"McCarrick-Bericht": US-Bischöfe geschockt und verärgert

12. November 2020 in Aktuelles


Vorsitzender Erzbischof Gomez: In neuem Vatikan-Untersuchungsbericht dargestellte Ereignisse "tragisches Kapitel" im Kampf der Kirche gegen Missbrauch in eigenen Reihen - Report unterstreiche "die Notwendigkeit, Buße zu tun"


Washington (kath.net/KAP) Die US-Bischöfe reagieren geschockt und verärgert auf die Erkenntnisse aus dem neuen Vatikan-Untersuchungsbericht über die Verfehlungen des früheren Kardinals Theodore McCarrick (90). Der Report unterstreiche "die Notwendigkeit, Buße zu tun", erklärte der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Erzbischof Jose Gomez, am Dienstag (Ortszeit). Bei den in dem Bericht geschilderten Vorgängen handle es sich um "ein weiteres tragisches Kapitel im langen Kampf der Kirche, den Verbrechen des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche entgegenzutreten", so der Erzbischof von Los Angeles unmittelbar nach Veröffentlichung des mehr als 400 Seiten umfassenden Berichts.

In seiner Erklärung entschuldigte sich Gomez namens der Bischöfe bei den Opfern McCarricks. Ihnen gegenüber, aber auch ihren Familien sowie allen Opfern von Missbrauch in der Kirche drückte er seine "tiefe Trauer" aus. Erneut ermutigte der Bischofskonferenz-Vorsitzende auch dazu, Missbrauch den Strafverfolgungsbehörden und den kirchlichen Behörden zu melden.

Der Bericht über McCarricks moralische Verfehlungen sei "beispiellos", so Kardinal Joseph Tobin von Newark, wo McCarrick 15 Jahre lang als Erzbischof arbeitete. Als "schwierig und notwendig" charakterisierte der designierte Washingtoner Kardinal Wilton Gregory den McCarrick-Bericht. Er versprach, "mehr zu sagen", wenn er das Dokument genauer studiert habe - "insbesondere was unsere Erzdiözese Washington betrifft". In einer der politisch wichtigsten US-Diözesen war McCarrick von 2000 bis 2006 Erzbischof.

Der New Yorker Erzbischof Kardinal Timothy Dolan drückte in einer ersten Reaktion "tiefe und aufrichtige Trauer" gegenüber allen aus, die sexuellen Missbrauch erleben mussten. Ausdrücklich dankte er den Opfern, die sich 2018 gemeldet und der Erzdiözese ihre Leiden angezeigt hatten. Dolan nannte die vatikanische Untersuchung einen notwendigen Schritt, um zu verstehen, wie McCarrick in der Kirche so weit nach oben gekommen sei.

Wenige Tage vor Beginn der traditionellen Herbstkonferenz der US-Bischöfe hatte eine Untersuchungskommission am Dienstag nach zweijähriger Arbeit den Vatikan-Bericht über sexuellen Missbrauch und Amtsmissbrauch des einflussreichen Kardinals veröffentlicht, der über Jahrzehnte das Bild der katholischen Kirche in den USA prägte. Der Bericht stützt sich auf Dokumente mehrerer Vatikanbehörden, vier US-Diözesen, zweier US-Seminare und der US-Botschaft des Vatikan. Er wertet Aussagen von 90 Personen aus, darunter auch von Missbrauchsopfern McCarricks.

In dem Dokument geht es um die Frage, wie McCarrick über Jahrzehnte trotz zahlreicher Gerüchte und Hinweise auf sein Fehlverhalten in der Kirchenhierarchie so aufsteigen konnte. Im Ergebnis stellt die Untersuchung fest, dass an verschiedenen Stellen Verantwortliche über Hinweise hinweggesehen hätten und etwa auch der frühere Papst Johannes Paul II. bereits vor zwei Jahrzehnten darum gewusst habe. Den Darstellungen zufolge glaubte Johannes Paul II. jedoch den Unschuldsbeteuerungen McCarricks. Dies auch deshalb, so der Bericht, weil der Papst aus seiner Zeit in Polen Fälle von Verleumdungen gegen Kleriker kannte.

Erst als 2017 die erste konkrete Beschuldigung wegen Missbrauchs eines Minderjährigen in den 1970er Jahren in New York auftauchte, leitete der Vatikan ein Verfahren ein. An dessen Ende standen die Entlassung McCarricks aus dem Kardinalsstand im Juli 2018. Ein halbes Jahr später entließ Papst Franziskus den Ex-Kardinal auch aus dem Klerikerstand.

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