Aufbrechen in die Deutschkirche

25. Jänner 2021 in Kommentar


Der Vorsitzende der CDU-nahen Konrad- Adenauer- Stiftung, Norbert Lammert, empfahl der Deutschen Kirche, sich von der Bevormundung des Vatikans zu lösen, damit der synodale Weg sein angestrebtes Ziel erreiche - Der Montagskick von Peter Winnemöller


München (kath.net)

Der Vorsitzende der CDU-nahen Konrad- Adenauer- Stiftung, Norbert Lammert, empfahl der Deutschen Kirche, sich von der Bevormundung des Vatikans zu lösen, damit der synodale Weg sein angestrebtes Ziel erreiche. Die Konrad- Adenauer- Stiftung ist eine politische Stiftung, die zum einen ein politischer Think-Tank ist, zum anderen aber auch der politischen Bildung dient. Eine Studienstiftung, die Stipendien vergibt ist der Stiftung beigeordnet. Dem Vorstand der Stiftung gehört neben zahlreichen prominenten CDU-Mitgliedern auch der Vorsitzende des „ZdK“, der CDU-Politiker Thomas Sternberg, an.

Schon der von Lammert benutzte Begriff der „Deutschen Kirche“ zeigt an, dass eines der impliziten - bislang weitgehend unausgesprochenen - Ziele des synodalen Weges eine Trennung von Rom bedeutet. Sicher sollte man das keinem Bischof unterstellen, der am synodalen Weg von DBK und „ZdK“ teilnimmt. Bis zum eindeutigen Beweis des Gegenteils ist bei Bischöfen der Kirche immer von einer Einheit mit dem Bischof von Rom, dem Papst der katholischen Kirche, auszugehen. Innerhalb der deutschen Theologenschaft muss man aber ebenso wie innerhalb des deutschen politischen Katholizismus feststellen, dass es eine sehr starke Los-von-Rom-Bewegung gibt.

Diese Bewegung manifestiert sich ferner im deutschen Funktionärskatholizismus, dessen oberstes Gremium das „ZdK“ darstellt. Die Stoßrichtungen des politischen Katholizismus, Verbandskatholizismus und Funktionärskatholizismus sind faktisch kongruent. Zumindest hinsichtlich der Ziele gibt es sehr starke Deckungsbereiche, die natürlich mit Blick auf die  jeweiligen Hauptanliegen variieren. In der Trennung von römischer Bevormundung treffen sich die Ziele aller Protagonisten. Natürlich würde man das gerne kaschieren oder gar Rom in Abhängigkeit zur „Deutschen Kirche“ bringen, denn über ein historisches nichtstaatliches Völkerrechtssubjekt (den Heiligen Stuhl) zu verfügen und völkerrechtliche Verträge schließen zu können, ist nicht zu verachten. Auch Linkskatholiken finden sowas attraktiv.

Dennoch: Rom stört. Man hatte sich vom angeblichen "Reformpapst" Franziskus eine Menge erhofft, was sich im Laufe der Zeit als immer weniger mit den Zielen des deutschkatholischen Aufbruchs zu Deckung bringen ließ. Kein Frauenpriestertum, keine Zweit-, Dritt-, Viert-Verheiratung Geschiedener, keine Ehe für alle und keine Interkommunion. Franziskus hat nicht wie erwartet geliefert. So fällt er zunehmend in Ungnade und erleidet ein schlimmeres Schicksal als seine Vorgänger. Während man „denen“ nichts anderes zutraute, ist Franziskus die große Enttäuschung. Also muss die Bindung an Rom endlich fallen. Andere Leitungsstrukturen müssen her.

Die jüngst aus Rom abgelehnten Ansinnen der Deutschkirche zeigen sehr deutlich die Ziele des synodalen Weges auf. Es geht darum, Lehre und Praxis der Kirche an den gesellschaftlichen Mainstream anzupassen und die Kirche politisch steuerbar zu machen. Das Postulat von Lammert, demokratische Strukturen in der Kirche einzuführen, bedeutet nichts anders als eine politische Steuerbarkeit. Mit der Kirche ist das nicht vereinbar, denn demokratische Prozesse gehorchen dem Primat der Mehrheits- nicht aber der Wahrheitsfindung. Sie sind durch eine Führungsclique lenkbar und bilden deren Willen ab, indem sie simulieren, dies sei der Wille des Volkes.

So kann die Deutschkirche auch in der Zukunft dem jeweiligen Mainstream geschmeidig angepasst werden, indem einfach politisch nachjustiert wird. Das Erfolgsmodell der evangelischen Landeskirchen zeigt den Weg, in den eine Deutschkirche gehen wird. Es geht abwärts. Und darin liegt auch der Grund für die Bestrebungen, die katholische Kirche so umzubauen, dass sie die Rolle übernehmen kann, die über Jahrzehnte die evangelischen Landeskirchen hatten. Sie waren nützlich als zeitgeistgesteuerte Moralinstitution. Doch niemand benötigt eine Polit- und Funktionärskirche. Das gilt für die EKD, deren Bedeutung heute schon praktisch bei Null liegt, das gilt ebenso für eine Deutschkirche, die aus der katholischen herauf metamorphosiert wird.

Schon heute ist der Zustand der Kirche so erschreckend, dass sie immer weniger attraktiv und bedeutsam für das eigene Leben erscheint. Eine vollends dem Staat nützliche und politisch steuerbare Kirche, braucht niemand außer den Funktionären und den Angestellten, die Gehalt und Pfründe aus eine Steuern zu erheben berechtigen Körperschaft des öffentlichen Rechts ziehen.

In sich gesehen ist das Postulat von Norbert Lammert logisch und konsistent. Der Weg in die Deutschkirche wird allerdings nicht so ohne weiteres gehen. Die gläubigen Katholiken werden diesen Weg nicht mitgehen. Die Gefahr der Verwirrung ist groß. Die Gefahr ist groß, dass die Deutschkirche ad hoc auf evangelische Dimensionen zusammenfällt, wie ein misslungenes Soufflé.

Wo aber ist die Kirche des Herrn zu finden, wenn die konkret vor Ort existierende Sozialgestalt samt Teilen der Hierarchie von der Einheit abfällt? Das wird unschön und schmerzhaft werden. Da der synodale Weg aber ohne Wenn und Aber sein Ziel sucht, wird eine Trennung sehr wahrscheinlich kommen, von der allerdings derzeit niemand wird sagen können, wie das aussehen kann.

Das Postulat von Norbert Lammert und ganz besonders dessen Bezug auf den synodalen Weg wirft ein grelles Licht auf den politischen Aspekt der „Los-von-Rom“-Bewegung. Denn das ist Fakt: die katholische Lehre geht dem Zeitgeist derart gegen den Strich, dass er zwingend dem Heiligen Geist den Fehdehandschuh hinwerfen muss. Für Katholiken gibt es keinen Zwang, sich der neuen Deutschkirche anzuschließen. Wir bleiben einfach katholisch und sammeln uns dort, wo wir die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche vorfinden. Es gibt geistliche Gemeinschaften, katholisch gebliebene Pfarreien, Klöster, die Gemeinschaften der Tradition, starke Glaubensorte und vieles, was wir vielleicht noch gar nicht kennen. Die dafür Verantwortlichen stehen vor der großen Aufgabe zu sammeln. Egal, wie viele sich von der Einheit trennen, der Kirche ist Bestand verheißen.


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