22. Jänner 2021 in Spirituelles
Aupetit tritt für möglichst zügige Spenden der Taufe Neugeborener ein und legt auch die Nottaufe den Gläubigen ans Herz. Gastbeitrag von Juliana Bauer
Paris (kath.net) Die Taufe, das grundlegende Sakrament der Christen und eines seiner großen Herzensanliegen, beschäftigte Erzbischof Aupetit wieder – zum vielfachen Mal. Er wird nicht müde, ihre Bedeutung für jeden Menschen zu betonen, so auch am vorletzten Sonntag, als der Evangelientext Jesu Taufe im Jordan thematisierte. Bereits zu Beginn der Messe am Fest der Taufe Jesu, Sonntag 10. Januar 2021, in Saint-Germain l’Auxerrois/Paris, begrüßte Michel Aupetit die Gläubigen freudig mit dem Hinweis auf die „heutige Feier“ von der Taufe Jesu, die unserer Taufe, die uns ein neues Leben eröffne, vorausging. Und – es sei der Moment, in dem wir uns einmal um das Datum unserer eigenen Taufe kümmern sollten. Schließlich würden wir ja unseren Geburtstag feiern, da sei es doch auch wichtig, den Tauftag zu kennen, der ein Tag des Segens, nämlich unser Geburtstag zum ewigen Leben sei…
Trotz seiner Themenwiederholungen zu bestimmten Anlässen und Schriftlesungen sind seine Predigten weit von Langeweile entfernt. Zumal es der Erzbischof meisterhaft versteht, immer wieder neue Aspekte in ein Hauptthema einzubauen, in dem mittendrin sich häufig auch sein unschlagbarer Humor Bahn bricht.
Doch der Reihe nach. Nachdem Mgr. Aupetit die versammelten Gläubigen am Anfang des Wort-Gottesdienstes an den Tag ihrer Taufe erinnert hatte, stellt er in seiner Homilie diese in enger Verbindung zur Taufe Jesu heraus, baut jenes Heilsereignis aber einmal völlig anders als gewohnt in seinen Gesamttext ein. Bevor er Jesu Taufe in den Mittelpunkt stellt, unternimmt er einen Zeitsprung in die Anfänge der hebräischen Bibel und damit in die Schöpfungsgeschichte, aus der heraus er einmal mehr das Geschehen um den gläubigen Juden Jesus den heutigen Christen nahebringt. Im thematischen Gesamtkontext gelingt es ihm überdies in großartiger Weise, den Plan Gottes und das Gegenspiel des Menschen in Schöpfung und Heilsgeschichte herauszuarbeiten. Und wie immer legt er seine Erläuterungen insbesondere in der gesprochenen Predigt detailliert und anschaulich faszinierend dar.
„Erinnert ihr euch an das Buch Genesis im Augenblick der Schöpfung? Da wird berichtet, Gott erschaffe alles, indem er es voneinander trennt. Dies überrascht uns…“ Erzbischof Aupetit geht kurz auf die Urknalltheorie ein, „welche aus wissenschaftlicher Sicht am ehesten bewiesen scheint… Dieser Urknall sei eine anfängliche Explosion gewesen, die eine beträchtliche Energie freisetzte, welche die Materie, die Zeit und den Raum entstehen ließ. Wenn Gott nun durch Trennung erschafft, erscheint uns dies etwas eigenartig.“ Der Erzbischof nennt als erstes Beispiel den ersten Tag der Schöpfung, die Trennung zwischen Licht und Dunkelheit, zwischen Tag und Nacht („Gott schied das Licht von der Finsternis“, Gen.1,4) und widmet sich dann dem zweiten Schöpfungstag, an dem er verweilt. Hier nimmt Michel Aupetit die Beschreibung der Bibel auf, welche ausführt, wie Gott die Wasser voneinander scheidet (vgl. Gen 1,6-8), in „das Wasser oben und das Wasser unten. Das Wasser oben“, erläutert Aupetit dann „auf Hebräisch Shamayim, sind die Himmel. Das Wasser darunter ist die Sphäre der Schöpfung, die Welt, in der wir leben“ und in der Gott letztlich das Festland vom Wasser trennt. Im Weiteren erklärt der Erzbischof den Zuhörern das Wort Shamayim (= die Himmel) und seine Bedeutung im Glaubensverständnis des Judentums. Die Himmel seien die Wohnstatt Gottes, d.h. sie sind jener unsichtbare, unendliche göttliche Raum, der nichts mit dem für uns sichtbaren Himmelsgewölbe gemein habe. Michel Aupetits Rückgriff auf die Genesis und seine Erläuterung des zweiten Schöpfungstages bildet schließlich die Basis zum Verständnis der Öffnung des Himmels und der Herabkunft des Geistes Gottes bei der Taufe Jesu.
