Corona - "Was mich momentan so richtig aufregt, ist die Diskussion über 'Privilegien' für Geimpfte"

31. Dezember 2020 in Kommentar


"Ich bin kein genereller Impfgegner, habe alle Impfungen, die man so haben 'sollte', ABER..." Gastkommentar von Susanne Wenzel


Berlin (kath.net) Bislang habe ich mich aus dem Thema Corona ja weitgehend und einigermaßen erfolgreich herausgehalten. Natürlich habe ich zu den Maßnahmen meine Meinung, kenne inzwischen sowohl Erkrankte als auch "an", nicht "mit" Corona Verstorbene. Ich folge also weder der einen noch der anderen Seite blind, sondern bediene mich meines Verstandes und meiner Intuition, sehe Ungereimtheiten und logische Schwächen in beiden Argumentationsketten ebenso wie beinahe hysterische Übertreibungen – leider auch auf beiden Seiten. Karl Lauterbach, der schwarze Prinz der Corona-Untergangsprediger, kann allerdings von niemandem getoppt werden. Das ist wohl unstreitig. Allerdings ist das jetzt hier nicht mein Thema. Sein gerade erst decouvriertes faschistoides Gedankengut, mit dem er sicher bei Frau Neubauer und Co. punktet, verdiente eigentlich einen gesonderten Text.

Was mich momentan so richtig aufregt, ist die Diskussion über „Privilegien“ für Geimpfte. Das noch vorab: Ich bin kein genereller Impfgegner, habe alle Impfungen, die man so haben „sollte“, gehe auch immer artig zur Grippeimpfung, seitdem ich viel mit Alten und Kranken zu tun hatte, und würde mich wohl auch – irgendwann, wenn ich die Risiken besser abschätzen kann – gegen Corona impfen lassen, falls das dann noch wirklich notwendig sein sollte. Man beachte den Konjunktiv! Vielleicht bin ich mit der Impfthematik in der Vergangenheit zu sorglos umgegangen ob der möglichen Nebenwirkungen, mag sein. Letztlich muss das aber jeder für sich entscheiden, weshalb ich das auch nicht diskutieren werde. Ich verstehe jeden, der Vorbehalte hat und sich nicht impfen lassen will. Einige sollen ja auch erst einmal auf die Corona-Impfung verzichten, vor allem wenn sie schon früher allergisch auf Medikamente reagiert haben. Dazu könnte ich, ganz nach den zugrundegelegten Kriterien, auch gehören. Dann hätte sich das eh erstmal erledigt.


Meine im Studium erworbenen Arbeitsrechtskenntnisse liegen schon ziemlich in der Vergangenheit. Ich kann mich aber erinnern, dass z. B. die Frage nach Religionsausübung oder nach einer Schwangerschaft im Vorstellungsgespräch unzulässig ist und demzufolge auch nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden muss. Ob es unter erwerbstätigen Frauen deshalb viele „7-Monats-Kinder“ gibt, vermag ich nicht zu beurteilen. Mir ist auch klar, dass manche Berufe bestimmte medizinische Nachweise verlangen. So ist ein Gesundheitszeugnis z. B. in Branchen, die mit Lebensmitteln zu tun haben, üblich. In beiden Fällen kann ich gut folgen.
Den Restaurant-Besitzer oder Kino-Betreiber aber geht es einen feuchten Kehricht an, ob Erna Müller geimpft ist oder nicht. Wo fängt es an, wo hört es auf? Wenn auf dem Impfnachweis bestanden wird, müsste man dann nicht konsequenterweise künftig auch Auskunft darüber verlangen, ob der Wirt oder die Kassiererin denn auch selbst geimpft ist und ob nicht gerade generell irgendwo im Umfeld ein Magen- und Darmvirus umgeht oder dass nur arbeitet oder hereinkommt, wer frei von Husten, Schnupfen und Heiserkeit der normalen Erkältung ist. Wie bitte? Schnupfen kann auch Heuschnupfen sein? Das interessiert nicht und man kann ja schließlich auch Läuse und Flöhe haben. Wer jetzt mit der drohenden Schwere einer Corona-Erkrankung argumentiert, hat noch nie etwas von den fatalen Auswirkungen eher harmloser Krankheiten bei immungeschwächten und schwer vorerkrankten Menschen gehört. Mein Immunsystem ist weitgehend intakt und selbst ich bin mit einer Norovirus-Erkrankung, die bei meiner Mutter schon ausgestanden war, fast im Krankenhaus gelandet. Das gleiche Problem hatte ich ein paar Jahre später mit einem schweren grippalen Infekt, der mich zuerst drei Wochen und nach einer Woche Pause nochmal zwei Wochen ans Bett gefesselt hat. Beides war nicht meine Schuld, in beiden Fällen wurde ich durch unachtsame Dritte den Viren ausgesetzt und infiziert.


