Das Mysterium der Verklärung. Christus – die eine Wohnstatt

6. August 2021 in Aktuelles


Benedikt XVI. – Licht des Glaubens: was für die Augen des Leibes die Sonne ist, die wir sehen, ist Christus für die Augen des Herzens. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Mitten im Sommer und einen Tag nach „Maria Schnee“, dem Weihetag der Basilika Santa Maria Maggiore, feiert die Kirche das Fest der Verklärung Christi., das in der Ostkirche sicher seit dem 6. Jahrhundert gefeiert wird. In der abendländischen Kirche wurde es 1457 von Papst Kallistus III. allgemein vorgeschrieben zum Dank für den Sieg über die Osmanen bei Belgrad.

„Die Verklärung ist keine Veränderung Jesu, sondern die Offenbarung seiner Göttlichkeit, »die innerste Durchdringung seines Seins mit Gott, die reines Licht wird. In seinem Einssein mit dem Vater ist Jesus selbst Licht vom Licht« (Jesus von Nazareth, Freiburg-Basel-Wien 2007, S. 357)“.

„Es gibt zwei wesentliche Elemente: zunächst stieg Jesus mit den Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes auf einen hohen Berg und wurde dort »vor ihren Augen verwandelt« (Mk 9,2), sein Antlitz und seine Kleider wurden strahlend weiß, während neben ihm Mose und Elija erschienen; als zweites verhüllte eine Wolke den Berggipfel und aus ihr erklang eine Stimme, die rief: »Das ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören« (Mk 9,7). Es ist also die Rede vom Licht und von der Stimme: das göttliche Licht, das auf dem Antlitz Jesu erstrahlt, und die Stimme des himmlischen Vaters, der für ihn Zeugnis ablegt und gebietet, auf ihn zu hören.“

Benedikt XVI. zum Angelus am 4. März 2012:

Liebe Brüder und Schwestern!

Der heutige Sonntag, der zweite in der Fastenzeit, wird als Sonntag der Verklärung Christi bezeichnet. Nachdem uns nämlich die Liturgie eingeladen hat, Jesus in die Wüste zu folgen, um den Versuchungen entgegenzutreten und sie mit ihm zu besiegen, schlägt sie uns nun auf dem Weg durch die Fastenzeit vor, zusammen mit ihm auf den »Berg« des Gebets zu steigen, um in seinem menschlichen Antlitz das glorreiche Licht Gottes zu betrachten.

Die Episode der Verklärung Christi wird einvernehmlich von den Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas bezeugt. Es gibt zwei wesentliche Elemente: zunächst stieg Jesus mit den Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes auf einen hohen Berg und wurde dort »vor ihren Augen verwandelt« (Mk 9,2), sein Antlitz und seine Kleider wurden strahlend weiß, während neben ihm Mose und Elija erschienen; als zweites verhüllte eine Wolke den Berggipfel und aus ihr erklang eine Stimme, die rief: »Das ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören« (Mk 9,7). Es ist also die Rede vom Licht und von der Stimme: das göttliche Licht, das auf dem Antlitz Jesu erstrahlt, und die Stimme des himmlischen Vaters, der für ihn Zeugnis ablegt und gebietet, auf ihn zu hören.

Das Mysterium der Verklärung darf nicht aus dem Gesamtzusammenhang des Wegs herausgenommen werden, den Jesus beschreitet. Entschlossen geht er nunmehr der Erfüllung seiner Sendung entgegen, wohl wissend, daß er durch das Leid und den Kreuzestod hindurch muß, um zur Auferstehung zu gelangen. Davon hat er offen zu den Jüngern gesprochen, die ihn jedoch nicht verstanden haben, im Gegenteil, sie haben diese Perspektive abgelehnt, da sie nicht das im Sinn hatten, was Gott will, sondern das, was die Menschen wollen (vgl. Mt 16,23). Daher nimmt Jesus drei von ihnen mit auf den Berg und offenbart seine göttliche Herrlichkeit, Glanz der Wahrheit und Liebe. Jesus möchte, daß dieses Licht ihre Herzen erhellen möge, wenn sie durch die tiefe Finsternis seines Leidens und Sterbens gehen, wenn das Ärgernis des Kreuzes für sie unerträglich wird.

