Freiheit und/oder Sicherheit! Alles oder Nichts!

6. März 2021 in Spirituelles


Gewisse Dinge darf man nicht mehr sagen. Dies hat sich in den letzten Jahren schon medial immer mehr abgezeichnet. Jetzt wird es in einer besonderen Form Wirklichkeit, nämlich durch Corona - Gedanken von Dechant Ignaz Steinwender


Salzburg (kath.net)

Jeder Mensch, so glaube ich, hat das Bedürfnis nach Sicherheit und zugleich das Bedürfnis nach Freiheit. In letzter Zeit ist gerade dies sehr, sehr vielen schmerzlich bewusst geworden, weil sich immer mehr Unsicherheiten abzeichnen und immer mehr Unfreiheiten zu Tage treten. Es stellt sich nun die Frage: Wie gehen wir damit um? Was können wir tun? Wie sollen wir darüber denken? Welches Gut ist höher? Kann man oder soll man nach beiden streben? Was sollen wir tun, wenn diese beiden Güter scheinbar in Konkurrenz zueinander treten?

Kann man die Freiheit der Sicherheit opfern?

Diese Frage ist nicht ganz einfach und von Fall zu Fall verschieden zu beantworten. Nehmen wir z. B. die Meinungsfreiheit her. Diese ist ein sehr hohes Gut, aber keineswegs selbstverständlich. Viele Generationen vor uns haben lange und unter vielen Opfern darum gekämpft. Gegenwärtig spürt man immer häufiger Denk- und Redeverbote. Gewisse Dinge darf man nicht mehr sagen. Dies hat sich in den letzten Jahren schon medial immer mehr abgezeichnet, vor allem durch die „political correctness“. Jetzt wird es in einer besonderen Form Wirklichkeit, nämlich durch Corona!

Drei Beispiele für den hohen Wert der Meinungsfreiheit.

Beispiel eins: Manche (vielleicht sind es insgeheim sogar viele) Lehrer und Lehrerinnen sind der Meinung, dass der Maskenzwang und das Testen in den Schulen unverhältnismäßig sind, dass diese Maßnahmen in sehr vielen Fällen gegen das Kindeswohl verstoßen und dass diese Übel mit all ihren sogenannten Kollateralschäden um vieles größer sind als das, was man damit verhindern will. Sie stimmen damit mit den Eltern überein, die dies oft noch viel drastischer spüren. Müssten die Lehrkräfte nicht ihre Stimme für die ihnen anvertrauten Kinder erheben? Auch um den Preis, damit anzuecken und die Akzeptanz bei anderen zu verlieren? Es ist allen zu danken, die trotz drohender Rügen von oben, Hausverstand und Menschlichkeit bei der Umsetzung von zum Teil nicht nachvollziehbaren Anordnungen walten lassen. Und doch bräuchte es noch mehr. Doch viele sagen nichts, weil sie womöglich zurecht Angst haben, dass sie ihre Anstellung und damit manche Annehmlichkeiten des Beamtentums verlieren könnten. Ein Arbeitsplatzverlust in dieser unsicheren Zeit wäre wahrhaft ein heroisches Opfer, das von niemandem verlangt werden kann, und doch ist die Zukunft der Kinder auch große Opfer wert, vor allem wenn man bedenkt, dass die vermeintliche Sicherheit nie mehr als nur vorläufig sein kann.

Beispiel zwei: Ein Hotelier ist entsetzt über den Lockdown. Was er und seine Eltern in Jahrzehnten aufgebaut haben, wird jetzt in Frage gestellt und beginnt vor seinen Augen zu zerrinnen. Dafür bekommt er Geld vom Staat angeboten. Er nimmt das Geld und schweigt zum Lockdown, schließlich will er es sich mit der von ihm gewählten Obrigkeit nicht verscherzen. Dabei bedenkt er vielleicht nicht, was es auf lange Sicht bedeuten wird, am Fördertopf des Staates zu hängen. Er opfert seine Freiheit, sein Berufsethos als Hotelier der momentanen Sicherheit. Am Ende steht der Verlust der sozialen Marktwirtschaft und das Versiegen der Fördertöpfe.

Beispiel drei: Die Oma ist im Altenheim. Sie darf nur einmal in der Woche von Angehörigen, und das nur eine halbe Stunde lang und unter schwierigen Bedingungen, besucht werden (mittlerweile dürfte dies in einigen Heimen etwas gelockert worden sein). Die Freiheit der Oma ist empfindlich eingeschränkt. Dies alles geschieht aber, um die Oma angeblich zu schützen. Würde man der Oma und ihren Kindern die Freiheit geben, zu wählen, dann würden sich vermutlich alle für ein großzügigeres Besuchsrecht entscheiden. Ich glaube, dass ca. 99 Prozent der Betroffenen so denken. Aber die meisten Angehörigen sagen nichts, aus Angst vor Totschlagargumenten, aus Angst als Lebensgefährder gebrandmarkt zu werden. Und auch die Betreuer, die dieses schwere Unrecht miterleben, schweigen dazu. Man nimmt vielen alten Menschen das, was das Leben lebenswert macht, damit sie etwas später, dafür aber dann vereinsamt und ohne Würde sterben (manche sterben sogar deswegen früher, an gebrochenem Herzen, aber diese Kollateralschänden werden ja nicht statistisch erfasst).  Würden nur zehn Prozent der Heimleiter, zehn Prozent der Angestellten oder zehn Prozent der Angehörigen dieses Unrecht nicht dulden, ihre materielle Sicherheit aufs Spiel setzen, um die Würde der alten Menschen zu schützen und zu verteidigen, dann gäbe es dieses Unrecht nicht mehr!

