8. April 2021 in Aktuelles
Aldo Maria Valli und das ‚Monstrum’ des sanitären Leviathan. ‚Lieber Untertanen als Tote’ ?? Die despotische Bedrohung der Errungenschaften des Menschseins und des Christentums. Ein neuer Absolutismus. Von Armin Schwibach
Rom (kath.net/RaiCultura/as) Leviathan – ein Satan nahestehendes Ungeheuer aus der jüdischen Mythologie, „liwjatan“, „der sich Windende“, das kosmische Seeungeheuer, das am Ende der Welt von Gott besiegt werden soll. In der Moderne wurde dieses hebräische Wort לִויָתָן zum Symbolbegriff und zur gern gebrauchten Metapher für Allmacht. So regte das Ungeheuer Thomas Hobbes zu seiner berühmten staatsphilosophischen Schrift „Leviathan“ (1651) an. Die Allmacht des Staates wird da mit der Unbezwingbarkeit des Ungeheuers verglichen. Dabei ist der Mensch für Hobbes kein aristotelisches „animal sociale“, dessen seinsmäßige Bestimmung das Gesellschaftliche ist. Dagegen kennzeichnen den Menschen in der Welt eines Hobbes drei Antriebe: Verlangen, Furcht und Vernunft.
Sowohl das mythologische Ungeheuer, das auf den Kampf zwischen Satan und Gott verweist, als auch die absolutistische Staatstheorie eines Hobbes lassen einen in der aktuellen Situation der realen und harten beschränkenden Eingriff in das, was Mensch ist und wie er sich definiert, nicht umhin kommen, sich grundlegende Fragen zu stellen. Seit 13 Monaten ist nichts mehr, wie es war, seit 13 Monaten steht der Mensch vor der Rede der „Beschränkung“, des „Abstandes“, des „Maskenzwangs“ aufgrund einer sogenannten Pandemie. Eine neue Metaphysik wurde aus fadenscheinigen Gründen instauriert. 13 Monate der Leere, der Abwesenheit, des Beweises unter anderem der Systemirrelevanz von so vielem, darunter auch der Kirchen. Eine Leere, die sich an einem Ort wie Rom, dem Vatikan und St. Peter auf besonders brutale Weise spürbar macht.
Aldo Maria Valli ist ein renommierter italienischer Journalist, Essayist und Schriftsteller. Valli arbeitet seit April 1995 in Rom, zuerst beim nationalen TG3, zunächst als Reporter, dann ab 1996 als Vatikanist. 2007 wechselte er als Vatikanist zum TG1, wo er bis 2019 bleiben wird. Die Begegnung mit dem heiligen Papst Johannes Paul II. stellte das wesentliche Schlüsselereignis für sein privates und professionelles Leben dar. Valli begleitete ihn auf rund vierzig Auslandsreisen und berichtete über dessen Leidensweg.
Nun ist er in der Zeit der sogenannten Pandemie mit einem Essay an die Öffentlichkeit getreten, in dem er über „Virus und Leviathan“ spricht: eine Arbeit über einige Fragen zu unserer Freiheit, die während des ersten Lockdowns in Italien im März 2020 aufkamen und als politische Philosophie bezeichnet werden können. Vallis Nachdenken ist nicht nur für die italienische Situation relevant.
Der Autor stellt fest, mit welcher Leichtigkeit wir den Gesetzen einer sogenannten Pandemie folgend die Grundfreiheiten beseitigt haben und in eine Art therapeutischen Despotismus verfallen sind, der paradoxerweise geteilt wird, weil die öffentliche Meinung und die Medien ihn sofort nicht nur gerechtfertigt, sondern sich zu eigen gemacht haben, dies in einem Regime, in dem die Gesundheit zu einem absoluten Prinzip geworden ist und der Bürger in einen Patienten verwandelt wurde.
Ein Despotismus, der von einem wissenschaftlichen Dogmatismus gestützt wird, für den die Phrase „die Wissenschaft hat es gesagt“ zum Synonym für absolute Wahrheit geworden ist, während in Wirklichkeit bekannt ist, dass die Wissenschaft nur selten allgemeingültige Antworten hat, und von einer Medienerzählung, die, anstatt zu informieren, dazu beigetragen hat, die öffentliche Meinung zu verängstigen und das zu festigen, was der deutsche Philosoph Günther Anders als absoluten Konformismus bezeichnete, in dem diejenigen, die ihre Freiheit verloren haben, es nicht merken, weil sie, nachdem sie entsprechend konditioniert wurden, sich freiwillig der Macht unterworfen haben. (amv)
Eine These, die im CENSIS-Jahresbericht 2020 (CENSIS: Centro Studi Investimenti Sociali, ein 1964 gegründetes italienisches sozioökonomisches Forschungsinstitut mit Sitz in Rom) eine unerwartete Bestätigung gefunden hat. Der Bericht bestimmt unter dem Titel „Lieber Untertanen als Tote“ ein vom Virus verängstigtes und geschundenes Italien, in dem die Freiheit geopfert wird, fast so, als wäre sie ein Luxus, den man sich nur leisten kann, wenn alles gut läuft, und demzufolge etwa 60 % der Italiener bereit sind, im Namen des Schutzes der kollektiven Gesundheit persönliche Freiheiten aufzugeben.
Alexis de Tocqueville, der im 19. Jahrhundert die Allgegenwart der administrativen Macht in den Vereinigten Staaten beschrieb, stellte fest, dass diese Macht absolut, detailliert, regelmäßig, vorsorglich und mild ist, alles Adjektive, die auch die seit März 2020 erlassenen Maßnahmen der italienischen Regierung beschreiben können, die mit einer paternalistischen Haltung alle kleinsten Aspekte unseres Lebens regeln, wie eine Form von detailliertem Absolutismus. Eine Macht, die, so Tocqueville, „den Bürger in einem immerwährenden infantilen Zustand hält, indem sie ihn der Anstrengung des Denkens beraubt“. (amv)
Angesichts einer solch ernsten Situation gab es keine kritische Reaktion seitens der katholischen Kirche, die sich stattdessen dem vorherrschenden Narrativ anpasste, das auf Terror basierte und basiert und in einigen Fällen sogar die Schritte der Staatsmacht vorwegnahm.
Wodurch sie in Italien und anderswo ihre „Systemirrelevanz“ auf tragische Weise an den Tag legte. Der Schaden ist enorm. Das kirchliche Leben ist eingebrochen oder gar zerbrochen. Der neue Leviathan hat es erdrückt. Statt eines Nachdenkens über Leben und Tod steht man vor der verängstigten Sucht nach „Gesundheit“, ohne dabei zu definieren, was „Gesundheit“ ist. Eine Politik der Angst und ein Angstprinzip: sie wollen Leben neu definieren und den maskierten Menschen als Norm installieren.
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