11. Jänner 2021 in Prolife
Deutsche kath. Bischöfe lehnen protestantische Forderungen, assistierten Suizid auch in kirchlichen Einrichtungen „anzubieten oder zumindest zuzulassen und zu begleiten“, bemerkenswert klar ab - „Immer auf der Seite des Lebens“. Von Petra Lorleberg
Bonn (kath.net/pl) „Wir sind der Überzeugung, dass die Ermöglichung des assistierten Suizids nicht die richtige Antwort auf die Lebenssituationen von Menschen ist, die Suizidwünsche entwickeln oder Suizidabsichten haben. Nicht die Hilfestellung zum Suizid, sondern die Unterstützung bei der Entwicklung von Lebensperspektiven ist in diesen Situationen geboten. Den subtilen Druck, dem assistierten Suizid zuzustimmen, um am Ende des Lebens anderen nicht zur Last zu fallen, halten wir für eine große Gefahr. Wir glauben, dass dieser Druck sich von Kranken und Sterbenden nicht mehr fernhalten ließe, wenn der assistierte Suizid zu einem Normalmodell des Sterbens würde, das bis in kirchliche Einrichtungen hinein Anwendung fände. Das darf nicht geschehen!“ Mit so klaren Worten wendet sich der Pressesprecher der Deutschen katholischen Bischofskonferenz (DBK), Matthias Kopp, gegenüber kath.net gegen die Forderung hochrangiger Protestanten in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, den durch professionelle Kräfte assistierten Suizid auch in kirchlichen Einrichtungen „anzubieten oder zumindest zuzulassen und zu begleiten“. Kopps Statement findet sich in voller Länge weiter unten in diesem Artikel.
Die FAZ macht auf Twitter auf ihren Artikel mit folgenden Worten aufmerksam: „Namhafte Repräsentanten der evangelischen #Kirche wie der hannoversche Landesbischof Ralf Meister und der Präsident der Diakonie, Ulrich Lilie, werben für die Möglichkeit eines assistierten professionellen Suizids in kirchlichen Einrichtungen.“ In dem auf heute (11.1.) datierenden Gastkommentar statuiert neben dem Diakoniepräsident auch der Vorsitzende der Kammer für öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Reiner Anselm, unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Selbstbestimmung am Lebensende (Februar 2020): Es sei Aufgabe kirchlich-diakonischer Einrichtungen, zusätzlich zur medizinischen und pflegerischen Versorgung auch Rahmenbedingungen für eine Wahrung der Selbstbestimmung bereitzustellen“, einschließlich der Möglichkeit des assistierten Suizids. Der Text ist gemäß Eigenangabe das Ergebnis eines Diskussionsprozesses, bei dem unter anderem auch der Landesbischof Ralf Meister (Hannover) integriert war.
Der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, sagte gegenüber kath.net zum Beitrag „Den assistierten, professionellen Suizid ermöglichen“ von Prof. Dr. Reiner Anselm und Pfarrer Ulrich Lilie in der FAZ vom 11. Januar 2021:
„Aus christlicher Sicht kommt der Freiheit des Menschen, das Leben in jeder Lebensphase nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten, große Bedeutung zu. Eine freiheitliche Rechtsordnung, die sich dem Schutz der Autonomie der menschlichen Person verbunden weiß, ist daher ein hohes Gut. Diese vom Rechtsstaat geachtete Selbstbestimmung muss selbstverständlich auch im Sterben gelten. Dadurch wird jedoch der Suizid nicht zu einer ethisch zustimmungsfähigen Handlungsmöglichkeit.
Uns ist bewusst, dass es Situationen im Leben geben kann, in denen Menschen Suizidwünsche entwickeln oder sich gar zu suizidalen Handlungen gedrängt fühlen. Solche Situationen entziehen sich einer abschließenden moralischen Beurteilung von außen.
Gleichwohl wissen wir, unter anderem aus der Suizidforschung, dass der Suizidwunsch in den meisten Fällen die Folge von Ängsten, Verzweiflung und Aussichtlosigkeit in Extremsituationen ist und eben nicht als besonderer Ausdruck der Selbstbestimmung verstanden werden kann. Respekt vor der Selbstbestimmung bedeutet in diesen Situationen gerade nicht, den Wunsch oder die Entscheidung zum Suizid unhinterfragt hinzunehmen oder den Suizid als normale Form des Sterbens auszuweisen. Ganz im Gegenteil: im Wissen darum, dass Suizidwünsche höchst ambivalent und unbeständig und die Folge hochdramatischer Lebenssituationen sind, erfordert der Respekt vor der Selbstbestimmung in diesen Grenzsituationen ein besonderes Hinsehen und unsere einfühlende Aufmerksamkeit.
Wir sind daher der Überzeugung, dass die Ermöglichung des assistierten Suizids nicht die richtige Antwort auf die Lebenssituationen von Menschen ist, die Suizidwünsche entwickeln oder Suizidabsichten haben. Nicht die Hilfestellung zum Suizid, sondern die Unterstützung bei der Entwicklung von Lebensperspektiven ist in diesen Situationen geboten. Den subtilen Druck, dem assistierten Suizid zuzustimmen, um am Ende des Lebens anderen nicht zur Last zu fallen, halten wir für eine große Gefahr. Wir glauben, dass dieser Druck sich von Kranken und Sterbenden nicht mehr fernhalten ließe, wenn der assistierte Suizid zu einem Normalmodell des Sterbens würde, das bis in kirchliche Einrichtungen hinein Anwendung fände. Das darf nicht geschehen!
Die seelsorgerische Begleitung von Menschen mit Suizidwünschen kann nicht neutral sein: Christliche Seelsorge geht unvoreingenommen auf die Person zu, aber sie richtet eine christliche Hoffnungsbotschaft aus und steht immer auf der Seite des Lebens. Seelsorgerinnen und Seelsorgern nehmen die Menschen so an, wie sie sind, und machen ihnen zugleich ein Orientierungsangebot. Auch unsere kirchlichen und caritativen Einrichtungen haben sich auf diese Weise der Förderung des Lebens verschrieben. Das Ermöglichen von Angeboten des assistierten Suizids in diesen Einrichtungen wäre mit deren Wesenskern nicht vereinbar.“
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