Die Musik als gegenkulturelle Kraft: ein katholischer Komponist zeigt Profil

18. Jänner 2021 in Kultur


Der Schotte James MacMillan spricht über das Prinzip der Religion auch in der modernen Musik und die Wirkung dieser „spirituellsten aller Künste“ auf Leib und Seele.


Linz (kath.net/National Catholic Register/mk) „Vielleicht ist Musik die beste Kunstform, um Menschen zusammenzuführen in der Aussicht auf eine bessere Welt.“ Dieser Satz stammt von Sir James MacMillan, einem der führenden zeitgenössischen britischen Komponisten. Ihn macht besonders, dass er zugleich bekennender Katholik und unter den fünf meistgespielten lebenden klassischen Komponisten der Welt ist.

MacMillan wuchs im Schottland der 60er- und 70er-Jahre in einer noch streng katholischen Gesellschaft mit starken Banden zwischen Familie, Schule und Pfarre auf. Schon in seiner Kindheit kam er durch die Kirche in Berührung mit Musik, als er bei Messen und anderen liturgischen Feiern in der Organisation mitwirkte. Mit 14 ging er zu den Jungen Kommunisten und träumte von einer Aussöhnung der Linken mit der Kirche – unter anderem mithilfe der Befreiungstheologie, was er im Rückblick als Fehlschluss erkennt. Im Studium kam MacMillan in engen Kontakt mit dem Dominikanerorden, dessen Spiritualität und Theologie ihn stark prägen würden.

Musikalisch ließ sich der Schotte zum einen von der Tanz- und Volksmusik seiner Heimat inspirieren. Als Vorbilder nennt er aber auch große Komponisten der letzten hundert Jahre, die auf verschiedene Weisen „tief religiös“ gewesen seien, etwa Igor Stravinsky mit dessen Liebe zu seinen orthodoxen Wurzeln wie auch zum Katholizismus, oder den Franzosen Oliver Messiaen, dessen musikalische Beiträge aus einer tiefen religiösen Überzeugung und liturgischen Praxis geboren worden seien. „Religion hat sich in der modernen Musik als dynamisches, belebendes Prinzip erwiesen.“ Über moderne Musik lasse sich nur sinnvoll diskutieren, wenn man auch die spirituellen Werte und den Glauben des jeweiligen Komponisten ernsthaft in Betracht ziehe.

MacMillan scheute sich nicht vor dem Tabubruch, als er im Jahr 1999 beim Edinburgh International Festival öffentlich über „Schottlands Schande“ sprach, die im vorherrschenden Antikatholizismus als Hindernis für einen wahren Pluralismus bestehe. Rühmlichere Bekanntheit erlangte er 2010, als er für den Großbritannien-Besuch Papst Benedikts XVI. mit der Komposition der Musik für mehrere Papstmessen beauftragt wurde. Auf den damaligen Kardinal Ratzinger war er schon in den 80ern über die Dominikaner aufmerksam geworden; 2000 las er Ratzingers Buch über den „Geist der Liturgie“.

„Ich fand heraus, dass bevor die hl. Cäcilia zur Patronin der Musik wurde, die mittelalterlichen Musikergilden in ganz Europa Hiob als ihren Patron betrachteten.“ Musiker seien damals als Trostspender für den unglückseligen Hiob bildnerisch dargestellt worden, man habe um die heilende Wirkung der Musik für Leib und Seele gewusst. Auch MacMillan betrachtet die Musik als die spirituellste aller Künste, die tief in die Seele dringe. Dies sei es wert zu bedenken in Zeiten gesellschaftlicher Spaltung und ideologischen Misstrauens. „Kein Ziel ist es wert, wenn die Bande zerstört werden, die den Menschen an den Menschen binden.“


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