8. Juni 2021 in Kommentar
"Für die ARD und den ZDF geht es überhaupt nicht um Missbrauch, es geht um den synodalen Weg" - Gastkommentar von Helmut Müller
Köln (kath.net)
Das heißt nicht, dass ich selbst die Kraft hätte unter dem Kreuz stehen zu bleiben, im Hinblick auf das, was Kardinal Woelki seit Monaten aushalten muss. Diese Gedanken kamen mir, als ich die Nachrichten im ZDF und der ARD und danach in ZDF spezial und den Tagesthemen von vergangenem Freitag sah. Kardinal Marx bat den Papst um die Annahme seines Rücktritts vom Bischofsamt, wie er sagte, aus persönlichen Gründen, weil er im Missbrauchskandal versagt habe. Mein Respekt, wenn das der Grund ist. Zumindest bei ZDF und ARD spielte bei der Berichtserstattung Missbrauch überhaupt keine Rolle. Allein Karen Miosga versuchte in viermaligem Nachfragen Bischof Bätzing zu einer Stellungnahme zu nötigen, dass ein anderer hätte zurücktreten müssen und nannte auch den Namen: Kardinal Woelki. Auch hier wurde ganz unverblümt nicht Missbrauch thematisiert, sondern Widerstand des Kölner Kardinals gegen die Reformagenda des synodalen Weges genannt. Mir ist noch nie so massiv und offensichtlich begegnet, dass Missbrauch mit dem Missbrauch geschieht. Sowohl Marx als auch Bätzing ließen dann doch noch durchblicken, dass auch sie an den Kardinal aus Köln dachten. In der Berichterstattung wurden dann auch ein ganzes Rudel von Gegnern Woelkis interviewt, die wie Bluthunde den Kölner Kardinal seit Monaten verfolgen und dann verbellen, auch wenn sie gar keine Spur gefunden haben: Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller, der Journalist Joachim Frank und Christian Weisner von Wir sind Kirche, der vermutlich in eine Sinnkrise stürzen würde, wenn sich alle seine Wünsche an die katholische Kirche tatsächlich erfüllten. Kirchenkritik ist offensichtlich seit über 20 Jahren sein Lebensinhalt.
Ich will jetzt aber nicht über die Entscheidung von Kardinal Marx rätseln oder spekulieren, wie Franziskus entscheidet, sondern Kardinal Woelki bestärken, dass er wie Maria, die er ja im Namen führt und der Apostel Johannes, als einziger der Jünger unter dem Kreuz stehen geblieben sind. Jedenfalls kann man es nicht als Heldentat verkaufen, wenn man nicht darunter stehen geblieben ist. Dem Kölner Kardinal ergeht es nämlich nicht anders als Jesus selbst: Jesus bekam von seinen Jüngern zu hören: „Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören? (Joh 6,60) Und einige Zeilen weiter heißt es dann: „Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher.“ (Joh. 6,66)
Kardinal Woelki ist widerfahren, was auch seinem Meister widerfahren ist: Er redet den Leuten, wie Jesus damals, nicht nach dem Mund. Das ist sein eigentliches Vergehen. Da kann ihn auch der pensionierte Bundesrichter Thomas Fischer, der nicht mal Christ ist, sogar im Nachrichtenmagazin Der Spiegel, in Schutz nehmen, das erste Gutachten aus München ihn nicht belasten, der Strafrechtler Björn Gercke im zweiten Gutachten von Schuld freisprechen – das wird jetzt auch schon in Frage gestellt, natürlich von Thomas Schüller. Und da nützt es auch nichts dass der Deutschlandfunk von einem Freispruch erster Klasse berichtet. Auch der Bild-Zeitung wurde vom Kölner Landgericht untersagt, wahrheitswidrige Behauptungen über den Kardinal in die Welt zu setzen. Das nützt alles nichts. Wie jetzt berichtet wird, ist ja schon eine neue Klage gegen den Kardinal unterwegs. Der eigentliche Grund ist: Der Kardinal sagt nicht, was die Leute hören wollen. Deshalb zeigen sie ihm die rote Karte, wie in einer Pfarrei geschehen.
Das taten auch die Jünger Jesu, die ihren Meister nach Joh, 6,66 verlassen haben. Sie zeigten ihm die rote Karte, hätte es sie damals schon gegeben. Wenn seine Erzdiözese visitiert wird, visitieren die beauftragten Bischöfe hoffentlich auch die bockigen Schafe, die Mietlinge unter den Hirten des Kardinals und nicht nur ihren Oberhirten. Die Medienvertreter sollten einmal darüber nachdenken, wie sie es mit der Wahrheit halten. Man hätte zum Beispiel melden können, dass nicht alle in der Gemeinde dem Kardinal die rote Karte gezeigt haben, sondern dass die Gemeinde gespalten ist.
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