In diesen drei Beispielen geschieht Folgendes: Die Meinungsfreiheit bzw. die Würde des Menschen wird einer gewissen Sicherheit geopfert, weil jeder zuerst an sich denkt und momentane Nachteile verhindern will. Aber in allen drei Fällen übersteigen die Kollateralschäden jene Schäden, die man vermeiden möchte. Und in keinem der drei Fälle werden die Auswirkungen dessen, wozu jetzt geschwiegen wird, nicht auch die jetzt Schweigenden treffen.

Kinder werden traumatisiert und viele psychische Schäden zeichnen sich ab.  Wenn das Geld dann ausbleibt und die Wirtschaft an die Wand gefahren ist, dann kommt eine große Abhängigkeit. Selbst wenn die Pandemie längst vorbeisein wird, werden die wirtschaftlichen Spätfolgen ganze Generationen in Mitleidenschaft ziehen. Dann wird die Erkenntnis nahen: Mit dem unverhältnismäßigem Lockdown hat man nicht nur der älteren Generation Unrecht getan (Zerstörung des Aufbauwerkes, 4. Gebot), sondern zugleich den Kindern (Beraubung der Zukunftschancen). Das oben angeführte Unrecht gegen die Alten wird mentalitätsmäßig den Weg für die in Europa längt im Kommen befindliche Euthanasie beschleunigen. 

In diesen Fällen trifft dann das Zitat von Benjamin Franklin zu: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren!“ (Original „Those who give up essential liberty to purchase a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.“) Jene Leute, die wider besseres Wissen nichts sagen, um nicht aufzufallen und alles mitmachen, um keinen Nachteil zu haben und um sich nichts zuschulden kommen zu lassen, laden vielleicht am meisten Schuld auf sich. Der Weg in eine Diktatur geht über viele Leute, die nur ihre Pflicht tun.

Umgekehrt kann man festhalten: Wenn einem die Meinungsfreiheit mehr wert ist als die Sicherheit – das kostet aber persönliche Opfer - dann wird man am Ende frei sein und viele Sicherheiten dazubekommen.

Ich möchte es nochmals verdeutlichen: Wer kurzfristig den eigenen Vorteil und die eigene Sicherheit sucht und (scheinbar) gewinnt, wird langfristig alles verlieren. Kurz ist der Weg in die Diktatur und in die gemeinsame Not. Länger, anspruchsvoll und mit persönlichen Opfern verbunden ist der Weg der Freiheit, der am Ende auch zur Sicherheit führt und – für einen gläubigen Christen – zum ewigen Leben.

Was sollen wir also tun?

Erstens: Für die Freiheit eintreten, sei es gelegen oder ungelegen! Sich dazu nach Möglichkeit mit anderen Gleichgesinnten verbinden. Allein ist es immer sehr schwierig. Doch gemeinsam hat man mehr Mut, mehr Kraft und verschafft sich leichter Gehör.

 Zweitens: Jeden Tag jemanden anrufen, der eine wichtige Verantwortung hat! Verantwortungsträger mit den Auswirkungen ihrer Entscheidungen konfrontieren. Wenn man es gesagt hat, dann ladet man als Wissender keine Schuld auf sich.

 Drittens: Wenn man selbst nicht den Mut aufbringt, für die Freiheit aufzustehen, dann soll man wenigstens andere, die es tun, bestärken. Leider neigen manche dazu, das eigene schlechte Gewissen dadurch zu beruhigen, dass man jene, die ihrem Gewissen folgen und gegen Freiheitseinschränkungen aufstehen, kritisiert oder gar denunziert.

Viertens: Zuerst die tiefere und endgültige Sicherheit in Gott suchen und die wahre Freiheit der Kinder Gottes anstreben, um dann die Erfahrung machen zu können, dass es nur bei Gott eine wirkliche Sicherheit gibt, nämlich jene, dass er uns liebt und nie verlässt.

 Fünftens: Die Schriftworte Mt 6,19 -34 und die Worte des Propheten Jeremia (Jer 17,5-10) bedenken.

Von der falschen und der rechten Sorge (Mt 6,19-34)

Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Das Auge gibt dem Körper Licht. Wenn dein Auge gesund ist, dann wird dein ganzer Körper hell sein. Wenn aber dein Auge krank ist, dann wird dein ganzer Körper finster sein. Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist, wie groß muss dann die Finsternis sein! Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon. Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt. Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung und der Leib wichtiger als die Kleidung? Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie? Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern? Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen. Wenn aber Gott schon das Gras so prächtig kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgen ins Feuer geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen! Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? Denn um all das geht es den Heiden. Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht. Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben. Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage.

Vom wahren Vertrauen

Jeremia 17, 5-10

Verflucht der Mann, der auf Menschen vertraut, auf schwaches Fleisch sich stützt (frei nach dem Motto: Wir schaffen das schon……) Gesegnet der Mann, der auf den Herrn sich verlässt und dessen Hoffnung der Herr ist. Er ist wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und am Bach seine Wurzeln ausstreckt: Er hat nichts zu fürchten, wenn Hitze kommt (…)

 

Gedanken zum Sonntags-Evangelium von P. Klaus Einsle LC

 


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