörtlich.
P. Antonio Spadaro, der Direktor der katholischen Zeitschrift „La Civiltà Cattolica“, der als besonderer Papstvertrauter gilt, hat diese Woche gegenüber Journalisten erklärt, dass sich hier in der Lehre nichts verändert hat. Als problematisch wird aber von nicht wenigen Beobachtern die Medienkommunikation des Vatikans gesehen. Journalistenanfragen, die seit Tagen beim Pressesprecher eingehen und um eine Klärung suchen, werden einfach nicht beachtet und ignoriert.
Fragwürdig ist auch, warum ausgerechnet in Zeiten, wo viele Gläubige wirklich massiv andere Sorgen haben (Stichwort Corona, geschlossene Kirche, eingeschränkte Messmöglichkeiten usw.) ausgerechnet im Vatikan, wo zahlreiche andere Veranstaltungen abgesagt wurden, extra ein Filmfestival angesetzt wurde, um so einen Film, der Gläubige nur verunsichert, zu präsentieren und diesen de facto abzusegnen. Es würde ein einziges Wort genügen, um diese Sache zu klären, aber der Vatikan und Papst Franziskus schweigen bis jetzt und lassen die Gläubigen hier alleine. Schade!
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