Die Diskussion hat viele logische Haken und ist auch sonst ziemlich verbogen. Ehrlicherweise bin ich auch erschüttert, dass ich die FDP dabei auf der falschen Seite erlebe.


Und überhaupt: Wer nach einer Impfung gegen Corona wieder am „normalen“ Leben teilnehmen kann, genießt kein Privileg! Die Gleichung wird eher andersherum aufgelöst: Wer nicht geimpft ist, wird vom „normalen“ Leben ausgeschlossen, stigmatisiert.

Und es geht noch weiter, hieß es doch vor einigen Tagen von einem Mitglied des Deutschen Ethikrates, wer nicht geimpft ist, soll auf mögliche Behandlung im Falle einer Corona-Erkrankung verzichten.


Was machen wir mit Motorradfahrern, mit Ballonfahrern und Drachenfliegern, Bergsteigern, Hochleistungssportlern, Übergewichtigen, Rauchern, Drogenabhängigen? Die Liste ließe sich fortsetzen. Werden sie alle künftig nicht mehr behandelt, wenn sie von der Gefährdung nicht lassen? Was machen wir mit Autofahrern? Unterscheiden wir künftig zwischen Schön-Wetter-Fahrern und Berufsfahrern? Wie soll das aussehen? Wieder stellt sich die Frage: Wo fängt es an, wo hört es auf?
Tragen Nicht-Geimpfte künftig irgendein Zeichen sichtbar an der Brust mit der Aufschrift „Ich bin nicht geimpft“, damit man sie direkt erkennen kann? Da kommen zwangsläufig ungute Erinnerungen hoch an Zeiten, in denen es sehr dunkel war in unserem Land.


Wenn ich irgendwann im Laufe der Zeit zu den Geimpften gehören sollte und ich werde in einem Geschäft, Restaurant, Hotel oder sonst wo nach meinem Impfausweis gefragt, weil mir nur mit der Impfung Einlass gewährt wird, werde ich mit einer entsprechenden und gut hörbaren Erklärung wieder kehrt machen und gehen. Sehr wahrscheinlich wird auch das Wort „Nazi“ darin vorkommen.


Auch eine andere Frage beschäftigt mich ganz besonders, aber vielleicht bin ich da auf dem falschen Pfad: Wie können Menschen ohne Impfung eigentlich Menschen mit Impfung gefährden?


Vielleicht sollten wir erst einmal abwarten, was die für Februar angekündigten Berichte von Biontech/Pfizer ergeben. Dann erst soll nämlich feststehen, ob Geimpfte nicht auch weiter ihre Mitmenschen anstecken können. Damit hätte sich die Impflicht durch die Hintertür erledigt.


Apropos "Impflicht durch die Hintertür": Seit den chaotischen Meldungen der letzten Tage über die angebliche „neue“ Mutation aus UK, die dann nun doch schon seit November auch in Deutschland umgeht, keimt in mir die Vermutung, das alles könnte auch eine riesige Werbekampagne für die Impfung sein, damit man nicht wie bei Tamiflu auf riesigen Beständen sitzenbleibt. Die vielen Milliarden, welche in die Entwicklung der Impfstoffe gesteckt wurden... Verpufft, wenn sich kaum jemand impfen lässt.
Wie sagte heute ein Experte in einem Interview mit einem der Nachrichtensender „Wir sollten nicht so sehr auf die Wirksamkeit“ schauen… Aha. Und auf was dann?

Susanne Wenzel ist die Sprecherin der „Neuen katholische Frauenbewegung“ (NFK).


© 2020 www.kath.net