7. Mai 2021 in Kommentar
Weder die Frauenordination noch die Aufhebung des Zölibats oder gleichgeschlechtliche Segnungen werden die Attraktivität oder die gesellschaftliche Bedeutung der Kirche steigern - Benedicta am Freitag von Dorothea Schmidt
Regensburg (kath.net)
Unaufhörlich drängen Männer und Frauen zur Frauenordination. Seien es Damen von Maria 2.0, aus Verbänden wie der kfd oder Einzelpersonen wie der emeritierte Theologe Peter Hünermann, der seit Jahren das Diakonat der Frau fordert. Auch die Debatte um die Abschaffung des Zölibats und die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften reißt sich ab. Es braucht jetzt mal einen Punkt hinter all diesen Diskussionen – nicht, dass man sie nicht führen darf, aber sie nehmen einen so großen Raum ein, dass sie uns ablenken von unserem eigentlichen Auftrag: jeden Tag umzukehren, der Welt das Evangelium zu bringen, Pfarreimitglieder zu Jüngern Jesu zu machen – alles dafür zu tun, dass Menschen dem lebendigen Gott begegnen.
Unlängst hat der Verein „Alpha Deutschland“ eine Konferenz zur „Divine Renovation“ organisiert und Fr. James Mallon aus Kanada eingeladen, der seit 10 Jahren den Weg der missionarischen Erneuerung geht. Er berichtet, welche Früchte wachsen, wenn Pfarreien geistlich erneuert werden bzw. was passiert, wenn sie bloß an Strukturen herumbasteln und sich damit ständig im Kreis und um sich selber drehen: Es wird sie irgendwann nicht mehr geben. Das ist die Prognose bis 2040 für die anglikanische Kirche in Kanada, und Deutschland könnte es genauso ergehen, wenn sie statt zu missionieren und die Gemeinde zu erbauen nur am Systemerhalt arbeiten würde, mahnte er mit Bezug auf den Synodalen Weg.
Eines ist doch klar: Weder die Frauenordination noch die Aufhebung des Zölibats oder gleichgeschlechtliche Segnungen werden die Attraktivität oder die gesellschaftliche Bedeutung der Kirche steigern. Es werden weder mehr Menschen in die Kirche strömen noch werden sie zu brennenden Jüngern Jesu werden. Was wir damit sehr wohl erreichen werden, ist, dass einige ihre Wünsche erfüllt haben werden. Aber Kirche ist kein Wunschkonzert. Wenn wir so weitermachen, wird die Kirche eine Ruine werden, über der der Heilige Geist traurig seine Runde dreht.
Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist jetzt: Welche Art Kirche wollen wir eigentlich sein? Eine Kirche nach dem Sinn Jesu unterscheidet sich sehr von den Systemen dieser Welt. (Grund)Recht und Gleichheit haben mit dem Herrn eine ganz andere, viel tiefere und manchmal für den menschlichen Verstand schwer zu (be)greifende Bedeutung als in der Welt.
Beispielsweise darf das Priesteramt nicht als Grundrecht gemäß der Menschenrechtserklärung der Französischen Revolution gesehen werden. Sondern hier ist Grundrecht gebunden an den Schöpfergedanken Gottes. So hat es Joseph Ratzinger einmal formuliert. Nicht der Mensch und sein Verstand gäben vor, das recht ist, sondern Gott. Nicht der Mensch verfüge über die Wirklichkeit, sondern ihm gehe ein schöpferischer Wille voraus, an den die Kirche gebunden sei.
Die Kirche lebt von Voraussetzungen, die sie sich nicht selbst gegeben hat. Dazu gehört auch die Erwählung der Zwölf. Das Priestertum ist kein historischer Zufallsakt, sondern ein Sakrament, das Jesus eingesetzt hat. Es ist weder eine Priviligierung der einen noch eine Benachteiligung der anderen. Es gibt schon gar nicht ein Recht auf eine priesterliche Weihe-Vollmacht. Benachteiligung und Ungerechtigkeit setzen voraus, dass einem ein Recht vorenthalten wurde. Ein Recht kann einem nur dann vorenthalten werden, wenn es ein Recht ist, das man einfordern kann. Darum handelt es sich aber bei den durch Christus an seine Kirche übertragenen Vollmachten nicht.
