Der Vatikan bin ich! Praevia licentia Sedis Apostolicae

5. November 2020 in Aktuelles


Nur wenn ‚Roma locuta’ hat, ist die ‚causa finita’. ‚Datum Laterani’: Vatikan (das heißt: der Bischof von Rom) beansprucht letztes Wort bei der Anerkennung von Neugründungen von Gemeinschaften und Kongregationen. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Synodalität, Kollegialität? Ja, aber vom Kopf ausgehend, nicht von unten. Papst Franziskus macht wieder einmal klar: Rom bin ich, der Papst bin ich, Dialog ja, aber nach all der „Parrhesia“ entscheide ich „ex auctoritate“. Mit dem Motu proprio „Authenticum charismatis“, das am 10. November in Kraft tritt, wurde von Franziskus das kanonische Recht bezüglich einer besonderen und auch wichtigen nachkonziliaren Praxis geändert. Ein Bischof muss nun vor der Gründung eines neuen religiösen Instituts in seiner Diözese die Erlaubnis des Heiligen Stuhls einholen, wodurch die Aufsicht des Vatikans über den Prozess weiter gestärkt wird.

Mit dem Motu proprio vom 4. November wurde Kanon 579 des Codex des Kanonischen Rechtes geändert, der die Errichtung von Orden und Kongregationen betrifft (Institute des geweihten Lebens und Gesellschaften des apostolischen Lebens). Der Papst erklärt, ausgehend von seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“: „Ein deutliches Zeichen für die Echtheit eines Charismas ist seine Kirchlichkeit, seine Fähigkeit, sich harmonisch in das Leben des heiligen Gottesvolkes einzufügen zum Wohl aller“ (130).

Daher sei es wichtig festzuhalten: „Die Entscheidung über die Kirchlichkeit und Zuverlässigkeit der Charismen liegt in der kirchlichen Verantwortung der Hirten der Teilkirchen. Sie äußert sich in der fürsorglichen Sorge um alle Formen des geweihten Lebens und insbesondere in der entscheidenden Aufgabe, die Zweckmäßigkeit der Gründung neuer Institute des geweihten Lebens und neuer Gesellschaften des apostolischen Lebens zu beurteilen. Es ist richtig, auf die Gaben, die der Geist in der Teilkirche weckt, zu antworten, indem man sie großzügig und dankbar aufnimmt; gleichzeitig muss vermieden werden, dass unnütze oder zu wenig tatkräftige Institute unüberlegt entstehen“.

Der Vatikan stellte schon 2016 klar, dass der Diözesanbischof per Gesetz verpflichtet ist, den Apostolischen Stuhl zu konsultieren, bevor er einem neuen Institut die kanonische Anerkennung erteilt. Der neue Kanon sieht eine weitere Aufsicht durch den Vatikan vor, indem er vom Bischof die vorherige schriftliche Genehmigung des Apostolischen Stuhls verlangt.

Nach „Authenticum charismatis“ wird sichergestellt, dass der Vatikan die Bischöfe bei der Entscheidung über die Errichtung eines neuen Ordens oder einer neuen Kongregation/Gemeinschaft enger begleitet und dem Heiligen Stuhl ein „endgültiges Urteil“ über die Entscheidung zugewiesen wird. Somit nimmt die Autonomie der Bischöfe ab und es gibt eine Zentralisierung dieser Kompetenz in Rom.

Der Grund für die Änderung liegt in einer Anfrage nach Klärung der Rechtsauslegung, die von der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens 2016 gestellt wurde. Papst Franziskus stellte im Mai 2016 klar, dass Kanon 579 für seine Gültigkeit verlangt, dass sich die Bischöfe bei ihrer Entscheidung eng mit dem Vatikan beraten, auch wenn sie nicht per se eine Genehmigung einholen müssen. Erzbischof José Rodríguez Carballo, Sekretär der Kongregation, erklärte dann im Juni 2016 in einem Beitrag in „L'Osservatore Romano“, dass die Kongregation um Klärung gebeten habe, um die „leichtsinnige“ Gründung von religiösen Instituten und Gesellschaften zu verhindern.

So betont der Papst jetzt: „die neuen Institute des geweihten Lebens und die neuen Gesellschaften des apostolischen Lebens müssen vom Apostolischen Stuhl offiziell anerkannt werden, dem allein das letzte Urteil zukommt“, denn:

„der Akt der kanonischen Errichtung durch den Bischof geht über den alleinigen diözesanen Bereich hinaus und macht ihn für den weiteren Horizont der Weltkirche relevant. In der Tat ist jedes Institut des geweihten Lebens oder jede Gesellschaft des apostolischen Lebens, auch wenn es im Kontext einer Teilkirche entstanden ist, „als Geschenk an die Kirche nicht eine isolierte oder marginale Realität, sondern gehört ihr innig, im Herzen der Kirche als ein entscheidendes Element ihrer Sendung.

In diesem Sinne ordne ich hiermit die Änderung von can. 579 an, der durch den folgenden Text ersetzt wird:

‘Episcopi dioecesani, in suo quisque territorio, instituta vitae consecratae formali decreto valide erigere possunt, praevia licentia Sedis Apostolicae scripto data’“.

PS: ein Kuriosum. Das Motu proprio wurde wieder „datum Laterani“, „aus dem Lateran" gegeben. Vor kurzem erst wurde für diese merkwürdige Erwähnung des Laterans in offiziellen Dokumenten ein ebenso merkwürdiger Grund angegeben: der Papst unterzeichne „aus dem Lateran“, wenn es sich um etwas Pastorales handle. Der Rest komme dann „aus dem Vatikan“ – „ex aedibus vaticanis die“. Nun denn, der „Bischof von Rom“ mit seiner Kathedrale im Lateran und dem Apostolischen Palast samt Fünf-Sterne-Hotel "Santa Marta" im Vatikan – er entscheidet, wie er wo und als was spricht und von wo aus er was sendet. Die Nachwelt wird darüber rätseln können, wieso dann ein derartiger Gesetzestext des absoluten Gesetzgebers (in dem Legislative, Judikative und Exekutive zusammenfallen) „aus dem Lateran“ kommt. 


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