Die Kirche steckt in der Befindlichkeitsfalle

15. Februar 2021 in Kommentar


Der Stil, den der synodale Weg von DBK und „ZdK“ in der Kirche etabliert, nützt der Kirche wenig, denn es ist ein postfaktischer Stil des gefühligen Befindlichkeitsaustausches - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)

Als stilbildend bezeichnete der Erzbischof von Paderborn, Hans-Josef Becker, den synodalen Weg von DBK und ZdK für die Kirche in einem Interview für die Webseite des Erzbistums. Abgesehen davon, dass ein wenig Stilbildung der Kirche nicht schaden könnte, so lange Briefe von Gläubigen an ihren Bischof unbeantwortet bleiben, ist der Synodalewegstil wahrlich nicht sonderlich wünschenswert. Die Kirche – nicht nur – in Deutschland ist in einer schweren Krise. Manche gehen sogar von einer existentiellen Krise aus. Während der Herr seiner Kirche Bestand verheißen hat, gilt diese Garantie natürlich nicht für eine Region oder regionale Gruppe von Kirchenprovinzen. Selbst dann nicht, wenn diese besonders wohlhabend sind.

Die katholischen Bischöfe in Deutschland sollten sich durchaus in Bescheidenheit üben, denn eine reiche, glaubenslose Kirche ist obsolet und wird untergehen. Der Stil, den der synodale Weg von DBK und „ZdK“ in der Kirche etabliert, nützt der Kirche wenig, denn es ist ein postfaktischer Stil des gefühligen Befindlichkeitsaustausches. Wenn beispielsweise davon geredet wird, dass ein großer Teil der Katholiken die Begründung für die Männern vorbehaltene Priesterweihe nicht mehr nachvollziehen kann, dann ist das kein Grund, Frauen zu weihen. Wenn die Weigerung der Kirche mehr als zwei Geschlechter anzuerkennen, Menschen, die sich nichtbinär fühlen, verletzt, dann ist das ein menschliches Drama. Behoben werden kann das Drama nicht, indem die Schöpfungsordnung ignoriert wird. Da braucht es andere Maßnahmen.

Von Seiten der Kirche geht es dabei allein um Katechese. Allein mit einer Aufklärung darüber, was die Kirche wirklich glaubt und nicht mit Diskussionen darüber, welchen Teil der davon die Menschen gut aushalten können, beginnt der Weg aus der Krise. Dass Bischöfe mutmaßlich die Aufklärung von Straftaten aktiv unterbunden oder deren Unterbindung in Kauf genommen haben, ist eine Frage, die zu klären ist. Wie man an den Vorfällen im Erzbistum Köln sieht, hindert der Wille zur Aufklärung, den ein Bischof zeigt, nicht daran, den Bischof medial zu jagen. Aus gutem Grund kennt die Kirche keinen Rücktritt eines Bischofs. Ein Bischof kann dem Papst seinen Amtsverzicht anbieten. Eine schlechte Presse ist kein Grund für einen Bischof seinen Rücktritt anzubieten. Auch die Kündigung der Mitarbeit eines Laiengremiums, das für den Glauben der Kirche keinerlei Relevanz hat, ist kein Grund, den Rücktritt anzubieten. Eher ist dem Erzbischof von Köln zu raten, dies überflüssige Gremium einfach ersatzlos aufzulösen.

Das wird natürlich nicht passieren. Auch hier wirkt der synodale Weg nämlich eigenartig stilbildend. Bischöfe der Kirche werden von Laienfunktionären und Mitbrüdern im engen Schulterschluss mit der weltlichen Presse gejagt, wenn sie dem Mainstream nicht genehm sind. Der Erzbischof von Paderborn sollte sich die Vorfälle um Köln genau ansehen. Auch das ist der von ihm gelobte Stil des synodalen Weges. An einem anderen Beispiel wird es deutlich, wie der Stil ebenfalls funktioniert. Ein Mitglied des synodalen Weges hatte die These vertreten, dass es einen Zusammenhang zwischen sexuellem Missbrauch von männlichen Kindern und homosexuellen Empfindungen der Täter geben könnte. Diese These ist bislang weder verifiziert noch widerlegt. Sie wird aus Gründen der politischen Korrektheit gar nicht erst untersucht werden. Ebenso wird bei der Frage, wie hoch der Anteil homosexuell empfindender Kleriker ist, von Bischöfen gemauert und von Medien nicht ehrlich nachgefragt. Klarheit bringt Wahrheit. Besser eine unangenehme Wahrheit als eine weitere Vertuschung, die einem zwingend irgendwann auf die Füße fällt. Das sollte man annehmen, die Wahrheit sieht anders aus. Statt der These nachzugehen und wissenschaftliche Untersuchung zu verlangen wurde die betroffene Synodenteilnehmerin angegriffen, beschimpft und mit rechtlicher Verfolgung bedroht.

