„Da formte Gott, der Herr, den Menschen … und blies in seine Nase den LEBENSATEM“

27. Jänner 2021 in Spirituelles


Gedanken aus der Pfingstpredigt 2020 des Pariser Erzbischofs Michel Aupetit in St. Germain l’Auxerrois und der Blick auf die FFP2-Maskenpflicht - Gastbeitrag von Juliana Bauer


Paris (kath.net) Die Diskussionen im Internet überschlagen sich. Um die Menschen besser vor dem krankmachenden Virus schützen zu können – so sagt „man“ –, gibt es seit nunmehr zehn Tagen in Bayern die Pflicht zur FFP2-Maske; spätestens seit dem 25. Januar wurde sie in den meisten anderen Bundesländern, so auch im „Ländle“ (Baden-Württemberg) zur unabdingbaren Vorschrift. Letztere betrifft dann auch Freunde von mir und mich selbst.

Obwohl hier nicht der Ort ist, an dem ich mich weiter über dieses Thema auslassen werde; sei jedoch, gerade auch mit Blick auf Theologen, die sich unablässig zum Thema äußern, so viel erwähnt: ich weiß persönlich von Menschen, die eine solche Maske bereits seit einiger Zeit tragen, dass die chemisch behandelten und komplett abdichtenden Masken für manche nicht nur bezüglich ihrer (Haut-)Verträglichkeit ein Problem darstellen, sondern ebenso nicht selten – und das ist gravierend – zu erheblichen Atemproblemen führen können. Daher raten Mediziner dazu, die Maske nach zwei Stunden für eine längere Weile abzulegen.

Betrachten wir einmal den Menschen, dessen Leben der Atem ist. Betrachten wir die ersten Minuten des neugeborenen Kindes. Sein erster Schrei ist ein gleichzeitiges Schnappen nach Luft, „die Lunge entfaltet sich.“ Ohne zu atmen, ist menschliches Leben unmöglich. „Atmen heißt Leben“, wie es der Theologe Benedikt Welter formulierte (ARD 14.11.20), für manchen Menschen aber, folgerte er, ist „das Atmen“ durch das Corona-Virus „bedroht“, „ja, sogar gefährlich.“ Auf der einen Seite also das Virus, das „kleine Virus, das … in unserer Welt … Terror auslöst“ (Erzbischof Aupetit am Vierten Adventsonntag 2020) – auf der anderen Seite die „heilversprechenden“ Masken, die paradoxerweise den Lebensatem fast ersticken können…

„Atmen“ aber „heißt Leben.“ Oder auch: Leben heißt Atmen. Leben auf dieser Erde. Darüber hinaus auch Ewiges Leben. Und über allem ist der „Atem Gottes“, den Gott dem Menschen einhauche, der ein Zeichen des Lebens darstelle. So verkündete es der Pariser Erzbischof Michel Aupetit am letztjährigen Pfingstfest.

Seine damalige Predigt gliedert sich in zwei Teile. Den ersten publizierte ich bereits in einem früheren Beitrag (kath.net, 28.Juli 2020). In jenem thematisierte der Erzbischof, orientiert an der Lesung über das Kommen des Heiligen Geistes im Zeichen der Feuerzungen (Apostelgeschichte 2,1-11), das lebendige Feuer als eine der strahlenden Eigenschaften des Gottesgeistes gleichermaßen feurig und rief dessen Präsenz allen Versammelten wieder in Erinnerung. Den zweiten Teil seiner leidenschaftlichen Predigt stellte ich zurück – wohlwissend, sie den Lesern und Leserinnen ein andermal sinnig vorstellen zu können.

