1. Februar 2021 in Spirituelles
Ein Bischof hat gemeint, das Handeln der Regierung in Sachen Corona sei alternativlos. Das Problem hat aber eine tiefere geistliche Ursache und die Lösung muss auch mit der geistlichen Alternative beginnen - Gedanken von Dechant Ignaz Steinwender
Salzburg (kath.net)
Im heutigen Evangelium (Mk 4,35-41) wird uns geschildert, wie die Jünger mit Jesus abends mit dem Boot auf den See fuhren, um ans andere Ufer zu gelangen. Es erhob sich ein heftiger Wirbelsturm, das Boot begann sich mit Wasser zu füllen, die Jünger bekamen Angst, während Jesus im Boot schläft. Schließlich wecken die Jünger Jesus und rufen: „Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?“ Der Herr steht auf, droht dem Wind und er legt sich. Dann sagt der Herr: „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“
Die Situation heute:
Das ist – genauer betrachtet - die Situation bei uns, die Situation fast weltweit, hervorgerufen durch ein Virus, oder besser gesagt, durch verkehrte Reaktionen auf das Virus. Das Boot ist auch ein Bild für die Kirche. Jesus ist in ihr gegenwärtig, er ist da, nicht wie in den anderen Booten, die auch unterwegs sind. Es kommt der Sturm und das Boot füllt sich mit Wasser. Das Wasser ist ein Symbol für das Weltliche. Die Kirche ist – wie Papst Benedikt am Ende seines letzten Deutschlandbesuches in Freising sagte – verweltlicht. Sie muss sich entweltlichen, denn sonst verliert sie das Eigentliche aus den Augen, ihr Boot-Sein auf dem Weg zum anderen Ufer. Das Boot wird also vom eindringenden Wasser bedroht (innere Veränderung der Kirche zu einer anderen Kirche, d. h. Verweltlichung), das verstärkt durch den Wirbelwind (die Krise unserer Zeit) vermehrt von außen eindringt
Corona und damit verbundene Maßnahmen sind jetzt da wie ein heftiger Sturm, immer mehr Menschen bekommen Angst, werden verzweifelt. Und die Kirche hätte das Mittel zur Rettung, der Herr aber schläft. Die Lage verschärft sich. Doch man versucht nicht, Jesus zu wecken, sondern alles alleine zu schaffen. In der Angst reagiert man falsch, das Boot wird beschädigt. Jene, die an den Herrn denken, werden daran gehindert, ihn zu wecken.
Die einzige Alternative …
Ein Bischof hat gemeint, das Handeln der Regierung in Sachen Corona sei alternativlos. Ich bin nicht dieser Meinung. Das Problem hat eine tiefere geistliche Ursache und die Lösung muss auch mit der geistlichen Alternative beginnen. Wir stehen wirklich vor der Alternative: Sollen wir zum Herrn rufen, den Herrn wecken, sollen wir auf ihn hoffen, oder setzten wir die ganze Hoffnung auf uns alleine? Wissen wir noch, dass der Herr da ist? Gibt es noch das Bewusstsein, dass ER als Herr in der Geschichte wirkt? Haben wir IHN nicht in unserem Hochmut ausgeschaltet?
Es scheint, dass der Herr schläft. Schläft er vielleicht deshalb, weil wir ihn beiseitegeschoben haben? Er wird solange schlafen, bis der Mensch von seinem prometheischen Hochmut abgeht und erkennt, dass er Gott braucht. Er wird solange schlafen, bis wir wirklich zu IHM schreien.
….wir sollen zum Herrn schreien
Was müssen wir also tun? Umkehren und zum Herrn schreien. Zuerst heißt das, vom hohen Ross heruntersteigen, den Hochmut überwinden und demütig werden. Umkehren heißt Buße tun, für die Sünden der Vergangenheit, es heißt die Irrtümer erkennen, denen wir auf den Leim gegangen sind, diese eingestehen und das Leben korrigieren. Umkehren heißt, wirklich mit Gott rechnen und die ganze Hoffnung auf ihn setzen. Umkehr heißt jetzt auch Entweltlichung der Kirche.
Umkehren heißt weiter für jeden einzelnen: jetzt fasten, jetzt mehr beten, öfter beten und intensiver beten. Umkehren heißt jetzt zur Beichte gehen und sich dort die Kraft zum Neubeginn holen. Umkehren heißt jetzt zusammenhalten, den Menschen beistehen, die Angst haben, für die Menschen da sein, die Unrecht erleiden. Umkehren heißt auch, dem Unrecht entgegentreten, dass gegenwärtig geschieht. Das Unrecht des Lockdowns, das schwere Unrecht an den Kindern und Familien durch die fortgesetzte Schulschließung, dass Unrecht an Unternehmern und Arbeitern, denen willkürlich die finanzielle Lebensgrundlage entzogen wird, das Unrecht an alten Menschen, die unter unmenschlich-drastischen Besuchsregelungen leiden, und schließlich das Unrecht der Einschränkung der Religionsausübung.
