Kleines Ding, große Wirkung

19. Februar 2021 in Kommentar


Es ist besser zu beten, während du Schuhe putzt, als gar nicht zu beten und auf einen besseren Zeitpunkt zu warten. BeneDicta von Petra Knapp-Biermeier.


Linz (kath.net)

Alles oder nichts. Entweder vollständig oder gar nicht. Wenn du das nicht fertig stellst, dann kannst du gleich damit aufhören, dann hat es sowieso keinen Sinn. Wenn du das nicht sofort alles erledigst, dann lass es bleiben. Hast du auch solche Sätze in dir? Kommen sie dir automatisch über die Lippen, wenn du dein Handeln bewertest oder das der anderen?

Sätze wie diese bergen Weisheit in sich: Es ist gut, ein Ziel zu haben. Es ist gut, sich anzustrengen, ein Ziel zu erreichen. Es ist gut, wenn du dich überwindest, um eine Sache durchzuziehen und fertig zu bringen.

Aber Sätze wie diese blockieren manchmal unser Leben. Unter manchen Umständen sind sie sogar Gift: Wenn sie dich davon abhalten, kleine Schritte zu setzen, wo über weite Strecken nichts sichtbar ist.

Wo du vielleicht nicht einmal weißt, ob du das Ziel jemals erreichst. Oder wo du das Ziel nicht kennst, weil du noch nicht dort warst. Es gibt tausende Variationen von Prozessen, die über Tage, Monate, Jahrzehnte laufen müssen. Und plötzlich bist du an einem Ort, wo du nur deswegen hingekommen bist, weil du einfach dran geblieben bist.

Seit Wochen habe ich jeden Tag mehrere Fünf-Minuten-Aufgaben gestellt, für Bereiche, die ich ändern will. Ich stelle mir den Timer für fünf Minuten, beginne und höre pünktlich wieder auf. Das mache ich jeden Tag, seit Wochen. Das klingt lächerlich, und ich habe noch das ungläubige Lachen einer Bekannten im Ohr, der ich davon erzählt habe.

Ob ich nur fünf Minuten täglich Klavier spiele, Bauchmuskeltraining mache, eine neue Sprache lerne oder die ärgste Chaos-Zone meines Hauses aufräume – macht das tatsächlich einen Unterschied? Wenn ich dir das jetzt erzähle, klingt das sehr bescheiden. Aber was denkst du: Bin ich jetzt, drei Wochen später, besser oder schlechter dran als vorher?

Beim Beten geht es mir ganz ähnlich. Das innere Script „Entweder gescheit oder gar nicht“ beraubt mich kostbarer Momente im Alltag. Ein Stoßgebet im Auto kommt mir weniger bedeutsam vor als die Viertelstunde, wo ich exklusiv und ohne Ablenkung bete.

Ich will das Besondere nicht klein reden: Alles hat seine Zeit, und es gibt die Zeit des ruhigen Betens, der Sonntagsmesse, der Exklusivität mit Gott. Aber es gibt die vielen kostbaren Momente dazwischen. Der Alltag prägt unser Leben, und die kleinen Momente sind wie die kleinen Schrauben, die ich gerne mal entsorge, während mein Mann entsetzt „Kleines Ding, große Wirkung“ ruft und sie aus dem Müll wieder heraus kramt.

Es ist eine trügerische List des Feindes, uns glauben zu machen, dass wir immer auf die großen geistlichen Momente warten müssen, um in die Gänge zu kommen. Dein Gebet, während die Ampel von orange auf grün umspringt, kann den Lauf der Dinge ändern. Vergiss nicht die kleinen Momente, während du klagst, dass es dir an Zeit und Ruhe für die großen Momente fehlt.

Vielleicht ist es die eine Minute am Morgen, wo du um den Heiligen Geist bittest, beim Schuhe anziehen und beim letzten Blick in den Spiegel, ehe du das Haus verlässt. Du wirst heute wieder rennen, tun, telefonieren, einkaufen, diskutieren, überlegen, kochen, planen und tun, was du immer tust. Aber vergiss nicht: Es ist besser zu beten, während du deine Schuhe putzt, als gar nicht zu beten und auf einen besseren Zeitpunkt zu warten.

Ein „Jesus, sorge du“, wenn du gerade an deine Kinder in der Schule denkst. Ein „Jesus, segne diese Person“, wenn du einen Krankenwagen mit Blaulicht vorbeifahren siehst. Oder ein einfaches „Gegrüßet seist du Maria“, wenn du komplett ratlos in einer Situation bist. Die kleinen geistlichen Schrauben sind es, die große Wirkung zeigen in der unsichtbaren Welt. Auch jetzt hast du noch 30 Sekunden Zeit zum Beten, während du den Laptop zuklappst, deinen Stuhl zurückschiebst, aufstehst und wieder zurück gehst in deine Welt... Jesus segne dich!


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