Wie der Wille des Papstes untergraben und missachtet wird

17. Dezember 2020 in Aktuelles


Krippe? Dieses Jahr gibt es keine ‚Krippe’ auf dem Petersplatz. Die Krippe des heiligen Franziskus: das große Werk der Evangelisierung, sollte es sein... Und es ist nicht nur Schuld ‚der Medien’. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Die Ereignisse der letzten Tage lassen die Frage aufkommen: wird Papst Franziskus, der heute seinen 84. Geburtstag feiert, ein ähnliches Schicksal zuteil wie seinem Vorgänger Benedikt XVI.? Beide könnten charaktermäßig nicht unterschiedlicher und ferner sein: der eine ein milder und nibelungentreuer Theologe und Professor, der andere ein auch aufbrausender, harter und gewiefter Politiker mit einem entschlossenen und autokratischen Führungsstil, der seit jüngsten Jahren an Leitungspositionen gewöhnt ist, dies in brisanten und gefährlichen Zeiten (man erinnere sich immer an die Zeit der Militärdiktatur in Argentinien 1976-1983). Und doch scheinen sie etwas gemeinsam zu haben: ein Problem mit den Mitarbeitern, um es ruhig zu sagen.

An zwei Punkten wurde dies in den vergangenen Tagen besonders deutlich: an der Frage „Papst Franziskus und die Abtreibung“ (Medienzensur, sobald Papst Franziskus über Abtreibung spricht) und am Problem der „Krippe auf dem Petersplatz“.

Was „Papst und die Medien“ angeht, wurde viel geschrieben. Der „inner circle“ von Santa Marta hatte von Anfang an alles darauf angelegt, dass die unleugbare, galoppierend-konstruierte Mediengunst nicht geringer und der Papst als „einer von uns“ präsentiert wird. Zweifellos trug Franziskus seinen ganz eigenen Teil dazu bei, indem er an vielen Stellen, Orten und Gelegenheiten seine kontrollierte Spontaneität zum Einsatz brachte (man denke nur an die neue Kultur des „interviewten Papstes“ und die Manipulationsmöglichkeiten, die sich damit eröffneten und die teilweise auch geschickt genutzt wurden).

Nichtsdestoweniger klagte jetzt der Papst über die Art und Weise, wie sich gewisse Menschen in Medien mit ihm schmücken und die „Freundschaft mit dem Papst“ für ihre eigenen Zwecke ausnutzen. Dass an dieser Lage Franziskus nicht ganz schuldlos ist, versteht sich von selbst, obwohl er in seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ hart mit dieser Medienunkultur zu Gericht geht (vgl. Nr. 42-53): die „Täuschung der Kommunikation“ ist der Titel dieses wichtigen Abschnittes, wo von „Aggressivität ohne Scham“, „Information ohne Weisheit“, „Unterwerfung und Selbstverachtung“ die Rede ist. Vielleicht wäre es nicht schlecht diese Abschnitte den wohlbekannten „spin doctors“ des päpstlichen Hofs von Santa Marta zu unterbreiten. Es wäre Aufgabe der Mitarbeiter eines Papstes, genau all diese Dinge fernzuhalten bzw. zu orientieren.

Und jetzt der Skandal der „Krippe auf dem Petersplatz“. Dazu schrieb Philip Pullella, Korrespondent von „Reuters“ in Rom, auf Twitter: „Vatican’s ‚Darth Vader’ nativity scene has gotten so many terrible reviews that, if it were a Broadway play, it probably would have closed on opening night – Die ‚Darth Vader’-Krippe des Vatikans hat so viele schlechte Kritiken bekommen, dass sie, wäre sie ein Broadway-Stück, wahrscheinlich schon am Eröffnungsabend geschlossen worden wäre“.

Der diesjährige Krippenaufbau widerspricht all dem, was Papst Franziskus vor einem Jahr am 1. Dezember zu Beginn der Adventszeit in seinem Apostolischen Schreiben „Admirabile signum“ über die Bedeutung und den Wert der Weihnachtskrippe festhalten wollte. Dieses Schreiben wurde sinnhafterweise in Greccio unterzeichnet, an dem Ort, wo der heilige Franziskus die erste Krippe gewollt und organisiert hatte.

Dem Papst war es ein wichtiges Anliegen gewesen, den Sinn der Weihnachtskrippe für den Glauben und die Glaubensweitergabe festzuhalten. „Das wunderbare Zeichen der Krippe, die dem christlichen Volk so sehr am Herzen liegt“, hebt das Schreiben an, „weckt immer wieder neu Staunen und Verwunderung. Das Ereignis der Geburt Jesu darzustellen bedeutet, das Geheimnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes mit Einfachheit und Freude zu verkünden. Die Krippe ist in der Tat wie ein lebendiges Evangelium, das aus den Seiten der Heiligen Schrift hervortritt“.