Das ist der so hochgelobte Stil des synodalen Weges. Man redet nicht mit denen, die den Weg kritisch betrachten und macht sie zu Außenseitern. Im Jahr 2019 war man sich nicht zu schade, in einer Fürbitte Gegnern des synodalen Weges Angst zu unterstellen und diese zu pathologisieren. Eine Anfrage an den Erzbischof von Paderborn, wie er sich dazu stellt, ist bis heute unbeantwortet. Sehr stilvoll! Die Nachfrage wird sicher Befindlichkeiten ausgelöst habe. So geht das. Man stellt sich nicht den Fakten, sondern operiert mit Gefühlen und Befindlichkeiten. Statt Argumente tauscht man Nettigkeiten oder Boshaftigkeiten aus. Man bedroht Andersdenkende, die irgendwie doch zu synodalen Ehren gekommen sind, mit juristischen Maßnahmen und medialer Hetze.

Wenn das der Stil der Kirche in Deutschland ist, dann herzlichen Dank. Schon jetzt muss man leider sagen, macht sich die Kirche durch ihr selbstzerfleischendes postfaktisches Gezänk irrelevant. Wie wäre es denn stattdessen mal mit einem ernsten theologischen Disput darum, wie die unverkürzte Verkündigung des Glaubens im 21 Jahrhundert in einer vollkommen säkularisierten Welt auszusehen hat.

Da sich Geschichte gerne wiederholt, wir aber wiederholt gerne nichts aus der Geschichte lernen, wird man Mission am Ende neu erfinden müssen. Nur so viel: in der römischen Spätantike waren die Christen diejenigen, die der grausamen Welt des untergehenden römischen Imperiums eine echte Alternative zu bieten hatten. Sie töteten keine Kinder und Greise, sie pflegte die Alten und Kranken, sie kümmerten sich um die Armen und vieles andere mehr. Das taten sie aus dem Glauben an den der sie erlöst hat und nicht weil sie damit die Nächstenliebe (=Caritas) zum größten Arbeitgeber des Landes machen konnten.

In der Tat müssen wir einiges neu erfinden, denn im Gegensatz zu Antike haben wir ein funktionierendes Gesundheits- und Sozialsystem. Trotzdem war die Gesellschaft seit Jahrhunderten nicht mehr so herzenskalt z.B. gegenüber ungeborenen und schwerstkranken. Mission im 21. Jahrhundert kann nur in der Wahrheit der ganzen Lehre der Kirche und in der Wärme gegenüber den Armen, Verfolgten und Ausgegrenzten neben uns erfolgen. Das sind neben vielen anderen nicht zuletzt die ungeborenen Kinder in Lebensgefahr und die sterbenden Schwerstkranken über denen die Pentalbarbituratspritze schwebt. Auch das muss man leider sagen, zu den schweren bioethischen Herausforderungen dieser Tage trägt der synodale Weg gar nichts bei. Das redet die Opfer der innerkirchlichen Sexualstraftaten nicht klein, letztendlich muss man sagen, schweigt die Kirche nämlich nicht nur zu deren Leid. Das Schweigen der Kirche ist insgesamt zu laut geworden.

Und auch das gehört zum Stil des synodalen Weges, eine selbstreferentielle Nabelschau des Episkopats im Verbund mit den Funktionären. Man verzichtet darauf, den Zustand der Welt ernsthaft in den Blick zu nehmen. Nur eine klare Absage an den synodalen Weg und seine Stilbildung könnte noch einen Ausweg aus der Krise eröffnen. Aber damit würde bestimmt eine Menge Befindlichkeiten verletzt.


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