Voderholzer bei Konferenz des „Synodaler Weg“: Warum nur Männer zu Priestern geweiht werden

6. Februar 2021 in Deutschland


„Denn der Herr wollte seine Macht und seine Liebe in zwei menschlichen Gesichtern kundtun: das seines göttlichen menschgewordenen Sohnes und das eines weiblichen Geschöpfes, Maria.“


Regensburg (kath.net/pbr) Online-Konferenz des Synodalen Weges 4./5. Februar 2021 – Statement von Bischof Voderholzer

Der Hinweis auf die Christusrepräsentation des Priesters ist ein Teilargument bei der lehramtlichen Begründung dafür, dass nur Männer zu Priestern geweiht können. Es hat vor allem auch plausibilisierenden Charakter.

Repräsentiert nur der Priester Christus? Nein. Es müssen wenigstens drei Ebenen unterschieden werden:

Jeder Getaufte und Gefirmte repräsentiert Christus. Er oder sie hat bei der Taufe „Christus angezogen“, in der Firmung hat er Christi Geist empfangen und in der Eucharistie gliedert ihn Christus immer wieder neu in seinen Leib ein. Wer auf diese Weise teilhat am allgemeinen Priestertum, der kann nicht nur Christus repräsentieren, sondern es ist sogar seine Aufgabe, Berufung. Das ist symbolisiert im Taufkleid.

Eine zweite Dimension ist von Christus in der Parabel vom Weltgericht in Mt 25 angesprochen: Christus begegnet uns in den Armen und Hilfsbedürftigen. „Was ihr dem geringsten unter meinen Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan.“ Christus selbst erhebt die Armen zu quasisakramentaler Würde. Hier geht es um eine bis zur Identifikation reichende Solidarität.

Man könnte nun die Frage stellen: Wenn doch jeder Christ, Christus repräsentiert, wozu braucht es noch ein besonderes Priestertum mit einer besonderen Repräsentanz? Kann nicht jeder sich einfach selbst heilen, da er ja Christus repräsentiert? Nein, denn Christ ist man immer für die anderen, nicht für sich selbst. Wir sind keine christlichen Münchhausens. Wir bleiben angewiesen auf das göttliche Gegenüber, auf die Gabe, das Geschenk, das Voraus. Das führt uns zur dritten Ebene: die sakramentale Vergegenwärtigung des göttlichen Heilswirkens in einem spezifischen Sinne. Das II. Vatikanum schreibt in der Liturgiekonstitution, Christus sei seiner Kirche „immerdar gegenwärtig, besonders in den liturgischen Handlungen“, und weiter heißt es: „Gegenwärtig ist er im Opfer der Messe sowohl in der Person dessen, der den priesterlichen Dienst vollzieht […] wie vor allem unter den eucharistischen Gestalten“ (SC 7).

Und im Priesterdekret heißt es, die Priesterweihe „zeichnet die Priester durch die Salbung des Heiligen Geistes mit einem besonderen Prägemal und macht sie auf diese Weise dem Priester Christus gleichförmig, so dass sie in der Person des Hauptes Christus handeln können [ut in persona Christi Capitis agere valeant].“

Diese Christusrepräsentation gründet in der besonderen Berufung und Sendung der zwölf Apostel durch den irdischen Jesus und den auferstandenen Herrn. Vor dem Hintergrund der alttestamentlichen Botenformel, die den Sendenden im Gesandten gegenwärtig weiß, heißt es in Joh 20,21: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich Euch.“ Schon vorösterlich hatte es geheißen: „Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf.“ (Mt 10,40) Und wiederum Joh überliefert das Wort Jesu im Bezug auf den Vater: Wer mich sieht, sieht den Vater (Joh 14,9).

Dass diese Christusrepräsentation eine natürliche Ähnlichkeit auf der Ebene der Zeichenhaftigkeit voraussetzt, hat u.a. Thomas von Aquin deutlich gemacht, worauf sich das kirchliche Lehramt („Inter insigniores“) bezieht. Sie wäre nicht gegeben, wenn der Priester kein Mann ist.

Dabei ist wichtig: Der Priester repräsentiert Christus nicht isoliert als Mann in seinem Mannsein, sondern in der auf der Geschlechterpolarität von Mann und Frau gründenden Relationalität vor dem Hintergrund der biblisch-heilsgeschichtlichen Geschlechtersymbolik von Braut und Bräutigam. Diese Symbolik ist ein zentrales Thema der biblischen Überlieferung, sie liegt der gesamten Bundestheologie zugrunde und ist relevant nicht nur für die Theologie des Ordo, sondern auch für die Grundlegung des Ehesakramentes.

