Gender-Gezänk unter Genossinnen

13. März 2021 in Kommentar


Kampf um die Sprache - Ein Kommentar von Peter Hahne


Berlin (kath.net)

Wer sich in Mainz über Erderschütterungen wundert: das Beben kommt vom Hauptfriedhof, wo der Gründungsintendant des ZDF begraben liegt. Der unvergessene Karl Holzamer, am 22. April 2007 hundertjährig verstorben, hat dort seine letzte Ruhestätte gefunden (übrigens mit einem riesig auf den Grabstein gemeißelten Jesus-Wort „Ich bin die Auferstehung und das Leben“) und rotiert nun in derselben. Der Philosoph und Pädagoge war Mitglied des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem und verwandt mit dem Schriftsteller Wilhelm Holzamer. Er achtete in seinen legendären 16 Intendanten-Jahren auf blitzsauberen Journalismus, wozu ordentliche Recherche und der richtige Gebrauch der deutschen Sprache gehörten. 

1967 sorgte der tief gläubige Katholik für Schlagzeilen, als er seinem Star-Showmaster Lou van Burg („Der Goldene Schuß“, ein Straßenfeger und Quotenrenner) fristlos kündigte. Grund: „Mister Wunnebar“ hatte neben seiner Ehefrau noch eine Geliebte. Diese „Bettgeschichten mit Balkenüberschriften in den Boulevardblättern“ bezeichnete Holzamer als unwürdig für das ZDF. Er müßte sich heute wahrscheinlich permanent neue Mitarbeiter suchen.

Viel substanzieller und wenig „Wunnebar“ dürfte Holzamer es finden, dass sein „Bildungsfernsehen“ gerade für eine besondere Art von Volkserziehung mißbraucht wird. Die geschätzte Moderatoren-Kollegin Petra Gerster nahm letzten Donnerstag bei „Maischberger“ (ARD)  zur eigentümlichen Art ihrer Sprechweise Stellung, die manche als logopädische Störung, Schluckauf oder andere Beschwerden deuten.  Gerster, die zum Beispiel Leser...innen sagt, also eine Baby-Bäuerchen-Pause nach den ersten zwei Silben einlegt, bekam nach eigenen Angaben „wütende“ Reaktionen auf ihre Genderei. „Die Mehrheit der Zuschauer lehnt das ab”, räumt sie ein. Aber sie meint, daß sei „alles nur eine Frage der Gewöhnung.“

Gewöhnung! Das ist doch Hochmut-Pädagogik vom Feinsten, sozusagen Sonderschule fürs dumme Volk, für diese elenden Rückwärtsgewandten, die in der Sprache von Goethe, Schiller, Buber oder Luther völlig hinterwäldlerisch steckengeblieben sind, sozusagen Provinz pur. Denen muß man doch als medialer Volksbildungsmoderator mal auf die Sprünge helfen und ihnen die patriarchalistischen Flausen austreiben. Sozusagen die leidvoll zu ertragende allabendliche 19-Uhr-„heute“-Dosis Lebertran für die Volksgesundheit. Die werden sich schon dran gewöhnen, wie man „gerecht“ zu sprechen hat. Eine interessante Neudefinition von Demokratie. Das klingt wie die neue All-Altparteien-Politik: das Volk (oder wie es im „Hamburg-Journal“ des NDR heißt: die Bewohnenden) sind eben noch nicht so weit wie wir hochgebildeten Elite-Sprach-Soldat*_in/nen. Die wollen doch noch nichtmal die schönen Windräder oder die Abschaffung der Einfamilen-Häuser, diese Elenden.

Mehr Hochmut und Volksverachtung geht nicht. Denn was die Bewohnenden und schon länger hier Lebenden, wie „das Bundeskanzler“ (so der Gender-Vorschlag bei „Maischberger“, ohne Alkohol und ersten April) die Deutschen nennt, wirklich wollen, besagt zum Beispiel eine Leserumfrage der Mitteldeutschen Zeitung: 99 %  sagen Njet zu dem Spuk.