Genauso falsch ist es zu sagen, die Kirche diskriminiere Menschen, die anders leben als die göttliche Ordnung und das kirchliche Lehramt es vorgeben. Zu fordern, sie solle Ansprüche herunterschrauben oder Gebote ändern, damit Sünde nicht mehr Sünde ist, kann nicht der richtige Weg sein. Kirche ist anspruchsvoll. Treue kann uns viel kosten, manchmal sogar das Leben, wenn wir die Märtyrer anschauen. Kirche und Glaube können anstrengend sein, aber das Ergebnis ist ein erfülltes Leben in echter Freude – und das Kreuz und der Kreuzweg Jesu waren doch noch viel anstrengender.
Darum sollten wir uns von dem Gedanken verabschieden, Kirche anpassen zu müssen. An was soll sie sich überhaupt anpassen: An die Mehrheitswünsche von heute? An das, was der mainstream in 3 Jahren floatet? Und dann justieren wir nach 6 Jahren nochmal nach?...
Da lob ich mir doch die katholische Lehre, durch die die Kirche dem Menschen eine Konstante und Orientierung bietet, die jeder annehmen kann oder auch nicht. Aber den göttlichen Willen ändern darf niemand. Wir müssen vielmehr lernen, zu akzeptieren, dass Gott immer ein Stück der Unbegreifliche für uns bleiben wird. Wir müssen erkennen, dass die Kirche immer angegriffen werden wird, worauf Papst Franziskus neulich hingewiesen hat: Wenn der Feind die Kirche zerstören wolle, werde er die Axt an der Wurzel ansetzen und das Volk am Beten hindern. Statt Machen und Dinge ändern zu wollen, müssten wir zu allererst (viel mehr) beten.
Weitergedacht bedeutet dies Umkehr. Die katholische Kirche in Deutschland posaunt in die Welt „Jeder ist willkommen.“ Und so soll es auch sein. Aber es fehlt ein weiterer Posaunenstoß: „Alle müssen umkehren.“ Man klagt über Austritte und Geldeinbußen. Kein Wunder, die Kirche hat an vielen Orten ihre Kraft verloren.
Eine Pfarrei muss missionarische Jünger hervorbringen. Dann wird das Geld auch wieder fließen, versicherte der kanadische Priester James Mallon aus eigener Erfahrung. Es gäbe einen Zusammenhang von missionarischer Jüngerschaft und finanziellen Mitteln. Mission bedeute nicht, viel zu tun, sondern beschreibe eine Identität. Es geht darum, wer wir sind und um eine innere Haltung, die sich nicht – wie bei Debatten um Strukturen – auf sich selbst bezieht, sondern sich auf Gott ausrichtet und den Menschen zuwendet.
Daneben muss die Kirche wieder erkennen, dass sie aus sich heraus nichts tun kann, sondern Kraft aus der Höhe empfangen muss: „Wenn nicht der Herr das Haus baut, müht sich jeder umsonst, der daran baut“ (Ps 127), „bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werdet“ (Lk 24,49). Im Klartext: Wir können noch so hart arbeiten und planen; ohne die Kraft Gottes werden unsere Mühen keine (schönen) Früchte hervorbringen.
Nur mit Gott können wir eine missionarische Kirche werden. Unsere Ziele dürfen nicht einfach strukturelle Änderungen sein, sondern zunächst der Wunsch, dass Menschen Gottes Liebe erleben. Wenn wir im Großen Dinge ändern wollen, müssen wir im Kleinen anfangen, in unsern Herzen – ganz nach dem biblischen Motto: Neuer Wein gehört in neue Schläuche.
Dann werden Menschen von sich aus tiefer gehen und echte Jünger Jesu werden wollen. Dann werden die katholischen Kassen wieder klingeln. Dann werden Männer und Frauen einander schöpferisch ergänzen statt sich neidvoll zu bekriegen. Dann werden wir Gleichheit als ergänzende, bereichernde Unterschiedlichkeit schätzen lernen und das Antlitz Jesu als Mann und Frau wieder besonders schön repräsentieren. Wir werden eine Kirche sein, die das Evangelium nach vorne stellt, die direkt zu Jesus führt, dabei anspruchsvoll ist, aber leuchtet, weil sie Christus wieder entdeckt hat.
P. Klaus Einsle LC - Kommentar zum Sonntags-Evangelium - Jesus verkündet ein anderes Glück als heute so manche in der Kirche verkünden möchten!
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