Die Einschränkung der Religionsausübung ist das fatalste Unrecht, weil es eigentlich den Menschen direkt hindert, zum Herrn zu schreien! Dass diese Einschränkung von denen angeordnet werden, die von Amts wegen berufen wären, wie einst Mose stellvertretend für das Volk zum Herrn zu schreien und das Volk zum Schreien zu animieren, das ist der tiefste seelische Schmerz für jeden wirklich Gläubigen!!!!!
Was nützt es, wenn ich zum Herrn schreie?
Was antworte ich, wenn mich nun jemand fragt: Was nützt es, wenn ich zum Herrn schreie, wenn ich zu Gott bete, wenn ich mich einsetzte für die Erhaltung von Freiheitsrechten, für eine Beendigung des Lockdowns, wenn ich demonstrieren gehe etc., wenn ich damit allein bin in der Familie, oder wenn ich mich sogar innerhalb der Kirche als Außenseiter fühlen muss, oder wenn ich Nachteile fürchten muss?
Dann antworte ich:
Erstens ist die Frage falsch gestellt. Wenn etwas wahr und gut ist, dann geht es um mehr als darum, ob es nützt oder ob ich mich durchsetze. Vor kurzem habe ich mit einem Mitbruder telefoniert wegen eines gemeinsamen Briefes an die Bischöfe (Bitte um öffentliche Messe, Streichung des Aufschubes für Taufen etc.) und er fragte mich: Was willst du damit erreichen? Wie werden sie reagieren? Meine Antwort war: Wenn sie die Anliegen ignorieren, dann müssen sie es vor Gott verantworten, ich habe aber getan, was ich konnte. Und es wird einmal eine Zeit kommen, da wird man fragen: Was habt ihr denn gemacht? Habt ihr nicht gewusst, dass …..“
Zweitens antworte ich: Es kommt darauf an, dass Du zum Herrn schreist! Wenn Du das tust, dann bewirkst du Vieles für andere, für Deine Familie, für die Kirche, für den Lauf der Geschichte. Es gibt kein aufrichtiges Gebet, das umsonst ist. Ob du jetzt dieses oder jenes erfolgreich änderst, das kann ich nicht garantieren. Wichtig ist, dass Du deine Möglichkeiten ausgeschöpft hast. Wenn wir Christen zum Herrn schreien und verantwortlich in der Welt handeln, werden wir im gegenwärtigen Moment vielleicht nicht das Ruder herumreißen (obwohl auch dies möglich ist!!!) aber wir legen den Boden für das, was nachher kommt, vielleicht eben für die Zeit nach einem großen Zusammenbruch.
Beruht nicht unser ganzes Christsein darauf, dass einer, nämlich unser Herr, bei der Wahrheit blieb und – menschlich gesehen - eine Niederlage, das Kreuz, auf sich nahm?
Und drittens antworte ich: Wenn du jetzt als Christ zum Herrn schreist, dann bist du jetzt mit dem Herrn verbunden, dann bist du jetzt in der Gnade, dann bist du jetzt eins mit Gott, eins mit Dir selber und eins mit den Engeln und Heiligen. Wenn du jetzt zum Herrn schreist, dann nimmt er dir jetzt die Angst und beschenkt dich mit Seinem Licht. Genügt das nicht? Dio solo basta, sagt die heilige Theresia, das heißt: Gott allein genügt!
Der Apostel Paulus sagt den Philippern: „Tut alles ohne Murren und Bedenken, damit ihr rein und ohne Tadel seid, Kinder Gottes ohne Makel mitten in einer verdorbenen und verwirrten Generation, unter der ihr als Lichter in der Welt leuchtet.“ Man könnten den letzten Satzteil vielfach ergänzen uns sagen: …mitten in einer christlichen Gesellschaft, mitten in einer verweltlichten Kirche, mitten in einer Familie von Taufscheinchristen, mitten im Klerus etc….
Praktische Umsetzung
Ich glaube, dass sehr viele Menschen, oft sogar jene, die in der strikten Befolgung aller Maßnahmen das alleinige Heil sehen und die Impfung fast wie ein Sakrament erwarten, in ihrem Inneren spüren, dass die gegenwärtige Problematik viel umfassender ist und nicht einfach gelöst werden wird. Manche steigern sich vielleicht deswegen so hinein, weil sie innerlich spüren, da ist ein höherer Anruf da und doch irgendwie blockiert sind. Es ist eine Hemmschwelle da, der Wahrheit ganz auf den Grund zu gehen und umzukehren.
Deshalb die Frage: wie sollen wir zum Herrn rufen? Einfach anfangen zu beten. In der Familie jeden Tag in diesem Anliegen gemeinsam beten. Wieder die Gottesdienste besuchen. Den Pfarrer anrufen oder zu einem Gespräch bei ihm vorbeikommen.
Unser Herr hat wirklich die Macht, dem Sturm Einhalt zu gebieten und wieder Stille einkehren zu lassen. Er kann es jederzeit im Herzen jedes Menschen tun, der zu ihm ruft. Wenn viele Herzen IHN anflehen, dann wendet sich alles, wenn nur einige es tun, dann werden diese eben leuchten inmitten einer angsterfüllten Welt.
Ruft mit mir zum Herrn
Euer Dekan Ignaz Steinwender
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