Das Bild der Aussaat und des Samens

29. Jänner 2021 in Aktuelles


Benedikt XVI. – Licht des Glaubens: Er ist der Herr des Reiches, der Mensch ist sein demütiger Mitarbeiter. Das Bild vom Samen liegt Jesus besonders am Herzen, da es das Geheimnis des Reiches Gottes gut zum Ausdruck bringt. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Freitag der dritten Woche im Jahreskreis. „Ihr habt manchen harten Lebenskampf bestanden. Werft also eure Zuversicht nicht weg!“.  Denn: „Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da“.

„Dieses Gleichnis ruft das Geheimnis der Schöpfung und der Erlösung in Erinnerung, des fruchtbaren Wirkens Gottes in der Geschichte. Er ist der Herr des Reiches, der Mensch ist sein demütiger Mitarbeiter, der das schöpferische Wirken Gottes betrachtet, sich daran freut und geduldig dessen Früchte erwartet“.

Das Gleichnis vom Wachsen der Saat:

 „Er sagte: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät;  dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie.  Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre. Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da“.

Das Gleichnis vom Senfkorn:

„Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben? Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät. Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können“.

„Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten. Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen; seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war“ (Mk 4,26-34).

Benedikt XVI., Angelus vom 17.Juni 2012:

Die heutige Liturgie legt uns zwei kurze Gleichnisse Jesu vor: das Gleichnis vom Samen, der von allein wächst, und das vom Senfkorn (vgl. Mk 4,26–34). Durch Bilder, die der Welt der Landwirtschaft entnommen sind, stellt uns der Herr das Geheimnis des Wortes und des Reiches Gottes vor und zeigt die Gründe unserer Hoffnung und unseres Bemühens auf.

Im ersten Gleichnis liegt die Aufmerksamkeit auf der Dynamik der Aussaat: der Same, der auf den Acker geworfen wird, keimt auf und wächst von allein, ganz gleich ob der Bauer schläft oder wacht. Der Mensch sät im Vertrauen, daß seine Arbeit nicht unfruchtbar bleiben wird. Was den Bauern in seinen täglichen Mühen stützt, ist gerade das Vertrauen auf die Kraft des Samens und die Qualität des Erdbodens. Dieses Gleichnis ruft das Geheimnis der Schöpfung und der Erlösung in Erinnerung, des fruchtbaren Wirkens Gottes in der Geschichte. Er ist der Herr des Reiches, der Mensch ist sein demütiger Mitarbeiter, der das schöpferische Wirken Gottes betrachtet, sich daran freut und geduldig dessen Früchte erwartet.

Die Ernte läßt uns an das abschließende Eingreifen Gottes am Ende der Zeiten denken, wenn er sein Reich in Fülle verwirklichen wird. Die gegenwärtige Zeit ist Zeit der Aussaat, und das Wachsen des Samens wird vom Herrn verbürgt. Jeder Christ weiß daher nur allzu gut, daß er das in seinen Möglichkeiten Stehende tun muß, daß aber das Ergebnis letztlich von Gott abhängt: dieses Bewußtsein stützt ihn in der Mühsal aller Tage, besonders in den schwierigen Situationen. Hierzu schreibt der hl. Ignatius von Loyola: »Handle so, als ob alles von dir abhinge, in dem Wissen aber, daß in Wirklichkeit alles von Gott abhängt« (vgl. Pedro de Ribadeneira, Vita di S. Ignazio di Loyola, Mailand 1998).

Auch das zweite Gleichnis benutzt das Bild der Aussaat. Hier aber handelt es sich um einen besonderen Samen, das Senfkorn, das als der kleinste aller Samen gilt. Obwohl es so winzig ist, ist es voller Leben, wenn es aufgeht, entsteht ein Sproß, der imstande ist, das Erdreich zu durchbrechen, ans Licht der Sonne zu treten und zu wachsen, bis es »größer als alle anderen Gewächse « des Gartens wird (vgl. Mk 4,32): die Schwachheit ist die Stärke des Samens, das Aufgehen ist seine Kraft. Und so ist das Reich Gottes: eine im menschlichen Sinn kleine Wirklichkeit, die sich aus jenen zusammensetzt, die arm im Herzen sind, die nicht auf die eigene Kraft vertrauen, sondern auf die Kraft der Liebe Gottes, die in den Augen der Welt nicht wichtig sind; und dennoch bricht gerade durch sie die Kraft Christi hervor und verwandelt, was dem Anschein nach unbedeutend ist.

Das Bild vom Samen liegt Jesus besonders am Herzen, da es das Geheimnis des Reiches Gottes gut zum Ausdruck bringt. In den beiden Gleichnissen von heute stellt es ein »Wachsen« und einen »Kontrast« dar: das Wachsen, das dank einer dem Samen selbst innewohnenden Dynamik geschieht, und den Kontrast, der zwischen der Kleinheit des Samenkorns und der Größe dessen besteht, was aus ihm hervorgeht. Die Botschaft ist klar: auch wenn das Reich Gottes unsere Mitarbeit erfordert, ist es vor allem Geschenk des Herrn, Gnade, die dem Menschen und seinen Werken vorausgeht. Wenn unsere kleine Kraft, die gegenüber den Problemen der Welt ohnmächtig zu sein scheint, in die Kraft Gottes gelegt wird, fürchtet sie keine Hindernisse, da der Sieg des Herrn gewiß ist. Es ist das Wunder der Liebe Gottes, das jeden in die Erde gestreuten Samen des Guten aufkeimen und wachsen läßt. Und die Erfahrung dieses Wunders der Liebe läßt uns optimistisch sein, trotz der Schwierigkeiten, der Leiden und des Bösen, dem wir ausgesetzt sind. Der Same geht auf und wächst, da ihn die Liebe Gottes wachsen läßt. Die Jungfrau Maria, die als »guter Boden« den Samen des göttlichen Wortes aufgenommen hat, stärke in uns diesen Glauben und diese Hoffnung.


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