Doch nun wird die ganze Genderei zum Gezänk unter Genossinnen. Herr(!)lich! Die ehemalige ORF-Moderatorin („ZiB-Kultur) und bekennende Feministin Andrea Schurian, jetzt Chefin der jüdischen Zeitschrift „NU“, holt zum großen Schlag aus. In „Die Presse“ (Wien) wütet sie mit den Worten des Philosophen Konrad Paul Liessmann über den „Glottisschlag“, wie man das sprachgestörte Bäuerchen (besser: Bäuerin-chen?!), also quasi den gesprochenen Genderstern, das kreisförmig angeordnete Deppenapostroph offiziell nennt: „Ich werde den Gedanken nicht los, dass es bei diesem doch eher peinlichen Gestammel weniger um die weiblichen oder queeren Adressaten als um moralische Selbstgefälligkeit geht und darum zu zeigen, dass man die politische korrekte Fassade aufrechterhält.“  

Das „stimmlose glottale Plosiv“, also die kurze Atempause zwischen Leser--innen zum Beispiel, „soll den Raum zwischen männlicher und weiblicher Form für alle Geschlechteridentitäten erleuchten,“ vermutet Feministin Schurian und kommt zu dem vernichtenden Urteil: „Ich will in keinem stillen Sprachloch verschwinden.“ Und setzt noch einen drauf: „Auch wenn es biologisch gesehen Unsinn ist, sollen gendersensibilisierte Babys fürderhin mit Eltern- statt Muttermilch abgespeist werden. Schließlich könnte sich jemand vom weiblichen Brustfütterungsalleinstellungsmerkmal dominiert und diskriminiert fühlen. Also, Frauen, werdet, was ihr seit Jahrhunderten perfektioniert: unsichtbar!“

Tja, es ist also längst keine Frage von rechts oder links, stock-hetero-konservativ oder ach-so-liberal-queer mehr. Auch in der Linken (siehe Wolfgang Thierse, Gesine Schwan oder Willy Brandt-Sohn Peter in ihrem Streit mit der Esken/Kühnert-SPD) regt sich unter den wahrhaft Gebildeten und dem normalen Volk der den  länger existierenden Sprachraum (früher Deutschland genannt) Bewohnenden Widerstand. Für Gender-Gaga scheint Schluß mit lustig. Wäre da nicht die schützende Hand der Öffentlich-Rechtlichen oder das Milliarden teure Divers-Förderungsprogramm der Bundesregierung, das zur Wochenmitte vorgestellt wurde. 

Ach, lieber Professor Holzamer, was war das noch schön, als das Fernsehen Bildung und nicht Gewöhnliches äääääh Gewöhnung auf dem Programm hatte. Gut, dass ich schon entwöhnt bin. Nicht nur von der Elternbrust mit ihrer Menschenmilch. Und das Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein“ paßt prima zu dem Volksbildungsprogramm der Volksverächterelite: es bleibt etwas Hohles zurück, und wenn’s nur die Birne ist. 

PS: Es gibt aber auch Lichtblicke in all der Verblendung: sah ich doch zufällig am 10. März den Beginn der Kochsendung „Stadt, Land, lecker“ im ZDF mit Starkoch (nicht zu verwechseln mit Gender-Köch*in Herr-Frau) Alexander Herrmann (müßte der Name nicht längst verboten sein?!). Der begann in korrektem Deutsch: „Ich trete heute gegen fünf Kollegen an.“ Um dann zu seinen Mitbewerbern überzuleiten: „Und hier sind sie, meine fünf Kollegen.....“ Was man sah und was sich dann vorstellte: zunächst zwei Frauen, dann die drei Männer. Ist denn niemand der verantwortlichen Redakteurenden oder Leitenden oder Intendant...in, die da sprachpolizeilich aufpassen?! Sind das denn alles pennende Weihnachts*frauen und vernachlässigen das gerechte Programm stief*väterlich?! Vielleicht haben sie ja doch noch einen Rest von Holzamer-Bildung und wissen, was das generische Maskulinum ist. 

 

Peter Hahne (68) war Vorgänger von Petra Gerster als Moderator der ZDF-Hauptnachrichtensendung „heute“. Zum Thema auch sein neues Buch: „Seid ihr noch ganz bei Trost! Schluß mit Sprachpolizei und Bürokraten-Terror“ (Quadriga/Lübbe-Verlag)

 

BUCHTIPP:

Seid ihr noch ganz bei Trost!
Schluss mit Sprachpolizei und Bürokraten-Terror
Von Peter Hahne
Hardcover, 128 Seiten
2020 Quadriga
ISBN 978-3-86995-096-9
Preis Österreich: 12.40 EUR

 


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