Nun, „Staunen und Verwunderung“ stellen sich dieses Jahr auf dem Peterspatz in anderer Form ein, egal ob tagsüber oder des Nachts vor einem mit Neonröhre und elektrischen Lichtbändern auf dem Boden erhellten Aufbau. Die „Figuren“ bestehen aus skandalösen Verzerrungen und Instrumentalisierungen eines heiligen Geschehens (das Schlimmste übrigens wird am Heiligen Abend zu sehen sein, wenn die Jesus-„Statue“ enthüllt werden wird, die dann zwischen Josef und Maria zum Stehen (!!) kommt). Es stellt sich in der Tat die Frage, wer zu einer derartigen Krippe aus den 60ger und 70ger Jahren „geraten“ hat (in der man statt eines Hirten auch einen Astronauten sehen kann, der an Monderoberungsprojekte der 60ger Jahre erinnern soll).

Dann stellt sich die Frage, wer eine derartige Verkehrung gerade in einem dramatischen Jahr wie 2020 genehmigt hat. Nichts könnte dem Ansinnen des Papstes mehr widersprechen als diese Form „moderner Kunst“. Dazu kommt: es kann einem nur leid tun für den kleinen, aber historischen Keramik-Ort Castelli in den Abruzzen, wo die Schule besteht, in der diese „Figuren“ im vergangenen Jahrhundert geschaffen wurden. Castelli ist seit dem 16. Jahrhundert berühmt für seine Keramiken von außerordentlicher Schönheit, die in direkter Beziehung auch zu Spanien stehen.

Aber hören wir, wie Franziskus die Menschen geradezu zur Krippe drängt:

„Der heilige Franziskus hat mit der Schlichtheit dieses Zeichens ein großes Werk der Evangelisierung vollbracht. Seine Lehre ist in das Herz der Christen eingedrungen und bleibt bis in unsere Tage ein authentischer Weg, um die Schönheit unseres Glaubens auf schlichte Weise neu darzulegen. Im Übrigen bringt auch der Ort der ersten Krippendarstellung selbst diese Gefühle zum Ausdruck und ruft sie hervor.“

„Das Aufbauen der Krippe in unseren Häusern hilft uns dabei, die Geschichte, die sich in Betlehem zugetragen hat, neu zu erleben. Natürlich bleiben die Evangelien immer die Quelle, die uns ermöglicht, mit diesem Ereignis vertraut zu werden und es zu betrachten. Und doch sind die Krippendarstellungen eine Hilfe, sich die Szenen vorzustellen; sie wecken unsere Zuneigung und laden uns ein, uns in die Heilsgeschichte einbezogen zu fühlen und dieses Ereignis mitzuerleben, das in den verschiedensten historischen und kulturellen Kontexten lebendig und aktuell ist“: genau dieser Auftrag wird mit der Krippe auf dem Petersplatz vereitelt. Zuneigung zu einem Astronauten, zu einem stehenden Christkind?

„Ich möchte nun die verschiedenen Zeichen der Krippe durchgehen, um die in ihnen enthaltene Bedeutung herauszustellen. Beim Aufbauen beginnen wir zunächst mit dem Hintergrund des Sternenhimmels in der Dunkelheit und Stille der Nacht. Wir tun das nicht nur aus Treue zu den Evangelienberichten, sondern auch aufgrund der dieser Umgebung innewohnenden Bedeutung. Denken wir daran, wie oft Nacht unser Leben umgibt. Nun, selbst in solchen Momenten lässt Gott uns nicht allein, sondern kommt zu uns, um den entscheidenden Fragen nach dem Sinn unserer Existenz eine Antwort zu geben: Wer bin ich? Woher komme ich? Warum wurde ich in diese Zeit hineingeboren? Warum liebe ich? Warum leide ich? Warum werde ich sterben?“: tja jeder Kommentar erübrigt sich, ist doch die diesjährige Krippe sozusagen ein Sinnbild der grausamen Einsamkeit und Verödung.

„Vor der Krippe kehrt man im Geist gern in die Kindheit zurück, als man ungeduldig den Zeitpunkt für den Krippenaufbau erwartete. Diese Erinnerungen machen uns immer wieder neu das große Geschenk bewusst, das uns durch die Weitergabe des Glaubens zuteilwurde. Zugleich erinnern sie uns an die freudige Pflicht, unsere Kinder und Enkelkinder auch an eben dieser Erfahrung teilhaben zu lassen. Es ist nicht wichtig, wie man die Krippe aufstellt; es kann immer gleich sein oder jedes Jahr anders – was zählt, ist, dass sie zu unserem Leben spricht. Wo und in welcher Form auch immer erzählt die Krippe von der Liebe Gottes, des Gottes, der ein Kind geworden ist, um uns zu sagen, wie nahe er einem jedem Menschen ist, egal in welcher Situation er sich befindet“: vor der vatikanischen Krippe 2020 auf dem Platz, der als Gesamtkunstwerk konzipiert ist, kehrt niemand im Geist in die Kindheit zurück.

Feixend und grinsend reicht es gerade mal für ein Selfie vor dem grotesken Aufbau. Es dürfte auch weiterhin keine Gefahr von „Ansammlungen“ vor dem Aufbau bestehen. Insofern handelt es sich um eine der COVID-Zeit gemäße Anlage. Eine „Krippe“ ist es nicht. Und den Menschen wird etwas entzogen und geraubt.

Wie bereits früher muss man auch heute fragen: warum folgen die Mitarbeiter des Papstes dem Willen des Papstes nicht und lassen eine derartige Wüste zu, ja provozieren sie sogar willentlich?

 


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