In das Himmelreich gelangen

30. Juni 2021 in Jugend


Leben wir fröhlich, unbeschwert und dankbar, um die Hand einerseits nachdem auszustrecken, was Gott uns am Weg schenken möchte - Die Jugendkolumne von Magdalena Preineder


Wien (kath.net)

Heute habe ich es am Herzen mit Dir meinen inneren Kampf der letzten Tage und Wochen zu teilen. Letztes Jahr habe ich mich entschieden, meinen Studienabschluss mit einem Kind zu krönen - obwohl ich auch noch viele andere Pläne und Ziele für mein Leben habe. Ich dachte, ich könnte an der einen Hand mein Kind führen und an der anderen Hand alles andere, das ich ersehne.

In meiner Vorstellung war das recht einfach umzusetzen und meine Motivation war groß. Jetzt muss ich feststellen, dass sich alles ganz anders entwickelt als ich es mir in meinen Tagträumen ausgemalt habe.

Nichts habe ich mehr ersehnt als meinen Sohn und doch erwische ich mich immer wieder dabei, wie ich in die Falle der Unzufriedenheit und des Neids tappe. Ja, ich habe das Kind, das ich wollte. Zeitgleich haben einige meiner Freunde ihr Doktorat angetreten oder haben in der Arbeitswelt Fuß gefasst. Auch das wollte ich. Doch zurzeit fühle ich mich als würde ich auf einem Weg umherirren, ohne Ziel, planlos. In der einen Hand halte ich zwar meinen Sohn, aber die andere Hand ist leer.

Als ich mich eines Tages mit einer Freundin, die ganz ähnlich gestrickt ist wie ich, über dieses Thema unterhielt, wies sie mich darauf hin, dass auch wenn wir beide oft denken, wir müssten mit Mitte 20 unser Leben schon komplett im Griff haben und unser Lebensweg müsse in Stein gemeißelt sein, Jesus selbst erst mit 30 Jahren aktiv wurde. 30 Jahre lebte er im Verborgenen, erst mit 30 trat er seine öffentliche Mission an, die im Übrigen auch nur drei Jahre dauerte.

Und vielleicht musst auch Du das genau jetzt hören: Du hast Zeit.

Ich hab mir zur Aufgabe gemacht, mir das fröhliche, unbeschwerte, dankbare Wesen meines Sohnes zum Vorbild zu nehmen. So möchte ich auch leben – und ich verstehe immer mehr, weshalb Jesus sagte, wir müssen werden wie die Kinder, um in das Himmelreich zu gelangen.

Wenn ich momentan eine Hand frei habe, dann möchte ich genau daran arbeiten: In das Himmelreich zu gelangen. Aber nicht alleine, sondern mit Mann und Sohn an der einen Hand, und mit so vielen Mitmenschen wie möglich an der vermeintlichen leeren Hand.

Ich hab nie viel von dem Sprichwort gehalten, dass der Weg das Ziel ist. Und das glaub ich auch noch immer nicht, da das Sein bei Gott, der Himmel, unser Ziel ist, aber mittlerweile denke ich mir folgendes: Ich habe so viele Jahre einen Ort zum Ankommen herbeigesehnt, ich hatte genaue Vorstellungen und Pläne. Doch Gott erlaubt mir auch am Weg anzukommen und die Qualität meiner Zeit wird dadurch bestimmt, wie sehr ich sie nutze, um dem Himmel näherzukommen. Ob das nun 30 oder nur drei Jahre sind, ist letzten Endes irrelevant, es geht nicht um die Quantität der Zeit, sondern um ihre Qualität.

Es ist in Ordnung, zu ruhen. Es ist in Ordnung, mal planlos am Weg umherzuirren. Es ist in Ordnung, die Hände nicht mit dem gefüllt zu haben, was man erwartet hat. Umso besser, wenn man eine leere Hand hat, denn diese kann empfangen. In diesem Sinne: Nehmen wir uns doch die Kinder zum Vorbild. Leben wir fröhlich, unbeschwert und dankbar, um die Hand einerseits nachdem auszustrecken, was Gott uns am Weg schenken möchte und andererseits nach all den Menschen, denen wir am Weg begegnen und die wir noch näher zu Gott begleiten dürfen. 


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