Die „bräutliche Bedeutung des Leibes“

30. Jänner 2021 in Familie


Die Theologie des Leibes als Blog - Von C. Klaus - Dritter Blog-Beitrag


Wien (kath.net)

Dieser Begriff ist eine Wortschöpfung von Johannes Paul II. und beschreibt das Hauptkonzept der Theologie des Leibes. „Der Mensch erscheint in der sichtbaren Welt als der höchste Ausdruck des göttlichen Schenkens, weil er die innere Dimension in sich trägt, die Dimension des Geschenks ist. In dieser Dimension bringt er seine besondere Ähnlichkeit mit Gott in die Welt“ (Katechese 19,3).  Die Sehnsucht, die Gott uns ins Herz gelegt hat, zeigt unsere Berufung. Vor der Erschaffung von Eva konnte Adam seiner Berufung nicht folgen. Er sehnte sich nach einem ihm ebenbürtigen Wesen und suchte danach. Johannes Paul II. bezieht sich auf einen Text des Zweiten Vatikanischen Konzils, Gaudium et spes 24, der die Berufung des Menschen offenbart: „…, dass der Mensch, der auf Erden die einzige von Gott um ihrer selbst willen gewollte Kreatur ist, sich selbst nur durch die aufrichtige Hingabe seiner selbst vollkommen finden kann.“

Als der Mensch noch in der ursprünglichen Unschuld lebte, machte er die wahre Erfahrung der bräutlichen Bedeutung des Leibes. Die ursprüngliche Unschuld ermöglichte die Teilhabe am trinitarischen Leben Gottes. Durch die Gnade Gottes waren Mann und Frau fähig, in einer gegenseitigen Beziehung der Selbsthingabe zu leben. Sie lebten in der Sicherheit der wahren Treue und der wahren uneigennützigen Liebe. Und sie konnten sich gegenseitig als Geschenk annehmen.

In der gefallenen Schöpfung hat Gott noch immer denselben Plan für die menschliche Liebe. Wir alle tragen die Sehnsucht danach in uns. Heute gilt aber das Chaos im Beziehungsleben unserer Gesellschaft als normal, obwohl es nicht mehr dem göttlichen Plan entspricht. Dadurch entstehen viele Spannungen und viel Leid in den Beziehungen. Damit dürfen wir uns aber nicht abfinden. Denn wir sind für Höheres berufen.

Der Leib ist ein Geschenk, weil er geschaffen wurde. Schöpfung bedeutet, etwas aus dem Nichts zu schaffen, und das kann nur Gott. Die Schöpfung ist also die radikalste Gabe. Gott hat die sichtbare Welt für den Menschen geschaffen. Nur der Mensch kann die Schöpfung als Geschenk erkennen und annehmen. Gleichzeitig ist er selbst Teil der Schöpfung, die Gabe ist. Gott hat auch den Menschen für den Menschen geschaffen, weil wir uns gegenseitig zum Geschenk werden sollen. In der Annahme des Geschenks schenkt sich der Mensch selbst wieder. Das wird im Eheversprechen ausgedrückt, in dem sich eine Person der anderen schenkt.

Der Sinn des Leibes ist es, sich dem anderen zum Geschenk zu machen. Das ist seine bräutliche Bedeutung. Der Mensch macht sich selbst zur Gabe, was durch seinen freien Willen ermöglicht wird. Durch die Selbstbeherrschung besitzt er sich selbst und wird nicht von seinen Leidenschaften beherrscht. Denn man kann nur das geben, was man besitzt. Bei Sex ohne Liebe gibt der Mensch nicht mehr das Beste, was er zu geben hat, denn er gibt nicht mehr sich selbst. Die Freiheit gibt uns die Möglichkeit, uns in einem Versprechen zu binden und uns in Treue dem anderen zu schenken. Nur der ist wirklich frei, der sich selbst zum Geschenk machen kann.


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