Herzogenburger Propst: "Menschenrecht" auf Abtreibung ein Skandal

18. Juli 2021 in Prolife


Ordensmann Stockinger: Aufweichung der Gewissensfreiheit von Ärzten bei Tötung Ungeborener wird sich auch auf Sterbehilfe auswirken - Publizist und Paneuropajugend-Chef Jauernik sieht Kirche in "gewaltigem Balanceakt"


St. Pölten / Wien (kath.net/KAP) Als "unglaublichen Skandal", der in Gegensatz zum von den Medien breitgetretenen heimischen "politischen Klamauk" still und heimlich vor sich gegangen sei, hat der Herzogenburger Propst Petrus Stockinger (39) die mehrheitliche Annahme des sogenannten "Matic-Berichts" durch das Europaparlament bezeichnet. "Wehe uns allen, wenn erste Mitgliedsstaaten dieser EU-Empfehlung folgen - und das ist ja das Ziel des Beschlusses, sonst wäre er ja sinnlos", warnte der Augustiner-Chorherr in einer Kolumne für die Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN, 14. Juli).

Der umstrittene Bericht sieht unter anderem ein "Recht auf Abtreibung" sowie die Abschaffung des Gewissensvorbehaltes bei Ärzten und medizinischem Personal vor. Oder, in der Formulierung Stockingers: "Die Tötung eines ungeborenen Menschen soll zum einforderbaren Recht werden - und die Nicht-Durchführung einer Abtreibung durch einen Arzt wird in logischer Folge für diesen zum Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung."

Durchaus sei die Grundthematik auch in Zusammenhang mit der in Österreich derzeit diskutierten Legalisierung der Sterbehilfe verknüpft, befand der Propst. Beides könnte empfindliche Folgen für bestimmte Berufsgruppen haben: "Wenn es bei der Tötung eines Menschen am Beginn des Lebens keine Gewissensfreiheit des Arztes mehr geben soll, ist es nur ein kleiner Schritt dazu, dass diese auch am Ende des Lebens keine Rolle spielen wird", so der Ordensmann. Er könne sich nicht vorstellen, "dass Ärztinnen und Ärzte, die eigentlich zum Heilen ausgebildet wurden, das auf sich nehmen wollen".

Erschüttert werde durch die Brüsseler Entscheidung, an der auch österreichische Mandatare beteiligt waren, auch das Verhältnis des Einzelnen zum Staat. Dessen Grundauftrag, das Leben seiner Bewohnerinnen und Bewohner zu schützen, erscheine heute ebenso in Gefahr wie die ursprüngliche Aufgabe der Menschenrechte, die Menschen eines Staates vor dessen Willkür zu bewahren und ein "Recht auf Leben" zu garantieren, schrieb Stockinger, und stellte in den Raum: "Welches Vertrauen darf man in einen Staat, gar in eine EU noch setzen, wenn diese Ideale aufgeweicht werden?"

Koalition des Widerstands

Auf die vom kroatischen Abgeordneten Predag Matic eingebrachte Resolution, vor der bereits im Vorfeld von Kirchenseite heftig gewarnt worden war - auch durch die österreichische Bischofskonferenz - nahm auch die Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (Ausgabe 15. Juli) noch einmal Bezug. Philipp Jauernik, Chefredakteur des "Coleur"-Magazins des Mittel-Schüler-Kartellverbands (MKV), Bundesvorsitzender der Paneuropajugend Österreich und ehemaliger Berater im EU-Parlament für Südosteuropa, vermerkte es trotz des Abstimmungsergebnisses als "erfreuliche" Tatsache, dass sich gegen den Bericht immerhin eine "große Koalition des Widerstands" gefunden habe.

Die Kirche habe im Streit um die relevanten Werte für Politik und Gesellschaft einen "gewaltigen Balanceakt" zu vollführen, analysierte Jauernik. Sie müsse zugleich unparteiisch agieren und für alle Menschen da sein, andererseits aber auch die Grundwerte einmahnen. Um politisch mitzugestalten, dürften Christen nicht nur alle paar Jahre die Stimme erheben, sondern müssten sich aktiv mit "positivem Engagement" am öffentlichen Leben beteiligen und sich mit Themen, Inhalten und Hintergründen auseinandersetzen. "Das ist anstrengend, aber es lohnt sich" - und sei auch ein Auftrag gemäß dem Gebot der Nächstenliebe, so der Historiker und Publizist.

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