„Diese Trennung zwischen Himmel und Erde, zwischen dem unzugänglichen göttlichen Ort und der erschaffenen Welt könnte uns grausam erscheinen“, reflektiert der Erzbischof im Folgenden, „wenn Gott durch diese Trennung, … die eine Distanz schafft…, unzugänglich bleibt. In Wirklichkeit aber“, ist Erzbischof Aupetit überzeugt „ist diese Trennung existenziell…, sie ist ein Segen, da aus dieser Trennung die Gemeinschaft geboren werden konnte.“ Seine Aussage veranschaulicht er mit einem Bild aus einer intimen menschlichen Beziehung „wir sehen es am Beispiel einer Mutter, die ihr Kind in ihrem Leib trägt. Zum Zeitpunkt der Geburt wird das Kind von ihr getrennt, aber sie kann es anschauen, in die Arme nehmen, küssen und eine Beziehung eingehen, eine Gemeinschaft.“ So erschaffe Gott, unterstreicht Aupetit das Paradox noch einmal, aus der Trennung die Möglichkeit zur Beziehung, zur Gemeinschaft.
Als Gegenstück zu Gottes Plan erzählt er vom Vorhaben des Menschen, diese Trennung mit aller Macht zu überwinden, den Himmel oder das Paradies zu erobern, erzählt er Beispiele aus Mythologie und Menschheitsgeschichte „von unseren ersten Eltern, die wie Gott sein wollten… von Prometheus, …der das Feuer vom Himmel holen wollte, für den der Diebstahl aber fatal war“ oder von Gilgamesch, dem sumerischen König, der „für sich die Unsterblichkeit beanspruchte.
Auch heute wollen die Menschen wie Gott sein“ zieht der Erzbischof die Parallele zur Gegenwart. „Doch scheitert die Menschheit damit völlig.“ Er nennt die moderne Technik, mit der man angeblich alles könne. Er nennt die Illusion, die Welt zu beherrschen, und das ewige Leben, das nur Gott gehört, unter Kontrolle zu bringen. „Diese Illusion aber wird (gegenwärtig) von einem kleinen Virus, das allem die Krone aufsetzt, schmerzlich vereitelt. David bezwang einst Goliath, heute bringt Covid Hippokrates zu Fall.“ Bringt der Corona-Virus, auch Covid-19 genannt, das Vorbild des großen Heilkundigen Hippokrates, auf den und dessen hohes medizinisches Ethos die Ärzte über Jahrhunderte ihren Eid zum Schutz jeglichen menschlichen Lebens leisteten, tatsächlich zu Fall? Das käme einer endgültigen Bankrotterklärung gleich. Demnach stellt Erzbischof Aupetit auch die Frage: „Sind wir zur Verzweiflung verurteilt?“ „In einer“, wie er unlängst formulierte, „terrorisierten Welt.“ Und gibt in der Überzeugung der biblischen Wahrheit selbst die Antwort: „Nein, denn wir müssen nicht den Himmel erobern… Denn Gott gibt Zeichen seiner Gegenwart…“ Dann ruft Michel Aupetit, noch einmal den zweiten Schöpfungstag wie auch die folgende Taufe Jesu im Blick, die flehenden Worte des Propheten Jesaja seinen Gläubigen zu, jenes „große Gebet Jesajas, das die Gebete aller biblischen Menschen zusammenfasst…: ‚Ach, dass du die Himmel zerrissest und steigest herab‘ (Jes. 64, 1)“ – jenen Ruf des großen alttestamentlichen Propheten, mit dem dieser hoffend und fast drängend Gott beschwor, sich seinem Volk und der ganzen Menschheit zuzuwenden.