Gott ist Licht, und Jesus will seinen engsten Freunden die Erfahrung dieses Lichts schenken, das in ihm wohnt. So wird er nach diesem Ereignis in ihnen inneres Licht sein, das sie vor den Angriffen der Finsternis zu bewahren vermag. Auch in der finstersten Nacht ist Jesus das Licht, das nie erlischt. Der hl. Augustinus faßt dieses Geheimnis mit einem wunderschönen Wort zusammen: »Was für die Augen des Leibes die Sonne ist, die wir sehen, ist [Christus] für die Augen des Herzens« (Sermo 78,2: PL 38,490).

Liebe Brüder und Schwestern, wir alle bedürfen des inneren Lichts, um die Prüfungen des Lebens zu meistern. Dieses Licht kommt von Gott, und von Christus wird es uns geschenkt, von ihm, in dem die Fülle der Gottheit wohnt (vgl. Kol 2,9). Wir wollen gemeinsam mit Jesus auf den Berg des Gebets steigen und uns in der Betrachtung seines Antlitzes voll Liebe und Wahrheit innerlich von seinem Licht erfüllen lassen. Bitten wir die Jungfrau Maria, unseren Leitstern auf dem Weg des Glaubens, daß sie uns helfe, diese Erfahrung in der Fastenzeit zu erleben, indem wir jeden Tag ein paar Augenblicke für das stille Gebet und das Hören auf Gottes Wort finden.

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Angelus am 20 März 2011:

 [...] Nachdem Jesus seinen Jüngern sein Leiden angekündigt hatte, »nahm er Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht« (Mt 17,1–2). Für die Sinne ist das Sonnenlicht die stärkste Wahrnehmung, die man in der Natur kennt, doch dem Geist entsprechend erblickten die Jünger für eine kurze Zeit einen noch stärkeren Glanz, den Glanz der göttlichen Herrlichkeit Jesu, der die ganze Heilsgeschichte erleuchtet. Der hl. Maximus Confessor sagt: »Die weiß gewordenen Kleider trugen das Symbol der Worte der Heiligen Schrift, die klar und durchsichtig und hell wurden« (Ambiguum 10: PG 91,1128 B).

Das Evangelium sagt, daß neben dem verklärten Jesus »Mose und Elija erschienen und mit Jesus redeten« (Mt 17,3); Mose und Elija, Bild des Gesetzes und der Propheten. So kam es, daß Petrus verzückt ausrief: »Herr, es ist gut, daß wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija« (Mt 17,4). Doch der hl. Augustinus sagt in seinem Kommentar, daß wir nur eine Wohnstatt haben: Christus. Er »ist das Wort Gottes, Wort Gottes im Gesetz, Wort Gottes in den Propheten« (Sermo De Verbis Ev. 78,3: PL 38,491). Tatsächlich erklärt der Vater selbst: »Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören« (Mt 17,5).

Die Verklärung ist keine Veränderung Jesu, sondern die Offenbarung seiner Göttlichkeit, »die innerste Durchdringung seines Seins mit Gott, die reines Licht wird. In seinem Einssein mit dem Vater ist Jesus selbst Licht vom Licht« (Jesus von Nazareth, Freiburg-Basel-Wien 2007, S. 357). Durch die Betrachtung der Göttlichkeit des Herrn werden Petrus, Jakobus und Johannes darauf vorbereitet, sich dem Ärgernis des Kreuzes zu stellen, wie in einem alten Hymnus besungen wird: »Auf dem Berg hast du dich verklärt, und soweit sie dazu fähig waren, haben deine Jünger deine Herrlichkeit betrachtet, damit sie, wenn sie dich am Kreuz sehen, begreifen, daß dein Leiden freiwillig war, und sie der Welt verkündigen, daß du wahrhaft der Glanz des Vaters bist« (Κοντάκιον εἰς τὴν Μεταμόρφωσιν, in: Μηναῖα, t. 6, Rom 1901, 341).

Liebe Freunde, nehmen auch wir an dieser Vision und an diesem übernatürlichen Geschenk Anteil, indem wir dem Gebet und dem Hören des Wortes Gottes Raum geben. Darüber hinaus rufe ich euch besonders in der Fastenzeit auf, wie der Diener Gottes Paul VI. schreibt, »dem göttlichen Gebot der Buße mit manch freiwilligem Tun zu entsprechen, jenseits der Entsagungen, welche die Last des alltäglichen Lebens auferlegt« (Apostolische Konstitution Pænitemini, 17. Februar 1966, III, c: AAS 58 [1966], 182). Beten wir zur Jungfrau Maria, daß sie uns helfe, stets Jesus, den Herrn, zu hören und ihm zu folgen, bis hin zur Passion und zum Kreuz, um auch seiner Herrlichkeit teilhaftig zu werden.

 


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