"Ich bin sicher, dass Kardinal Parolin ihm gesagt hat, mich nicht zu sehen. Unfassbar!"

17. November 2020 in Interview


"Sie folgen einer 'Ostpolitik', einer Politik von Kompromissen mit Kommunisten, einer Politik der Aufgabe. Unglücklicherweise folgt auch Franziskus jetzt dieser Linie und ich weiß nicht, warum." - kath.net-Interview mit Kardinal Zen - Von Roland Noé


Wien-Hongkong (kath.net/rn) „Da das Abkommen geheim ist, nützt die Regierung dies, um die Menschen zu täuschen. Dabei werden die Menschen aufgefordert, Sachen zu machen, die von Benedikt XVI. eindeutig nicht erlaubt wurden.“ Das sagt Joseph Kardinal Zen Ze-kiun SDB im Interview mit kath.net. Der emeritierte Bischof von Hongkong kritisiert die Geheimhaltung des Abkommens zwischen der chinesischen Regierung und dem Vatikan: „Nach der Unterzeichnung des Abkommens sahen wir keine Verbesserung, die Verfolgung ist sogar härter geworden, sowohl für die Untergrundkirche als auch für die Kirche, die unter staatliche Kontrolle steht.“

kath.net: Der umstrittene Deal zwischen dem Vatikan und China wurde vor einigen Tagen erneuert. Könnten Sie noch einmal in aller Kürze uns mitteilen, was Sie daran kritisieren?


Kardinal Zen: Mein Haupt-Kritikpunkt ist: Warum wird alles geheim gehalten. Nicht einmal ich als chinesischer Kardinal kann den Inhalt einsehen. Sie sagen, dass es gut ist. Ich glaube dies aber nicht, solange ich den Inhalt nicht in chinesischer Sprache gesehen habe. Aber der Vatikan erklärt uns dann, dass sogar ein schlechtes Abkommen besser als gar keines sei. Das kann ich nicht verstehen. Ich kann ein nicht perfektes Abkommen akzeptieren, aber ich kann kein schlechtes Abkommen akzeptieren, welches gegen unseren Glauben und die Kirchendisziplin agiert.

Da das Abkommen geheim ist, nützt die Regierung dies, um die Menschen zu täuschen. Dabei werden die Menschen aufgefordert, Sachen zu machen, die von Benedikt XVI. eindeutig nicht erlaubt wurden. Sie sagen nun, dass Papst Franziskus sagt, dass dies ok ist. Die Menschen sind verwirrt. Nach der Unterzeichnung des Abkommens sahen wir keine Verbesserung, die Verfolgung ist sogar härter geworden, sowohl für die Untergrundkirche als auch für die Kirche, die unter staatliche Kontrolle steht.

kath.net: Sie waren vor einigen Tagen in Rom und bekamen dort keinen Gesprächstermin bei Papst Franziskus. Warum?

Kardinal Zen: Seit zwei Jahren warten wir in Hongkong auf einen neuen Bischof. Jetzt sagen sie uns, dass dies nicht ohne dem Segen aus Peking möglich ist. Ich reiste nach Rom und bat darum, den Papst zu sehen. Das war nicht möglich. Ich bin sicher, dass Kardinal Parolin ihm gesagt hat, mich nicht zu sehen. Unglaublich!

kath.net: Sie kritisieren ja immer wieder Kardinal Parolin und vertreten die Ansicht, dass der Kardinalstaatssekretär die Politik von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. in Bezug auf die Chinapolitik manipuliert. Wäre es nicht eine Alternative, wenn der Vatikan auf eine Chinapolitik zurückkehrt, die auf dem berühmten Brief von Benedikt XVI. vom 27. Mai 2007 beruht?

Kardinal Zen: Unglücklicherweise folgt Kardinal Parolin nicht dem Brief von Benedikt XVI. Sie folgen einer „Ostpolitik“, einer Politik von Kompromissen mit den Kommunisten, einer Politik der Aufgabe. Unglücklicherweise folgt auch Franziskus jetzt dieser Linie und ich weiß nicht warum. Papst Franziskus hatte immer viel Empathie für mich, aber er folgte nicht meinem Rat.

kath.net: Wie können gläubige Menschen Ihnen helfen? Was können wir für Sie tun?

Kardinal Zen: Information ist sehr wichtig. Sie machen eine großartige Arbeit. Sie finden viele Informationen auch auf meinem Blog. Sie können diese gerne für Ihre Leser übersetzen. Es gibt auch ein Buch (in chinesischer, englischer und italienischer Sprache) „Für die Liebe meines Volkes werde ich nicht schweigen.“ Darum geht es darum, was Benedikt XVI. für die Kirche in China gemacht hat.

kath.net: Ganz herzlichen Dank für das Interview. Gottes Segen für Ihr Wirken!

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