Sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen

2. März 2021 in Aktuelles


Benendikt XVI. - Licht des Glaubens: Wehe-Rufe gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Dienstag der zweiten Woche der Fastenzeit:

“Den Schriftgelehrten und Pharisäern gegenüber empfindet Jesus zugleich Hochachtung und Zorn. Hochachtung, weil sie auf dem Stuhl des Mose“ sitzen und als Ausleger des Gesetzes höchste Autorität haben; Zorn, weil ihr Verhalten nicht zu ihrer Rede passt. Er nennt das Heuchelei. Wer Gottes Wort weitersagt und auslegt, bleibt immer hinter dem zurück, was er zu sagen hat: deswegen muss er noch kein Heuchler sein. Jesus macht den Jüngern klar - und der Evangelist sagt es der Gemeinde weiter -, dass die am meisten Grund zur Demut haben, die in der Gemeinde zum Lehren und Verkündigen berufen sind. Wir werden nicht so naiv sein, zu denken, die Warnung vor der Heuchelei, vor innerer Verlogenheit, gelte nur für die Zeitgenossen Jesu. - Jer 8,8-9; Dtn 17,8-13; Röm 2,17-24; Lk 11,46; Apg 15,10; Mk 12,38-40; Lk 11,43; 20,46; Mt 20,26; 18,4; Lk 1,52-53; 14,11; 18,14” (Schott).

“Darauf sprach Jesus zum Volk und zu seinen Jüngern  und sagte: Auf dem Stuhl des Mose sitzen die Schriftgelehrten und die Pharisäer.  Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach ihren Taten; denn sie reden nur, tun es aber nicht. Sie schnüren schwere und unerträgliche Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, selber aber wollen sie keinen Finger rühren, um die Lasten zu bewegen. 

Alles, was sie tun, tun sie, um von den Menschen gesehen zu werden: Sie machen ihre Gebetsriemen breit und die Quasten an ihren Gewändern lang, sie lieben den Ehrenplatz bei den Gastmählern und die Ehrensitze in den Synagogen und wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt und die Leute sie Rabbi nennen. Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. Auch sollt ihr niemanden auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel.  Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus. Der Größte von euch soll euer Diener sein.

Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden” (Mt 7,1-12).

Benedikt XVI., Angelus am 30. Oktober 2011:

In der Liturgie des heutigen Sonntags lädt uns der Apostel Paulus ein, das Evangelium »nicht als Menschenwort, sondern was es in Wahrheit ist als Gottes Wort« anzunehmen (1 Thess 2,13). Auf diese Weise können wir gläubig die Mahnungen empfangen, die Jesus an unser Gewissen richtet, um ein ihnen gemäßes Verhalten einzunehmen.

Im heutigen Abschnitt tadelt er die Schriftgelehrten und Pharisäer, die in der Gemeinde die Rolle von Lehrern einnahmen, da ihr Gebaren offen im Widerspruch zur Lehre stand, die sie den anderen mit Strenge vortrugen. Jesus hebt hervor: »Sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen« (Mt 23,3); mehr noch: »Sie schnüren schwere Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, wollen selber aber keinen Finger rühren« (Mt 23,4). Die gute Lehre muß angenommen werden, doch sie läuft Gefahr, durch eine inkonsequente Lebensführung verleugnet zu werden. Daher sagt Jesus: »Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun« (Mt 23,3). Die Haltung Jesu ist das genaue Gegenteil: Er verwirklicht als erster das Gebot der Liebe, das er alle lehrt, und kann sagen, daß es gerade deshalb eine leichte und milde Last ist, weil er uns hilft, sie gemeinsam mit ihm zu tragen (vgl. Mt 11,29–30).

Eingedenk der Lehrer, die die Freiheit der anderen im Namen der eigenen Autorität unterdrücken, verweist der hl. Bonaventura darauf, wer der echte Meister ist, und erklärt: »Keiner kann ohne die Gegenwart des Sohnes Gottes lehren oder gar wirken noch zu den erkennbaren Wahrheiten vordringen« (Sermo I de Tempore, Dom. XXII post Pentecosten, Opera omnia, IX, aracchi, 1901, S. 442). »Jesus sitzt auf der Kathedrades Mose [] als der größere Mose, der den Bund ausweitet auf alle Völker hin« (Jesus von Nazareth, Freiburg-Basel-Wien 2007, S. 96). Er ist unser wahrer und einziger Lehrer! Daher sind wir aufgerufen, dem Sohn Gottes zu folgen, dem menschgewordenen Wort, der die Wahrheit seiner Lehre durch die Treue zum Willen des Vaters, durch die Hingabe seiner selbst zum Ausdruck bringt. Der sel. Antonio Rosmini schreibt: »Der erste Lehrer formt alle anderen Lehrer, wie er auch die Schüler formt, da es [sowohl die einen als auch die anderen] allein kraft jenes ersten, stillschweigenden, doch so mächtigen Lehramtes gibt« (Idea della Sapienza, 82, in: Introduzione alla filosofia, Band II, Rom 1934, S. 143). Jesus verurteilt auch entschieden die Prahlerei und merkt an, daß sich ein Handeln, »damit die Menschen es sehen« (Mt 23,5), der Willkür der menschlichen Billigung aussetzt und so die Werte untergräbt, die das Eigentliche der Person ausmachen.

Liebe Freunde, Jesus, der Herr, ist als Diener vor die Welt getreten, er hat sich gänzlich seiner selbst entäußert und soweit erniedrigt, daß er am Kreuz die beredsamste Lehre an Demut und Liebe erteilte. Seinem Vorbild entspringt der Lebensvorsatz: »Der Größte von euch soll euer Diener sein« (Mt 23,11). Bitten wir um die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria und beten wir besonders für all jene, die in der christlichen Gemeinschaft zum Dienst der Lehre berufen sind, damit sie stets mit den Werken die Wahrheiten bezeugen können, die sie mit dem Wort vermitteln.

 


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