"Das Opfer kann man nicht opfern"

6. Jänner 2021 in Kommentar


"Wenn man die Messe opfert, dann betreibt man einen Götzendienst und fällt zurück in die Sklaverei." - Gedanken von Dechant Pfarrer Ignaz Steinwender zu kirchlichen Covid-Maßnahmen


Linz (kath.net)

Wir feiern heute den zweiten Sonntag von Weihnachten. Das Thema: Gott ist gekommen, damals zu Betlehem. Gott kommt aber auch in dieser Zeit, in einmaliger Weise in der Heiligen Messe. Die Messe ist sozusagen die Fortsetzung von Weihnachten. Das Wort wird Fleisch auf dem Altar. ER kommt und wir kommen zu IHM. Das ist Weihnachten. Wenn wir, liebe Gläubige, das wirklich bedenken, dann muss es uns mit einer großen weihnachtlichen Freude erfüllen und diese Freude soll andauern.

Gottesdienstbesuch verbessert psychische Gesundheit

Gestern habe ich auf kath.net von einer Studie in Amerika gelesen. Man hat Menschen nach ihrer psychischen Gesundheit gefragt und zwar wie es ihnen heuer geht bzw. erging im Vergleich zum Vorjahr, zum Jahr 2019. Dabei kam heraus, dass der Anteil derer, die ihre seelische Gesundheit als ausgezeichnet angaben, im Jahre 2020 deutlich abgenommen hat, außer bei der Gruppe der Gottesdienstbesucher. Bei dieser Gruppe haben heuer 46 Prozent (im Vergleich zu 42 Prozent im Vorjahr) angegeben, dass ihre seelische Gesundheit ausgezeichnet sei.

Man könnte hier auch unterscheiden zwischen der körperlichen Gesundheit eines Menschen, der psychischen Gesundheit, die eben das Seelenleben des Menschen betrifft und dem Heil des Menschen, das sein Befinden in der Ordnung, in der Gnade Gottes betrifft.

Dass der Messbesuch gut ist für die psychische Gesundheit, das ist für viele Psychologen, auch für Nichtgläubige, geradezu eine Binsenweisheit, für uns Gottesdienstbesucher ist es natürlich auch keine Sensation. So gesehen ist dieser Aspekt der Studie eigentlich nichts Neues.

Die Krise ist zum Heil da!

Näher betrachtet ist es aber interessant zu fragen, warum ist ausgerechnet im Jahre 2020 eine Steigerung der psychischen Gesundheit bei Messbesuchern eingetreten? Gerade da, wo ja eine Krise mit vielen Folgewirkungen hereingebrochen ist?

Jede Krise kann nicht nur eine Chance sein, sondern sie ist zum Heil da, und zwar dann, wenn wir Menschen uns fragen, was Gott uns damit sagen will. In der Krise kommen viele Dinge zum Vorschein, die vorher schwer erkennbar waren oder durch die Oberflächlichkeit verdeckt waren, Gutes, aber auch Schlechtes. Ein Polizist hat mir jüngst erzählt, wie widerlich das Denunziantentum ist, wenn Leute anrufen und die Nachbarn bei der Polizei verpetzen, weil diese sich angeblich nicht an irgendwelche Dinge halten. In der Krise kommt aber auch das Edle von Menschen zutrage. Eine Krise begünstigt oft Entscheidungen und drängt dazu, sich zu besinnen und zu fragen: Was ist denn das Wesentliche.

Die Krise kann uns als Gläubigen z. B. anregen, mehr daran zu denken, was wir am Glauben haben, wer wir als Christen sind und was Gott uns durch die Kirche alles gibt. Ich möchte hier einige Bereiche anführen.

-          Je mehr in unserer Zeit Kontakte verboten, beschränkt oder gemindert werden, desto mehr kann uns Katholiken bewusst werden, dass wir das Charisma (die Gabe der Frömmigkeit) haben, jederzeit mit Gott sprechen zu können. Das geschieht in einmaliger Weise in der Heiligen Messe. Und gerade da könnten wir die unsichtbare Gemeinschaft mit Gott, mit den Heiligen, mit unseren Verstorbenen besonders spüren.

-          Je mehr Zukunftsängste um sich greifen, desto mehr dürfen wir uns wieder erinnern, dass wir an die Ewigkeit glauben dürfen, dass wir auf die Ewigkeit zugehen, dass Christus der Herr der Geschichte und damit auch der Zukunft ist. Das alles relativiert unsere Zukunftsängste. In der Messe begegnen wir schon jetzt dem Ewigen.

-          Je mehr die Einsamkeit Menschen erfasst, desto mehr können wir uns bewusst sein: Wer glaubt ist nie allein. ER ist wirklich da, ER ist immer da, zu IHM können wir jederzeit gehen. Menschliche Einsamkeit können wir sogar nützen, um uns noch mehr mit IHM zu verbinden. Wir dürfen, können und sollen ohne Unterlass beten.

-          Je unberechenbarer die Politik wird, je mehr das Vertrauen unter den Menschen abnimmt, desto mehr dürfen wir uns unserem Herrn anvertrauen. Wir dürfen uns in seine Hand geben, wir dürfen uns in seiner Vorsehung geborgen fühlen. Er stärkt uns, damit wir selbst vertrauensbildend, auf Vertrauen begründet wirken können. In jeder Messe könnten wir uns neu IHM anvertrauen.