„Bei der Taufe Jesu – wir haben es im Evangelium gehört – wird dieses Gebet beantwortet“, so Aupetit, der nun von der großen biblischen Verheißung kündet. „Als Christus aus dem Wasser steigt, wird der Himmel auseinandergerissen. Die oberen Wasser werden geöffnet, sodass Gott herabsteigen kann. Denn der Sohn Gottes nahm unser Fleisch an. Es ist nicht der Mensch, der den Himmel und die Göttlichkeit in Besitz nimmt. Es ist Gott, der zu uns herabkommt. Er tat es in seinem Wort, das Fleisch von unserem Fleisch annahm… Indem der Sohn Gottes den menschlichen Zustand annimmt, ermöglicht er dem Menschen diese außergewöhnliche Begegnung von Himmel und Erde, … diese herausragende Gemeinschaft zwischen dem Menschen und seinem Schöpfer. Diese Gemeinschaft, dieses großartige Bündnis ist das Spiegelbild der Dreifaltigkeit. Der Sohn wird einer von uns, der Heilige Geist kommt bei seiner Taufe in sein Menschsein und der Vater bezeugt seine Liebe. Jede Gemeinschaft in Liebe ist das Bild dieser schöpferischen Gemeinschaft des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Wenn Jesus in das untere Wasser eintaucht, öffnen sich die oberen Wasser, die Himmel. Nicht für den, der vom Himmel kommt, sondern für uns, damit wir dorthin gelangen können. Jeder von uns ist gerufen, die selbe Taufe zu empfangen, … … Christus öffnet uns in der Taufe das ewige Leben, er öffnet uns die Tore des Himmels …er kommt, um uns zu begegnen…in dieser Gemeinschaft der Liebe…“
In diesem Zusammenhang zitiert Michel Aupetit den heiligen Paulus: „Ihr, die ihr mit Christus getauft seid, ihr seid mit Christus gestorben, auf dass ihr mit Christus auferweckt werdet“ (Röm. 6,4) und erklärt weiter „wenn Christus in das Wasser eintaucht, bedeutet dies, dass er unseren sterblichen Zustand annimmt, damit er uns mit der Göttlichkeit kleiden kann. Wenn er nach seiner Taufe aus dem Wasser steigt und sich der Himmel öffnet, offenbart er seine künftige Auferstehung, die den Weg für unsere eigene Auferstehung ebnet. Und dies geschieht in unserer Taufe … von der wir manchmal denken, sie sei ein banaler Ritus … aber nein, sie ist ein bedeutender, ein phantastischer Ritus … die Taufe… die uns zu Kindern Gottes macht, die uns das ewige Leben schenkt …“ Sie sei das schönste Geschenk, das Christus uns mache, so Erzbischof Aupetit…
„Viele Eltern taufen daher ihre Kinder, weil sie dieses immense Geschenk des ewigen Lebens verstehen, das uns …gegeben wird.“ An dieser Stelle blickt Aupetit in seine Zeit als junger Arzt zurück. Und erzählt den in Kirche und vor dem Bildschirm Versammelten eine rührende Geschichte, eine Geschichte, in der wieder sein Humor durchbricht – wie schon manches Mal, wenn er einiges aus seinem Leben preisgab. „Ich erinnere mich an eine junge Patientin, die gerade entbunden hatte und deren Baby in Gefahr war. Sie bat mich: ‚Doktor, können Sie mein Kind nottaufen?‘ Und heute“ – hier wird sein belustigter Einwurf, der ihm ein herzliches Lachen über sich selbst, den damals noch kirchenfernen Arzt entlockte, zu einer Art Beichte seinen Gläubigen gegenüber – „heute schäme ich mich sehr, dass ich zugeben muss, dass ich damals nicht wusste, was das war… Aber ihr seht, diese junge Mutter dachte zuerst an das Heil ihres Kindes dachte, an sein ewiges Leben, ich fand das phantastisch…“ Dann erläutert Aupetit die Nottaufe, d.h. die sofortige Taufe, die ein Christ bei Lebensgefahr einem Menschen spenden kann und durch die dieser Mensch alle göttlichen Gnaden erhält. Daher tritt der Erzbischof auch für das möglichst zügige Spenden der Taufe eines Neugeborenen ein und legt diese nochmals, wie bereits in früheren Predigten, allen Gläubigen vehement ans Herz. Mit einer Frage schließt er seine Ansprache: ‚Haben wir den gleichen Glauben wie diese junge Mutter?‘ „
Umfassende Auszüge aus: Homélie de Mgr Michel Aupetit, Messe du 10 janvier 2021
à Saint-Germain-l’Auxerrois, KTO TV
Homélie de Mgr Michel Aupetit - Messe du Baptême du Christ à St Germain l’Auxerrois - Dimanche 10 janvier 2021, in: L’Église catholique à Paris – Homelies - Diocèse de Paris
Übersetzung für kath net: Dr. Juliana Bauer
Archivfoto Erzbischof Aupetit (c) Erzbistum Paris
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