Die Christusrepräsentation bedeutet nicht Identität, sondern sakramentale Vergegenwärtigung. Es bleibt eine Differenz. Der Priester ist der „Freund des Bräutigams“. Und der Priester bleibt auch immer, als Teil des bräutlichen Gottesvolkes, Empfänger der göttlichen Gnade: Kein Priester weiht sich selbst, und keiner kann bei sich selbst beichten. Aber er hat durch die Weihegnade die Vollmacht der spezifischen Repräsentation.

Mit Hinweis darauf hat erst jüngst Papst Franziskus, und zum wiederholten Male übrigens, und in Übereinstimmung mit seinen Vorgängern, in Querida Amazonia erneut die Zuordnung des Priesteramtes zum männlichen Geschlecht begründet: „Jesus Christus zeigt sich als der Bräutigam der Eucharistie feiernden Gemeinschaft in der Gestalt eines Mannes, der ihr vorsteht als Zeichen des einen Priesters. Dieser Dialog zwischen Bräutigam und Braut, der sich in der Anbetung vollzieht und die Gemeinschaft heiligt, sollte nicht auf einseitige Fragestellungen hinsichtlich der Macht in der Kirche verengt werden. Denn der Herr wollte seine Macht und seine Liebe in zwei menschlichen Gesichtern kundtun: das seines göttlichen menschgewordenen Sohnes und das eines weiblichen Geschöpfes, Maria. Die Frauen leisten ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben. Auf diese Weise bleiben wir nicht bei einem funktionalen Ansatz stehen, sondern treten ein in die innere Struktur der Kirche.“ (QA 101).

Prof. Tück bringt zur Plausibilisierung eine Analogie aus dem Bereich der Ästhetik (vgl. Jan-Heiner Tück, Den Bräutigam darstellen. Was spricht gegen die Priesterweihe von Frauen?, in: Herder Korrespondenz 75 (2021), Nr. 1, 21–25, 24): In der Tat würde das Publikum es für befremdlich halten, wenn Shakespeares King Lear von einer Frau, seine Töchter hingegen von Männern dargestellt würden. Bischof Franz Kamphaus hat in einem Hirtenbrief diesbezüglich das Urteil eines holländischen Gerichts problematisiert, das die Klage von Samuel Beckett zurückwies, der nicht einverstanden damit war, dass die beiden männlichen Hauptrollen in seinem Stück „Warten auf Godot“ nicht von Männern gespielt wurden (vgl. Franz Kamphaus, Mutter Kirche und ihre Töchter. Frauen im Gespräch, Freiburg, 1989, 76). Und, so frage ich, warum gehen wir davon aus, dass beim Passionsspiel in Oberammergau Christus natürlich von einem Mann, Maria hingegen von einer Frau dargestellt wird. Selbstverständlich ist die Eucharistie kein Passionsspiel, sondern Feier von Tod und Auferstehung Jesu. Aber es gibt sehr wohl Berührungspunkte. Stichwort Liturgie als Theatrum sacrum.

Die Deutsche Bischofskonferenz hat in diesem Zusammenhang die Unterscheidung in herstellendes und darstellendes Handeln vorgeschlagen. Bei der sakramentalen Repräsentanz des Priesters als Vorsteher der Eucharistie geht es um dieses darstellende Handeln (Schreiben der deutschen Bischöfe über den priesterlichen Dienst vom 24. September 1992).

Die allerneueste Stellungnahme von Papst Franziskus stammt vom letzten Samstag (30.01.2021). Vor Delegierten des italienischen Katechetenverbandes betonte er, wie wichtig es sei, die Lehren der Konzilien anzunehmen. Wohin es führe, wenn sich Gruppen von der Lehre eines Konzils trennten, illustrierte er am Beispiel der Altkatholiken, die den Entscheidungen des I. Vatikanums nicht gefolgt seien. Das führt ins Schisma, denn, so der Papst: „Heute ordinieren sie Frauen“ (Mario Galgano / Adriana Masotti, Papst: Wer dem Konzil nicht folgt, ist nicht in der Kirche, online auf: www.vaticannews.va/de/papst/news/2021-01/papst-franziskus-konzil-lehramt-katecheten-ansprache-mission.html [05.02.2021]).

Papst Franziskus ruft die Frauen dazu auf, all die Aufgaben und Ämter in der Kirche mit Leben und Engagement zu erfüllen, für die es nicht die sakramentale Weihe braucht.

Das sind – von der Aufgabe der Mütter und Großmütter, die seit jeher in der Kirche als wichtigste Missionarinnen den Glauben bezeugen und weitergeben ganz zu schweigen – Gemeinde- und Pastoralreferentinnen, Religionslehrerinnen, Direktorinnen kirchlicher Schulen, Theologieprofessorinnen, Ordinariatsrätinnen, Ordensoberinnen oder gar Äbtissinnen (vgl. Rudolf Voderholzer, Zur Erneuerung der Kirche. Geistliche Impulse zu aktuellen Herausforderungen, Regensburg 2020, 141 f.)

Archivfoto Bischof Voderholzer (c) Bistum Regensburg


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