-          Wenn uns Einschränkungen treffen, dann dürfen wir besonders verinnerlichen, dass wir freie Kinder Gottes sind durch die Taufe. In dieser inneren Freiheit können wir notwendige Einschränkungen annehmen und sinnlose Einschränkungen als Bekenner ablehnen. Zur Freiheit gehört es auch, Widerstand zu leisten. Die Heilige Messe ist ein echter Ort der inneren Freiheit.

-          Je mehr es in der Gesellschaft oder um uns herum dunkel wird, desto mehr dürfen wir erkennen, dass wir Kinder des Lichtes sind. Christus ist das Licht der Welt. Wenn wir ihm wirklich begegnen, dann haben wir innere Klarheit in den wichtigsten Dingen, dann sind wir orientiert und können Orientierung vermitteln.

Liebe Gläubige: Gerade in dieser Krisenzeit sollten wir die Messe wieder neu entdecken als den wertvollsten Schatz. Johannes Paul II. hat die seinerzeit für das Jahr der Eucharistie geschriebene Enzyklika mit den Worten eingeleitet: „Die Kirche lebt von der Eucharistie.“ Durch die Messe können wir lebendige Christen sein, also wirklich leben. Das II. Vat. Konzil sagt von der Messe, dass sie der Gipfel und die Quelle des Tuns der Kirche ist. Gerade jetzt, wo so vieles nicht mehr möglich ist, wäre es wichtiger denn je, uns den eigentlichen Gipfel und die Quelle zu bewahren. Was wollen wir mehr?

Im Jahre 304 wurden in Nordafrika 49 Gläubige festgenommen und gefoltert, weil sie trotz des kaiserlichen Verbotes die Heilige Messe gefeiert haben. Beim Verhör wurde der Lektor Emeritus gefragt, warum er die Feier zugelassen habe und da lautete die Antwort: „Sine dominico non possumus vivere!“ Das heißt: „Ohne den Sonntag (bzw. ohne die Heilige Messe) können wir nicht leben.“ Alle 49 Christen sind standhaft geblieben und dafür in den Tod gegangen. Sie haben lieber ihre Leben gegeben als auf die Sonntagsmesse zu verzichten. Die Messe, d. h. Gott und die Ewigkeit waren ihnen wichtiger als das Leben. Erzbischof Georg hat einmal gesagt – es war bei der Diakonenweihe von meinem Nachbarpfarrer Jürgen – „Für die heilige Messe würde ich mich erschießen lassen!“

Der größte „Kollateralnutzen“

Heute spricht man oft von Kollateralschäden. Man meint damit: Wenn man etwas Gutes erreichen oder ein Übel verhindern will, dann muss man Begleitumstände, begleitende Schäden oder vielleicht besser gesagt gewisse Opfer in Kauf nehmen. Wenn aber die Kollateralschäden viel größer sind als der Nutzen, dann hat man ein Defizit, dann sind die Opfer nicht sinnvoll, dann könnte man religiös gesehen auch von Götzenopfern sprechen. 

Viele Leute fragen sich oder sagen: Die Kirche soll auch einen Beitrag zur Coronakrise leisten. Ein gläubiger Jurist hat mir jüngst die neuesten Bestimmungen der Covid-19-Verodnung der Bundesregierung und die Bischöfliche Rahmenordnung analysiert, wo es auch um Gottesdienstverbote geht. Und er hat dann dazu vermerkt. „Das Opfer (Anm. das Messopfer) kann man nicht opfern.“ Die Heilige Messe ist das Opfer Christi, d. h. ER hat sein Leben hingegeben, damit wir das Leben in Fülle, die Erlösung, die Ewigkeit haben. Dieses Opfer kann man nicht opfern. Man kann nicht die Messe irgendeinem Zweck unterordnen, weil sie das höchste Gut ist. Wenn man die Messe opfert, dann betreibt man einen Götzendienst und fällt zurück in die Sklaverei.

Es gibt aber nicht nur Kollateralschäden, sondern auch das Gegenteil, ich nenne es einen Kollateralnutzen. Wenn jemand etwas Gutes anstrebt, dafür Opfer bringt, dann gibt es auch begleitende Vorteile.

Wir Gläubige gehen z. B. zur Messe, weil wir Gott danken möchten, wir gehen zur Messe, weil wir zuerst Gott die Ehre geben, wir gehen zur Messe, weil es der Tag des Herrn ist. Indem wir das tun, ernten wir viele sogenannte Kollateralnutzen: Der Herr nimmt uns die Angst, wir werden ermutigt, es stärkt die Familie, es stärkt eben auch die psychische Gesundheit. Wir dürfen inneren Frieden mitnehmen, den Welt nicht geben kann. Wir dürfen eine Glaubensfreude haben, die er uns gibt. Man könnte jetzt eine riesige Liste anführen, aber Jesus drückt dies mit einem Satz aus, wenn er sagt: Suchet zuerst das Reich Gottes, alles andere wird euch dazugegeben. Der größte, unverzichtbare Beitrag der Kirche zur gegenwärtigen Krise wäre die Heilige Messe. Sie ist natürlich viel mehr als ein Beitrag der Kirche, sie ist der „Beitrag Gottes“ das Geschenk Gottes schlechthin, ER selbst.

  


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