Der „Atem Gottes“ – er war das zweite brillierende Element des Heiligen Geistes, dem Michel Aupetits Predigt galt. Dem Lebenselixier, das Gott durch seinen Geist dem Menschen einhaucht. Dem Geschenk des Lebens, die jedem Menschen als Gabe Gottes zu Teil wird. An diesem Punkt führte der Erzbischof von der Lesung zum Evangelium des Pfingsttages über. Zu jenem österlichen Text, der von dem großen Gottesgeschenk berichtet, das der Auferstandene den Jüngern macht: den Heiligen Geist (Joh.20,19-23). „Aber da gibt es gleichzeitig noch etwas, das verwundert!“ führt Michel Aupetit in seinen zweiten Predigtteil ein … „Am Tag der Auferstehung schenkt Jesus bereits seinen Jüngern den Heiligen Geist (‚Empfanget den Heiligen Geist‘, Joh.20,22) … das war bereits vor Pfingsten … Aber das war nicht das Gleiche (wie am Pfingsttag). Jener Tag war der Tag, an dem das Leben über den Tod triumphierte, es ist der Tag der Auferstehung Christi, an dem er mitten unter den Jüngern ist. Und er zeigt ihnen: das Leben ist stärker als der Tod … Dabei wird nicht von Feuerzungen gesprochen. Was also macht Christus? Er haucht sie (die Jünger) an. Was aber ist das, dieser Hauch? Dieser Hauch Gottes? Er bezieht sich auf das Buch Genesis: ‚Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen‘ (Gen.2,7). Und als Christus an jenem Tag durch sein Menschsein offenbart, dass das Leben stärker ist als der Tod, gibt er den Lebenshauch seinen Aposteln weiter.“

Über die Veranschaulichung des Lebensatems, den Gott dem irdischen Menschen einhaucht, über die Darlegung des Lebenshauchs des Heiligen Geistes, der den Sieg über den Tod und damit das Ewige Leben bedeutet, beleuchtet Michel Aupetit einen weiteren wesentlichen Aspekt des österlichen Glaubens: nämlich jenen, dass Jesus mit dem Einhauchen des Lebensatems, diesen gleichzeitig an die Vergebung der Sünden bindet. „Weil Christus gekommen ist, um uns zu retten, zu retten von Tod und Sünde … Von der Sünde, die kein moralisches Fehlverhalten, sondern ein Bruch mit Gott ist, der zum Tod führt.“ Dann führt Erzbischof Aupetit seinen Zuhörern aus, dass die Auferstehung Jesu uns eine neue Beziehung mit Gott ermögliche, die jedoch ohne die Sündenvergebung nicht realisierbar sei. „Das Heilen von der Sünde, die neue Beziehung zu Gott, die auf der Auferstehung Jesu gründet, gibt uns das Leben weiter. Daher aber ist es unabdingbar, dass uns die Sünden vergeben werden…“ Christus vermittle bei dieser Begegnung mit den Jüngern, dass der Heilige Geist dort sei, wo Schuld erkannt und vergeben wird. Im Zug seiner Erläuterungen geht der Erzbischof auf die Beichte ein, in welcher Christus uns durch den Mund des Priesters vergebe, in der wir die Gnade der Vergebung erhielten…

Und was wären die Predigten Michel Aupetits ohne seinen feinen Humor? So auch hier, kaum wahrnehmbar. Wenn er die Sünden „seiner Brüder“ höre, mache er diese darauf aufmerksam, dass es hier „zwei Sünder“ gebe, dass sie beide, er und der Beichtende, Sünder vor Christus seien und seine Gnade der Vergebung empfangen würden… Denn Christus wisse, dass er keine Heiligen habe, die ihm nachfolgen, sondern Menschen, die er zur Heiligkeit rufe, die sich auf dem Weg zur Heiligkeit befänden.

Christus, erklärt Erzbischof Aupetit dann, schenkt den Heiligen Geist, dass wir von der Fülle des Geistes in der Welt Zeugnis geben, von der Liebe Gottes, der Auferstehung, davon, dass das Leben stärker ist, als der Tod…

Leben heißt Atmen. Der Atem Gottes, den Gott in die Nase des Menschen blies. Der „Lebenshauch“, den „Christus … weitergibt“, möchte ich Erzbischof Aupetit wiederholen und hinzufügen, dass es Gott ist, der der Herr über Leben und Tod ist und bleibt… Und der das Leben schenkt…

Auszüge aus Teil 2: Homélie de Mgr Michel Aupetit, Diocèse de Paris. Dimanche 31 mai 2020. KTOTV (Télévision Catholique), Messe du 31 mai 2020, à St. Germain l’Auxerrois.
Übersetzung: Dr. Juliana Bauer für kath.net

Archivfoto Erzbischof Aupetit (c) Erzbistum Paris

 


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